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Das Blut der Unschuldigen: Thriller

Das Blut der Unschuldigen: Thriller

Titel: Das Blut der Unschuldigen: Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julia Navarro , K. Schatzhauser
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aus ihrer Überzeugung heraus, dass sich die Welt nach Gottes Willen wandelt, Tag um Tag, Jahr um Jahr, Jahrhundert um Jahrhundert. Das Wichtigste ist der Glaube an Gott, nicht aber die Frage, ob der Prophet Elias tatsächlich auf einem Feuerwagen zum Himmel aufgefahren ist.«
    Dieser Beitrag von Salimas Mann Carlos verblüffte Mohammed. Der Mann war ein Ungläubiger.
    »Soll das heißen, dass wir die Lehren des heiligen Korans nicht befolgen sollen?«, fragte er.
    »Es soll heißen, dass wir uns vom Geist des heiligen Korans leiten lassen sollen. Im 16. Vers der 49. Sure können wir lesen: ›Wollt ihr Gott über eure Religion belehren? … Er weiß, was im Himmel und auf der Erde ist.‹«
    Alle Anwesenden hörten dem Mann aufmerksam zu. Niemand widersprach ihm. Allen war bewusst, dass es an jenem Abend einen neuen Teilnehmer gab: Mohammed.
    Jalil konnte sie nicht sehen, schien aber genau zu wissen, wo jeder saß, und so sagte er zu Mohammed gewandt: »Gott ist barmherzig. Im 32. Vers der 53. Sure heißt es: ›Dein Herr ist großzügig im Vergeben. Er weiß sehr wohl über euch Bescheid.‹«
    »Ich fühle mich jedes Mal getröstet, wenn ich die Worte des heiligen Korans höre«, sagte ein junger Mann begeistert. »Obwohl ich weiß, dass Gott alles sieht und alles weiß, vertraue ich
auf seine Barmherzigkeit und erhoffe mir daher seine Vergebung für alle Sünden, die ich begehe.«
    »Ja, aber es genügt nicht, auf Gottes Barmherzigkeit zu hoffen, wenn man tut, was man nicht tun soll«, gab Jalil zu bedenken. »Er erwartet mehr von uns.«
    Der junge Mann senkte beschämt den Kopf, weil er sich von seiner Begeisterung hatte mitreißen lassen, doch war er überzeugt, dass sich Gottes Erbarmen auf alles bezog, was er in seinem Leben tat.
    Mohammed beschloss, das Wort zu ergreifen. Die anwesenden Alten kannten den heiligen Koran besser als er, aber da er in der Medresse in Pakistan viele Stunden auf das Studium des heiligen Textes verwendet hatte, kam er zu dem Ergebnis, dass Jalil und sein Freund die von ihnen zitierten Textstellen auf eine seiner Ansicht nach unzulässige Weise deuteten, und so beschloss er, jetzt seine Korankenntnisse ins Spiel zu bringen. Er räusperte sich und begann mit halb geschlossenen Augen: »›Wir haben den Ungläubigen, die nicht an Gott und seinen Propheten glauben, ein glühendes Kohlebecken bereitet. Das Reich der Himmel und der Erde gehört Gott; er vergibt und straft, wie er beliebt. Er ist voll Nachsicht und Barmherzigkeit. ‹«
    »Du hast es selbst gesagt: Er ist nachsichtig und barmherzig«, gab Jalil zurück. »Heißt es nicht auch: ›Gott fügt niemandem Schaden zu … und belohnt voll Großmut‹? So ist Er nach den Worten des heiligen Korans. Er kann uns und die Ungläubigen, ja, alle Wesen auf der Welt, nach seinem Gutdünken strafen, doch ruft uns der Koran immer wieder die Barmherzigkeit des Allmächtigen mit uns armen Sündern in Erinnerung. Es freut mich, dass du den Koran so gut kennst, Mohammed. Jetzt kommt es darauf an, dass du ihn richtig auslegst und die
Nachsicht und Barmherzigkeit zu spüren vermagst, die Gott uns Menschen erweist.«
    »Soll das heißen, dass Sie den heiligen Koran auf Gottes Nachsicht und Barmherzigkeit reduzieren wollen?«, fragte Mohammed herausfordernd.
    Jalil schwieg nur kurz, dann antwortete er, den Blick ins Leere gerichtet: »Unseresgleichen mit Nachsicht und Barmherzigkeit zu behandeln, bedeutet für uns arme Sterbliche eine ungeheure Aufgabe. Wie oft erzürnen wir uns über Menschen, die wir lieben, und verletzen sie mit Worten! Das tun wir, weil wir unfähig sind, ihren Fehlern gegenüber nachsichtig oder gar barmherzig zu sein. Blick in dein Herz und frag dich, wie oft du anderen Menschen Barmherzigkeit erwiesen hast. Bestimmt wird dir die Antwort nicht gefallen. Mir geht es ebenso, wenn ich mir diese Frage stelle.«
    »Jeder, der übel tut, behandelt seine eigene Seele ungerecht; aber wenn er danach Gottes Vergebung erfleht, wird er ihn nachsichtig und barmherzig finden«, sagte ein anderer Alter mit lauter Stimme.
    Die Dunkelheit hatte sich über die Stadt gesenkt, als Jalil die Versammlung beendete. Erstaunt sah Mohammed, dass es fast zehn Uhr war. Die Mutter und Fatima würden sich Sorgen machen. Er hatte ihnen gesagt, dass er Laila vom Büro abholen werde, das war jetzt fast fünf Stunden her.
    Laila verabschiedete sich freundlich von den anderen; er merkte, dass alle sie gut leiden konnten.
    Schweigend kehrten sie zum

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