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Das Blut der Azteken

Das Blut der Azteken

Titel: Das Blut der Azteken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gary Jennings
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verließ ich die Bühne und tat so, als schlendere ich die Marktbuden entlang. Mateo und der andere Spanier folgten mir langsam. Ich duckte mich hinter Wollballen, kroch weiter, bis ich das Ende der Reihe erreicht hatte, und ging dann hinter der nächsten in Deckung. Als ich den Kopf hob, stellte ich fest, dass Mateo sich suchend umsah. Den anderen Mann konnte ich nicht entdecken.
    Im Schutz der Bude eilte ich weiter, in der Hoffnung, mich in das dichte Gebüsch am Rande des Marktes flüchten zu können. Als ich mich aufrichtete, um loszurennen, packte mich eine Hand grob am Genick und wirbelte mich herum.
    Der Spanier zog mich unsanft an sich. Er stank nach Schweiß und Knoblauch. Seine Augen traten ein wenig hervor wie die eines Fisches. Er hielt mir das Messer an die Kehle, bis ich auf Zehenspitzen stand und ihn aus großen Augen anstarrte. Dann ließ er mich los und lächelte mich an, allerdings ohne das Messer von meiner Kehle zu nehmen. Mit der freien Hand hielt er einen Peso hoch.
    »Soll ich dir die Kehle durchschneiden oder dir einen Peso geben?«
    Da ich unfähig war, den Mund zu öffnen, wies ich mit den Augen auf den Peso.
    Er nahm das Messer weg und reichte mir die Münze.
    Ich sah den Peso an - ein richtiggehendes Vermögen. Nur selten bekam ich einen silbernen Real in die Hand, und ein Peso war das Achtfache wert. So viel konnte ein Indio in einer ganzen Woche nicht verdienen - und Männer wurden häufig für weniger umgebracht.
    »Ich bin Sancho de Erauso«, sagte der Spanier. »Dein neuer Freund.«
    Ich war sicher, dass dieser Sancho niemandes Freund war. Er war nicht besonders groß, aber ziemlich breit gebaut; sein Blick war kalt, und seine Miene verriet, dass er keine Gnade kannte. Der Pícaro Mateo war zwar ebenfalls nicht zimperlich, besaß aber die Manieren und die Ausstrahlung eines Gauners, der schon bessere Zeiten gesehen hatte. Sancho hingegen wirkte ganz und gar unmenschlich. Er war von Grund auf schlecht, ein Mann, der eine Mahlzeit und ein Glas Wein mit jemandem teilte und ihn anschließend zum Nachtisch umbrachte.
    Mateo stieß zu uns, und er schien mich wirklich vergessen zu haben. Konnte es sein, dass er sich wirklich nicht mehr an den Jungen erinnerte, für den er einen Mann getötet hatte? Welchen Grund konnte er haben, sich mir nicht zu erkennen zu geben? Vielleicht bedauerte er ja seine Tat und befürchtete, ich könnte ihn als den wirklichen Mörder bloßstellen. Außerdem war es durchaus möglich, dass für ihn, wie für so viele Spanier, alle Indios und Mestizen einander glichen wie die Bäume in einem Wald.
    »Was wollt Ihr von mir?«. Respektvoll wie ein Indio an seinen gestrengen Herrn wandte ich mich an Sancho.
    Sancho legte mir den Arm um die Schulter, und wir gingen, mit Mateo auf der anderen Seite, weiter. Meine Nase befand sich dicht an Sanchos Achselhöhle, die schlimmer stank als eine Sickergrube. Badete dieser Mann denn nie? Wusch er nie seine Kleider?
    »Mein Freund, du hast ausgesprochenes Glück gehabt, denn du musst mir einen kleinen Gefallen tun. Du bist ein armer, unglücklicher Indio, dessen einzige Zukunft darin besteht, wie ein Sklave für die Sporenträger zu schuften und jung zu sterben. Wenn du mir diesen unbedeutenden Dienst erweist, wirst du jedoch so viel Geld verdienen, dass du nie wieder arbeiten musst.«
    Dieser Mann war böse, ein Teufel in Menschengestalt. Seine Stimme war weich wie chinesische Seide, sein Gesicht so liebreizend wie das einer grinsenden Klapperschlange. Und seine Aufrichtigkeit war so ehrlich wie die Lust einer Hure.
    »Wir haben eine einfache Aufgabe für dich, die nur für einen schlanken Jungen, der seinen Körper verdrehen kann wie einen Korkenzieher, zu bewältigen ist. Um dorthin zu kommen, wo du deinen Auftrag erfüllen sollst, müssen wir ein paar Tage lang reisen. In einer knappen Woche wirst du der reichste Indio Neuspaniens sein. Was hältst du davon, Amigo?«
    Es klang, als sollte ich über offener Flamme geröstet werden, während wilde Hunde nach mir schnappten. Dennoch lächelte ich den Kerl an. Um ihn glauben zu machen, dass ich ihn für einen Ehrenmann hielt, fügte ich seinem Namen den Titel ›Don‹ hinzu. »Don Sancho, ich bin nur ein armer Indio. Da Ihr von großem Reichtum sprecht, danke ich den Heiligen, dass ich Euch dienen darf.«
    »Der hier gefällt mir nicht«, sagte Mateo. »Etwas an ihm kommt mir merkwürdig vor. Seine Augen; er sieht so gerissen aus.«
    Sancho hielt inne, musterte mich und suchte

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