Das Blut der Berge (Die Steinzeit-Trilogie) (German Edition)
vertrauen. So gern glauben, dass er immer bei ihr bleiben würde, auch wenn sie ihm keinen Nachfolger schenken konnte. Sie betrachtete ihn. Seinen schlanken starken Körper. Die honigfarbenen Haare. Aus himmelblauen Augen blickte er sie fragend an. Und sie spürte das Kribbeln wieder. Erinnerte sich an ihre erste Begegnung. An ihren Tag am See, wo sie sich das erste Mal geküsst hatten. Sie liebte ihn. Aber wie lange würde er sie lieben. "Du fürchtest, dass du dich Tag und Nacht um das Kind kümmern musst und keine Zeit mehr für deine Heilkunst hast." stellte er nüchtern fest. Sie antwortete nicht. Gedankenverloren zupfte sie Grashalme aus. "Aber das ist doch Unsinn." beruhigte er. "Das Kind wird schnell groß und dann hast du wieder genug Zeit für andere Dinge." Sie hob den Kopf und sah ihn an. "Nein, das macht mir keine Sorgen. Nein." flüsterte sie und verdrängte die Gedanken, die sie Lügen straften. "Ich habe gewusst, dass ich Kinder bekomme, wenn ich deine Frau werde." "Aber was ist es dann? Warum weichst du mir aus?" wollte er wissen. Sie schluckte. "Verlässt du mich, wenn es ein Mädchen wird?" "Nein." Er sah sie entsetzt an. "Nein. Wer sagt denn so was?" Aber Pinaa war nicht überzeugt. Sie las eine andere Antwort aus seinen Augen. Und eigentlich wollte sie nicht weiter darüber reden. "Nicht so wichtig." winkte sie ab. "Lass uns mit der Göttin sprechen. Und ich kann auch ein paar helfende Kräuter zu mir nehmen." Tisgar nahm ihre Hand. "Denk nicht so viel darüber nach." sagte er. "Dann wird es schon ein Junge."
"Sie waren alle zerschnitten." sagte Haroo leise. "Absichtlich zerstört. Nicht durch Fische oder scharfe Steine." Tamboo sah ihn bedrückt an. "Was glaubst du?" fragte er flüsternd. Haroo hob die Schultern. "Ich weiß nicht. Wer sollte es sonst gewesen sein? Niemand hat Grund dazu." Tamboo nickte. "Aber die Fische waren auch weg." fuhr Haroo fort. "Und ich kann mir nicht vorstellen, dass Telgar so etwas duldet. Darum habe ich es niemandem gesagt." "Das war gut." bestätigte Tamboo ihn. "Ich glaube nicht, dass Telgar davon weiß. Vielleicht war es einer seiner Männer." "Dann hat er sie aber nicht unter Kontrolle." meinte Haroo und runzelte die Stirn. "Das ist gefährlich." "Ja." nickte Tamboo. "Aber ich habe vielleicht das gleiche Problem. Der Schwimmbaum weißt du." Er seufzte. "Wie können wir das nur beenden?" Haroo drückte seine Hand. "Dir wird schon etwas einfallen." sagte er beruhigend. "Ich werde versuchen, alle Fallen zu flicken, ohne dass es jemand merkt." Tamboo setzte sich ins Gras, starrte hinaus auf den See und grübelte über die Ereignisse nach, bis ihn der Kopf schmerzte.
Er streifte durch die Büsche am Ufer des großen Sees und trat gelangweilt nach herumliegenden Steinchen. Er war immer noch frustriert und voller Rachegelüste, aber ohne Eingebung, was er tun konnte. Ein Vogel saß vor ihm auf einem Baum und trällerte vor sich hin. Fast instinktiv griff er nach seiner Schleuder. Er wusste eigentlich nicht, warum er sie überhaupt hatte. Irgendwie war er von der Technik der großen Wurf- und Speer-Schleudern fasziniert gewesen, die früher als Jagdwaffen verwendet worden waren. Seit er sie das erste Mal gesehen hatte und wie sehr sie Reichweite und Schlagkraft einer Waffe oder eines Wurfgeschosses erhöhten, wollte er mehr darüber wissen. Schließlich hatte er sie für sich nachgebaut, viel kleiner, aber trotzdem ähnlich effektiv. Er schoss damit oft auf kleine weit entfernte Ziele und trainierte seine Zielsicherheit. Zur effektiven Verteidigung oder für die Jagd war sie nicht unbedingt zu gebrauchen, höchstens für kleine Tiere, aber er fühlte sich besser, wenn er sie bei sich hatte.
Er nahm einen Stein auf, legte ihn in die Schleuder und zielte auf den zwitschernden Vogel. Ein Platschen lenkte ihn ab und er sah auf den See hinaus. Und dann sah er ihn. Seinen Feind. Und nun wusste er, warum er die Schleuder bei sich hatte.
Lantan hörte ein Geräusch. Er drehte den Kopf in die Richtung, aus der es kam und das war das Letzte, was in seiner Erinnerung blieb. Ein Stechen, Schwärze, Rauschen und dann ... fallen. Er fiel. Er sah nichts. Er hörte nichts. Er spürte nichts. Er wusste nur, dass er fiel. Sehr langsam. Sehr weich. Wie eine Feder im Wind. Immer weiter und weiter. Immer dunkler. Es gab keinen Aufprall. Keinen Halt. Ein unendlicher Abgrund.
Pinaa und Ishara saßen in einer zwischen zwei hohen Büschen selbst gebauten Deckung am Ufer des großen Sees.
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