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Das Blut der Unschuldigen: Thriller

Das Blut der Unschuldigen: Thriller

Titel: Das Blut der Unschuldigen: Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julia Navarro , K. Schatzhauser
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wir gemeinsam hier leben können, dass eure Leute mit den Überfällen auf die Kibbuzim aufhören müssen. Wir brauchen einander nicht zu bekämpfen. Noch ist es Zeit, einen Krieg zu vermeiden.«
    »Bist du sicher, dass die Vereinten Nationen euch gestatten werden, einen Staat zu gründen?«, fragte Hatem.
    »Höchstwahrscheinlich. Die Vereinigten Staaten, Großbritannien und Frankreich unterstützen den Antrag. Hat es da einen Sinn, dass ihr euch dagegenstellt? Das würde zum Krieg führen, und wir würden alles verlieren, ihr aber auch. Ihr müsstet uns alle umbringen, dürftet keinen einzigen Juden am Leben lassen, denn jeder würde kämpfen. Diesmal lassen wir uns nicht einfach abschlachten. Dazu wird es nie wieder kommen.«
    So ging es eine ganze Weile hin und her, ohne dass sie zu einer Einigung gelangt wären. Von Zeit zu Zeit brachte ein Diener Wasser, Tee, Kaffee und Obst.
    David streckte sich in seinem Sessel. Die endlos sich immer wieder im Kreis drehende Diskussion ermüdete ihn.
    Als sich die Palästinenser nach einigen Stunden verabschiedeten, waren Saul und David mit Abdul allein.
    »Schade, ich habe verloren«, gestand Abdul und hob ohnmächtig die Hände.
    »Also …«
    »Also stehen wir auf verschiedenen Seiten, werden uns
bekämpfen und töten, ohne dass dein oder mein Tod etwas bewirken könnte.«
    »Wirst du kämpfen?«
    »Ich muss da sein, wo meine Leute sind, auch wenn sie den falschen Standpunkt vertreten. Du würdest es ebenso machen.«
    »Ja, Abdul. Ich werde beten, dass wir einander in keiner Schlacht begegnen.«
    »Das werde auch ich tun, denn ich würde es mir nie verzeihen, wenn ich dich töten müsste, mein Bruder.«
    Beide sprachen mit bewegter Stimme. David begriff, dass ihre Zuneigung ebenso tief wie ungeheuchelt war, und er fragte sich, worauf sie zurückzuführen sein mochte. Er hatte angenommen, dass Saul seine Freundschaft mit Hamsa nicht verstehen könne, und entdeckte jetzt überrascht, dass zwischen Abdul und diesem Mann, den er für so hart gehalten hatte, ein offenbar unzerreißbares Band existierte.
    »Bleibt über Nacht.«
    »Das geht nicht. Ich muss noch einige Besuche machen«, sagte Saul.
    »Wir werden nicht mehr oft Gelegenheit haben, einander zu sehen«, klagte Abdul.
    »Wir werden uns darum bemühen. Glaubst du, jemand könnte unsere Freundschaft zerstören? Selbst wenn wir uns gegenseitig umbringen müssten, würden wir Freunde bleiben. Ich trage dich auf immer in meinem Herzen. Schließlich verdanke ich dir das Leben«, erinnerte ihn Saul und lachte.
    »Du warst schon immer leichtsinnig!«, gab Abdul zurück und erwiderte das Lachen.
    »Als wir klein waren, bin ich in einen tiefen Bewässerungsgraben gefallen«, erläuterte Saul, der Davids fragenden Blick gesehen hatte. »Ich konnte nicht schwimmen, und er auch
nicht, trotzdem ist er ins Wasser gesprungen und hat mich herausgeholt. Ich weiß nicht, wie er das geschafft hat, denn ich habe mich ganz fest an seinen Hals geklammert, aber Abdul hat wie ein Hund gepaddelt, damit wir beide nicht untergingen. Dann hat er einen steinernen Vorsprung zu fassen bekommen, der ins Wasser ragte, und hat mich rausgezogen. Ich glaube, ich habe seither kein Wasser mehr getrunken.«
    »Ich auch nicht, mein Freund, ich auch nicht …«
    Die beiden unterhielten sich noch eine Weile über andere Vorfälle aus ihrer Kindheit und lachten gelegentlich, doch David merkte, dass in ihrem Lachen Trauer mitschwang.
    Kurz vor Sonnenuntergang verabschiedeten sie sich von Abdul und dessen Frau. Die tiefe Gemütsbewegung der beiden Männer und die Trauer der Frau waren förmlich mit Händen zu greifen.
    Während sie ins Auto stiegen, rief Abdul: »Vergiss nicht, Saul, das hier ist immer dein Haus! Hier bist du in Sicherheit, ganz gleich was passiert!«
    Noch einmal kehrte Saul zum Haus zurück, um den Jugendfreund zu umarmen. Es erstaunte David zu sehen, dass diese beiden Männer so gerührt waren, die demnächst gegeneinander würden kämpfen müssen.
     
    Mit den Worten »Hier habe ich früher gewohnt« wies Saul auf das Haus, vor dem sie angehalten hatten. Es war dem Abduls sehr ähnlich.
    »Jetzt wohnt hier keiner meiner Angehörigen mehr … Meine Eltern sind gestorben, und seit ich mit den Gruppen unserer Glaubensgenossen zusammenarbeite, die ins Land kommen, lebe ich im Kibbuz oder ziehe im ganzen Land umher, um zu helfen, wo man mich braucht.«
    Durch das Tor, das deutlich niedriger war als das vor Abduls Haus und aus dem kein

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