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Das Blut der Azteken

Das Blut der Azteken

Titel: Das Blut der Azteken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gary Jennings
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Götter und das ›tödliche Geschick‹ gewesen.«
    »Wer hat das trojanische Pferd gebaut?«
    »Epeius. Er war Zimmermeister und Faustkämpfer.«
    »Wer war in der Aeneis die Königin von Karthago?«
    »Dido. Sie brachte sich um, nachdem Jupiter dem Aeneas befohlen hatte, sie zu verlassen.«
    » Ubi tete occultabas !«
    Er hatte ins Lateinische gewechselt und wollte wissen, wo ich mich versteckt hatte. Zuerst erschreckte mich die Frage, da ich mich ja tatsächlich versteckte, doch dann wurde mir klar, dass er das nicht wörtlich gemeint hatte. Betrunken, wie er war, spielte er darauf an, dass ich zwar die Kleider eines lépero trug, aber die Bildung eines Priesters besaß.
    »Veracruz«, erwiderte ich. Und dann fügte ich mit für mich ungewohnter Ehrlichkeit hinzu: »Es wäre nicht gut, wenn die Sporenträger wüssten, dass ein Mestize verschiedene Sprachen spricht und die Klassiker gelesen hat.«
    Er betrachtete mich mit wachsendem Interesse, das jedoch bald erlahmte, da er zu betrunken war. Anstatt mich weiter zu befragen, hob er wieder den Weinschlauch an die Lippen.
    Wer war dieser Mann? Vermutlich war er in Spanien geboren, was ihn zu einem Sporenträger machte - obwohl ich ihn nicht für einen hielt. In erster Linie war er ein Hochstapler und Schauspieler. Und darüber hinaus im Augenblick sehr beschwipst.
    »Ich habe Hochachtung davor, dass Ihr Euch geweigert habt, vor dieser Horde von Kaufleuten und Bauern zu katzbuckeln. Diese Leute verstehen einfach nicht, wie bedeutsam Calderóns Stück ist«, sagte ich. »Calderón ist ein wirklicher Künstler. Aber das andere Stück«, fügte ich hinzu, »was für ein Mensch schreibt nur solchen Unsinn?«
    »Ich habe es geschrieben.«
    Ich erstarrte und war sicher, dass nun mein letztes Stündlein geschlagen hatte.
    »Aber… aber…«
    »Und ich habe Hochachtung davor, dass du es grässlich findest.«
    »Es hatte Ähnlichkeiten mit Peribáñez und der Kommandant von Ocaña von Lope de Vega, doch Vegas Stück ist…«
    »Besser, ich weiß. Ich habe den Inhalt von Vegas Stück grob übernommen und ihn ein wenig abgeändert. Warum, fragst du? Weil das Publikum schlichte Stücke über die Ehre verlangt und weil Vega so viele davon geschrieben hat, dass es einfacher ist, sie ein bisschen umzuschreiben als ein neues zu verfassen.« Er rülpste lautstark. »Siehst du, mein kleiner Straßenjunge, das ist es, was die Zuschauer wollen: Narrheiten, die ihre Herzen beflügeln und ihren Verstand nicht berühren. Und ich gebe ihnen, was sie wollen. Anderenfalls würden Schauspieler kein Geld verdienen, und das Theater würde aussterben. Wenn man keinen reichen Herzog als Gönner hat, muss man dem Volk nach dem Mund schreiben oder verhungern.« »Wenn Ihr an die Kunst glauben würdet, wäre es Euch lieber zu verhungern!«, rief ich aus.
    »Du bist ein Schwachkopf, ein Lügner oder beides.«
    Das stimmte zweifellos. Außerdem klangen seine Worte ebenso traurig wie aufrichtig. Mir wurde klar, dass er trank, um den Schmerz zu betäuben, den er empfand, weil er die Kunst verriet.
    »Eins wundert mich trotzdem«, sagte ich. »Ihr wusstet, wie die Zuschauer auf das Stück über die Träume reagieren würden. Habt Ihr sie absichtlich gereizt?«
    Er lachte auf. »Du hast viel von Guzmán gelernt. Wie heißt du, mein Junge?«
    »Man nennt mich Cristo el Bastardo. Mein Freund, der Bruder, ein ehemaliger Bruder, nennt mich Bastardo Chico.«
    »Dann werde ich dich Bastardo nennen. Das ist ein ehrenwerter Name, zumindest unter Dieben und Huren. Ich trinke auf dich, Bastardo, und auf deinen Freund Guzmán. Und auf Odysseus. Mögest du wie Odysseus nicht an den Felsen der Sirenen zerschellen.«
    Er leerte den Weinschlauch und warf ihn beiseite.
    »Ich wusste, dass die Zuschauer das Stück über die Träume verabscheuen würden. Ich habe es benutzt, um sie aufzupeitschen. Und mit all dieser aufgestauten Wut im Leib waren sie bereit, das Doppelte zu bezahlen, um zu sehen, wie der Pirat seine gerechte Strafe erhält.«
    »Was ist aus Prinz Segismondo geworden?«, fragte ich.
    »Setz dich, Kleiner, setz dich, ich werde es dir erklären.« Er stierte mich aus glasigen Augen an. »Hast du einen Namen?«
    »Äh, er ist immer noch Cristo el Bastardo.«
    »Ach, ein guter Name. Der Bastard von Christus, so kann ich es mir merken.« Er sah mich eindringlich an. »Und jetzt zum Prinzen von Polen. Er hat einen Mann getötet, wurde betäubt, und dann sagte man ihm, alles, was er bis dahin erlebt habe, sei nur

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