Das Blut der Unschuldigen: Thriller
leiden.«
»Ich halte sie für intelligent und entschlussfreudig. Ihr einziges Problem ist ihr jugendliches Ungestüm, das gelegentlich mit ihr durchgeht.«
»Genau das kann in unserer Branche Katastrophen auslösen. Jedenfalls habe ich die Personalabteilung aufgefordert, für sie eine andere Verwendung zu finden. Ich werde noch eine Anstandsfrist wahren und dann ihre Versetzung bestätigen.«
»Und warum nicht gleich?«
»Weil ich keinen Ärger mit ihrem Onkel haben will. Der
macht mit Sicherheit die halbe Europäische Kommission verrückt, wenn er den Eindruck gewinnt, dass man seiner geliebten Nichte Unrecht tut. Ich vermute, dass wir die Sache in einer oder zwei Wochen über die Bühne bringen können.«
Panetta lachte. Er durchschaute Wein, auch wenn sich dieser die größte Mühe gab, seine wahren Motive zu verbergen.
»Das Beste dürfte es sein, die Sicherheitsüberprüfung sofort anzuordnen.«
»Ich sage Laura Bescheid. Die kann dann das Nötige veranlassen.«
»Nein. Nicht einmal sie darf etwas davon wissen.«
»Ich bitte dich, Lorenzo! Ich vertraue ihr ebenso sehr wie dir!«
»Bis du die Ergebnisse der Überprüfung auf dem Tisch hast, solltest du niemandem trauen, nicht einmal mir. Auch ich vertraue Laura, aber von der Sicherheitsüberprüfung darf niemand etwas wissen, und deshalb solltest du auch ihr nichts sagen.«
»Von mir aus.«
Gerade, als Panetta sein Büro aufsuchen wollte, stürmte Lucas auf ihn zu und fragte ihn erregt: »Ist der Chef da?«
»Natürlich.«
»Wir haben ein Gespräch zwischen dem Jugoslawen und Karakoz’ Stellvertreter Dušan abgehört. Wir haben nicht nur die Nummer vom Mobiltelefon des Jugoslawen, sondern wissen auch, wo er war. Natürlich arbeiten die Burschen mit Wegwerf-SIM-Karten, die man in Frankreich in jedem Telefonladen kaufen kann, ohne sich ausweisen zu müssen. Wir dürfen also nicht damit rechnen, dass wir das nächste Gespräch ebenfalls abhören können.«
»Das muss Wein erfahren!«, sagte Panetta. »Das ist die erste gute Nachricht seit der Geschichte mit Frankfurt.«
In wenigen Worten teilte Lucas dem Leiter des Zentrums und dessen Stellvertreter den Inhalt des Gesprächs mit. Ein der Stimme nach älterer Mann habe den Jugoslawen angerufen. Das Gespräch sei kurz gewesen. »Sie war da. Ich habe die Fotos. Einen Teil der Ladung brauche ich am Bestimmungsort. Ich schicke Ihnen die Liste und die Fotos. Es hat Änderungen gegeben. In zwei Wochen muss alles bereit sein.«
Der Jugoslawe habe Bedenken wegen der kurzen Frist geltend gemacht und erklärt, zwar werde er sich nach einen Kräften bemühen, könne aber nichts garantieren. Der Anrufer habe sich in einer Funkzelle des Großraums Paris aufgehalten, den Festnetzanschluss seines Gesprächspartners habe man eindeutig festgestellt.
Im anschließenden Gespräch mit Dušan habe sich der Jugoslawe dann nicht nur darüber beklagt, dass die Zeit für die Erledigung des Auftrags zu knapp sei, sondern auch über den »Ärger mit dem verdammten Stuhl«.
»Was er damit wohl meint?«, fragte Hans Wein.
»Keine Ahnung«, gab Lucas zurück. »Auf jeden Fall hat Karakoz durch Vermittlung seines Mannes in Paris einen neuen Auftrag. Nur wissen wir weder, von wem der kommt, noch, worum es dabei geht. Das Labor bestätigt, dass die Stimme des Unbekannten auf einen älteren Franzosen von einem gewissen Bildungsgrad schließen lässt. Der Mann dürfte also kaum der Unterwelt angehören.«
Hans Weins Assistentin Laura White klopfte leise an und sagte, nachdem sie eingetreten war: »Der Kommissar für Inneres. Darf ich ihn durchstellen?«
»Ja bitte.«
Sie sah die drei Männer neugierig an, weil sie die Anspannung auf deren Zügen erkannte, stellte aber keine Fragen. Neugier
und mangelnde Zurückhaltung waren Hans Wein auf den Tod verhasst.
Lucas und Panetta ließen ihn allein.
»Bei der Sache kann es um alles Mögliche gehen«, sagte Lucas.
Panetta gebot ihm mit einer Handbewegung Schweigen.
Als sie Weins Büro erneut betraten, erläuterte er dem Amerikaner den Grund seines Verhaltens. »Kann sein, dass es sich nur um das Bauchgefühl eines alten Polizisten handelt, aber seit der Sache mit Frankfurt hält sich Karakoz deutlich mehr zurück als früher. Man könnte glauben, er weiß, dass wir ihn im Visier haben.«
»Na ja«, gab Lucas zurück, »dass er misstrauisch ist, halte ich für normal. Schließlich weiß der Mann, dass ihn ein ganzer Haufen Geheimdienste gern hopsnehmen würde, oder etwa
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