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Das Blut der Unschuldigen: Thriller

Das Blut der Unschuldigen: Thriller

Titel: Das Blut der Unschuldigen: Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julia Navarro , K. Schatzhauser
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auf ihn geachtet zu haben schien. Danach war er in einen Aufzug gestiegen und hatte den Knopf zum dritten Stock gedrückt. Da dort ein Paar auf den Aufzug wartete, wagte er nicht auszusteigen und fuhr bis unten mit. An der Bar bestellte er einen Calvados. Er trank zwar nicht gern allein in der Öffentlichkeit, wollte aber auf keinen Fall im dritten Stock gesehen werden.
    Sicher wartete Ylena bereits auf ihn, doch darauf konnte er keine Rücksicht nehmen. Nachdem er das Glas geleert hatte, verließ er das Hotel. Als der Portier seinen Fahrer rufen wollte, winkte er ab und schlenderte ziellos umher. Erst nach einer knappen Stunde kehrte er zurück.
    Diesmal war er allein im Aufzug. Er drückte den Knopf für das Stockwerk seiner Suite und dann unterwegs den für den dritten Stock. Das Glück war auf seiner Seite – der Gang war leer. Sie öffnete sofort. »Ich habe schon auf Sie gewartet«, sagte sie. In ihrer Stimme lagen Ungeduld und Vorwurf.
    »Es ging nicht früher«, gab er knapp zurück, während er sie musterte.
    Die Haare, die ihr bis auf die Schultern gefallen waren, reichten nur noch bis auf die Höhe der Ohren und waren dunkelblond gefärbt. Es sah grauenhaft aus. Man konnte deutlich erkennen, dass sie selbst die Schere in die Hand genommen hatte. Aber es kam ausschließlich auf das Ergebnis an. Immerhin wirkte sie trotz ihrer riesigen blauen Augen, in denen
kaum verhüllter Zorn lag, weit weniger auffällig. Er fand sie mit einem Mal eine Spur ordinär.
    »Hier sind die Bilder. Gibt es irgendwelche Schwierigkeiten, weil statt eines Bruders meine Kusine mitkommt?«
    »Nein.«
    »Wann bekomme ich die Pässe und das Geld?«
    »In spätestens drei oder vier Tagen.«
    »Und was tue ich bis dahin?«
    »Sie kehren nach Hause zurück. Wir melden uns bei Ihnen, wenn alles fertig ist.«
    »Fällt es nicht auf, wenn ich so viel reise?«
    »Diese Gefahr müssen wir auf uns nehmen. Im Übrigen wäre sie mindestens ebenso groß, wenn Sie einfach hierblieben. So lauten die Anweisungen, und denen müssen Sie widerspruchslos folgen. Bei diesem Unternehmen ist von entscheidender Bedeutung, dass niemand auf eigene Faust handelt.«
    »Was wollen Sie damit sagen?«
    »Dass alles genauestens ausgearbeitet worden ist und wir nur im äußersten Notfall etwas daran ändern dürfen. Man wird sich mit Ihnen in Verbindung setzen und Ihre Reise nach Istanbul organisieren. Bis dahin sollten Sie und die anderen sich den Plan so genau wie möglich einprägen.«
    »Und was ist mit dem Sprengstoff?«
    »Das habe ich Ihnen doch schon gesagt – Sie bekommen ihn an Ort und Stelle.«
    Er gab ihr einen großen Umschlag und erklärte: »Hier haben Sie einen Stadtplan von Istanbul, einen Reiseführer mit den wichtigsten touristischen Zielen sowie ein Merkblatt mit den Öffnungszeiten des Topkapi-Museums, der Hagia Sofia und der Moscheen … Außerdem Hinweise für die Benutzung
der städtischen Autobusse. Sie sollten sich gründlich mit diesen Unterlagen beschäftigen. Im Reiseführer finden Sie außerdem eine detaillierte Geschichte des Topkapi und Angaben über die dort ausgestellten Objekte, selbstverständlich auch über den Raum, in dem die Reliquien des Propheten aufbewahrt werden. Zwei Fotos zeigen Ihnen, wo sie sich in den jeweiligen Vitrinen befinden. Nur zur Sicherheit: Sind Sie nach wie vor bereit zu sterben?«
    Überrascht sah sie ihn an, als hätte sie ihm diese Frage schon tausend Mal beantwortet. »Auf jeden Fall. Ich meine Ihnen das auch schon gesagt zu haben, ebenso wie dem Mann, der mich mit Ihnen in Verbindung gebracht hat.«
    Sie setzte sich und forderte ihn auf, ihr gegenüber Platz zu nehmen. Dann legte sie ihm ausführlich dar, warum es ihr nichts ausmachen würde, bei dem Anschlag zu sterben. »Ich war im Haus einer Tante am Rand des Dorfes, als ich sah, dass ein Trupp Moslems in unser Dorf kam. Ich bin sofort losgerannt, um den Leuten Bescheid zu sagen. Aber man hat mich abgefangen, bevor ich jemanden warnen konnte. Einer von ihren Lastwagen hat neben mir angehalten, und einige Männer sind abgesprungen. Der Anführer hat mich mit seinen Blicken praktisch ausgezogen, und ich habe vor Angst gezittert. Er hat mich an den Straßenrand gezerrt, zu Boden geworfen, sich die Hose aufgeknöpft und sich auf mich gelegt. Anfangs habe ich mich nicht gerührt. Ich war starr vor Entsetzen. Mit einem Mal habe ich einen stechenden Schmerz zwischen den Beinen gespürt und um mich geschlagen, geschrien, ihm das Gesicht zerkratzt.

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