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Das Blut der Azteken

Das Blut der Azteken

Titel: Das Blut der Azteken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gary Jennings
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Fehler.
    Sie stöhnte auf, zuckte, und ein wilder Schauder durchfuhr sie. Der Himmel allein weiß, ob ihrem Gesicht etwas anzumerken war. Während ich darauf wartete, dass man mich unter ihrem Kleid herauszerren und mir ganz langsam die Kehle aufschlitzen würde, ließen ihre Zuckungen nach. Als ich voller Angst unter ihrem Kleid hervorschlüpfte, sprach der Alcalde sie an.
    »Meine Liebe, dein Gesicht ist ja ganz heiß und vor Aufregung gerötet. Ich hätte nie gedacht, dass dich meine Darbietung derart begeistern würde!« Der Alcalde schien erstaunt und überaus erfreut zu sein, dass es ihm gelungen war, seine Frau so zu erregen.
    Ich hob das Tischtuch ein wenig an, um die Frau anzusehen. Die durch unser Treiben entstandenen Schweißrinnsale hatten Furchen in die Puderschicht auf ihrem Gesicht gegraben.
    Ich hielt ihr den Brief hin und lächelte ihr zu, um ihr zu zeigen, dass ich ihr gern eine Freude gemacht hatte. Sie grinste mich frech an, verzog das Gesicht, hob das Knie und trat mir ins Gesicht, sodass ich durch die breite Öffnung zwischen den Planken stürzte. Auf dem Weg nach unten prallte ich gegen etliche Streben, stieß mich an jedem einzelnen Träger und machte Bekanntschaft mit einigen Pfeilern, bevor ich mit einem lautstarken Knall auf dem Boden landete.
    Langsam rappelte ich mich auf und kroch unter der Tribüne hervor. Mir tat jeder Knochen im Leibe weh, doch am meisten schmerzte meine Seele. Als ich davonhinkte, ließ ich das Erlebnis Revue passieren. Ich hatte zwei wichtige Dinge über Frauen gelernt. Erstens besaßen sie eine geheime Stelle, durch deren Berührung man sie befriedigen konnte. Und zweitens durfte man nicht mehr als einen Tritt ins Gesicht erwarten, nachdem sie ihren Spaß gehabt hatten.
    Ich hatte erst eine kurze Strecke zurückgelegt, als die Menschenmenge einer Kutsche Platz machte. Ich beschloss, die Gelegenheit zu einem Geschäft zu nutzen. Doch als ich mich der Kutsche näherte, entstieg eine alte, in Schwarz gekleidete Frau der Kutsche, blieb stehen und betrachtete mich, während ihre Diener neben ihr warteten. Ihre Raubvogelaugen starrten mich an, und eine eisige Hand legte sich um mein Herz.
    Erschrocken fuhr die Frau zurück, doch schon im nächsten Moment wurde ihr Erstaunen von Angst abgelöst. Ich hatte dieses Verhalten schon einmal bei einem Mann gesehen, der von einem Leguan gebissen worden war - erst das entsetzte Zusammenzucken, dann Abscheu und zu guter Letzt Zorn, als er den Leguan totschlug.
    Ich hatte keine Ahnung, warum diese spanische Adlige mich so widerwärtig fand. Aber der Instinkt eines Straßenjungen verlieh meinen Füßen Flügel. Ich rannte in die jubelnde Menge hinein, als der Erzbischof gerade den ersten Fuß an Land setzte und auf die Knie fiel, um den Boden zu küssen.
    Ich blickte mich erst um, als ich die Menschenmenge hinter mir gelassen und eine Gasse erreicht hatte, die so schmal war, dass eine Kutsche mir nicht folgen konnte. Doch selbst in dieser Gasse fühlte ich mich schutzlos und ausgeliefert, als ob die Sonne selbst im Auftrag dieser Frau nach mir Ausschau hielte.

5
    Auf dem Rückweg zum Armenhaus schlich ich durch Seitengassen voran und war überzeugt, dass mir der Todesengel hinter jeder Ecke auflauerte. Im Armenhaus traf ich niemanden an. Bruder Antonio und seine Schützlinge, die hier nachts auf dem Stroh schliefen, waren aufgebrochen, um mit den Massen dem Erzbischof zuzujubeln. Anschließend würden sich die Festlichkeiten zum Palast des Alcalde verlagern. Die bessere Gesellschaft würde sich drinnen verlustieren, während die Bürger auf der Plaza bis weit in den nächsten Morgen hinein feierten. Das größte Fest meines Lebens zu versäumen war eine große Enttäuschung für mich, doch die Angst war stärker als die Lust zu feiern.
    Das Armenhaus bestand eigentlich nur aus einem großen, rechteckigen Raum, in dem eine Ecke für Bruder Antonio mit einer Decke abgetrennt war. Dahinter befand sich seine Unterkunft - ein hölzernes Bettgestell mit Strohauflage, ein kleiner Tisch mit einer Kerze zum Lesen und eine Truhe mit seiner persönlichen Habe. Ein paar Regale bildeten seine bescheidene Bibliothek. Er besaß nicht viele Bücher, nur einige religiöse Werke und ein paar griechische und römische Klassiker.
    Am liebsten saß ich in Bruder Antonios kleiner Ecke und las. Heute jedoch diente sie mir als Versteck. Ich kauerte mich mit dem Rücken zur Wand aufs Bett und schlang die Arme um die Knie. Auf den Straßen von Veracruz hatte

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