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Das Blut der Lilie

Titel: Das Blut der Lilie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer Donnelly
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Stunde zu Ende. Er muss total fertig sein,
nachdem er die ganze Nacht Taxi gefahren ist. Wahrscheinlich möchte er einfach
bloß pennen, aber trotzdem hat er mich angerufen, damit ich nicht ausflippe, wenn
ich feststelle, dass mein iPod weg ist. Und es kommt mir mit einem Mal in den
Sinn, dass das wirklich nett von ihm war.
    Â»Du klingst müde. Ich lass dich jetzt in Ruhe. Danke, dass du
mir wegen meinem iPod Bescheid gegeben hast.«
    Â»Kein Problem. Schon gut.«
    Â»Okay, also dann, tschüs …«, sage ich.
    Â»Andi, warte. Ich habe eine Idee. Für Little Prince. Ich weiß, dass du
nicht darüber reden willst, aber es ist wichtig. Du brauchst einen anderen
Akkord. Nach der zweiten Strophe und vor dem Refrain. Du brauchst einen
Gegenpol zu F -Dur. Irgendwas, um es aufzuhellen.
Sonst klingt es wie ein Trauergesang.«
    Â»Ã„hm, ja, das liegt daran, dass es ein Trauergesang ist«,
sage ich bereits wieder gereizt.
    Â»Na schön, aber mach ihn rockiger. Ein rockiger Trauergesang
ist wesentlich interessanter.« Und bevor ich etwas einwenden kann, bevor ich
ihn zum Schweigen bringen kann, singt er die Melodie und wechselt zu C nach der
zweiten Strophe. Und er hat recht, verdammt. Ich höre zu. Ohne an Truman zu
denken. Oder die Traurigkeit. Ich denke nur an die Musik. Und spüre sie. Und
verliere mich darin.
    Wir reden weiter. Lange. Nicht so sehr mit Worten. Sondern
mit Klängen und Rhythmen. Mit Noten und Beats und den Pausen dazwischen. Bis
seine Stimme ruhig und leise wird. So leise, dass es fast nur noch ein Murmeln
ist. Im Hintergrund läuft keine Barney-Musik mehr.
    Ich sehe auf meine Uhr. Es ist fast zehn. »Wo bist du?«,
frage ich ihn.
    Â»Im Bett.«
    Â»Ich halte dich vom Schlafen ab. Tut mir wirklich leid. Ich
…«
    Â»Nein. Sing weiter«, sagt er.
    Â»Was?«
    Â»Deine Stimme. Deine Songs. Die sind wirklich schön. Besser
als die von Barney. Ich schlafe ein dabei.«
    Â»Wow. Das muss unbedingt aufs Cover meiner ersten CD . ›Besser als Barney! Zum Einschlafen!‹«, scherze ich.
Weil ich nervös bin.
    Virgil lacht leise. »Na komm, sing«, sagt er.
    Ich will nicht. Es kommt mir komisch vor. Aber ich tue es
trotzdem. Ich singe Iron
Band für ihn. Das habe ich für meine Mutter geschrieben, es ihr
aber nie vorgesungen. Noch niemandem eigentlich. Nicht einmal Nathan. Ich habe
es nur an Plaster
Castle angehängt vor ein paar Wochen.

    If I had coal and fire
    And metal fine and true
    I’d make an iron band
    An iron band für you
    I’d pick up all the pieces
    From where they fell that day
    Fit them back together
    And take the pain away
    But I don’t have the iron
    And I don’t have the steel
    To wrap around your broken heart
    And teach it how to heal
    Somewhere in the fire
    Somewhere in the pain
    I’d find the magic that I need
    To make you whole again
    I’d make the iron band so strong
    I’d make it gleam so bright
    I’d fix the things I’ve broken
    I’d turn my wrongs to right
    But I don’t have the iron
    And I don’t have the steel
    To wrap around your broken heart
    Wish I could make it heal
    Wish I could make it heal
    deutsche Übersetzung am Ende des Buchs
    Mein Song ist zu Ende. Meine Augen sind geschlossen. Ich bin
gewappnet. Gegen meine Gefühle. Gegen seine Gedanken. Vielleicht gefällt ihm
der Song nicht mehr. Vielleicht hat ihm meine Stimme nicht gefallen. Ich warte,
dass er etwas sagt, irgendetwas, und finde es schrecklich, dass dies von
Bedeutung für mich ist. Aus irgendeinem Grund finde ich es ganz schrecklich,
dass es mir plötzlich wichtig erscheint, was er denkt.
    Aber er sagt nichts.
    Â»Virgil?«, sage ich. »Hey, Virgil?«
    Ich drücke das Telefon fester ans Ohr, weil ich meine, die
Verbindung sei schlechter geworden, und dann höre ich es – das Geräusch seines
Atems. Er ist eingeschlafen.
    Ich bin nicht sicher, was ich davon halten soll. Soll ich
peinlich berührt sein? Sauer? Ich meine, ich habe ihm gerade einen Song
vorgesungen, den ich selbst geschrieben habe, einen Song, der wirklich wichtig
für mich ist, und er ist einfach eingeschlafen.
    Ich will schon auflegen, aber das Geräusch seines Atems,
gleichmäßig und friedlich, hält mich ab. Ich schließe die Augen und höre zu,
obwohl ich mir nicht sicher bin, ob ich das sollte. Und mir fällt auf, dass ich
nicht sauer bin. Schlimmer noch, ich stelle

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