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Das Blut der Unschuldigen: Thriller

Das Blut der Unschuldigen: Thriller

Titel: Das Blut der Unschuldigen: Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julia Navarro , K. Schatzhauser
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abreisender und neu ankommender Gäste.
    Seit nahezu einer Stunde hatte der Beamte, vor einer Tasse Kaffee sitzend, so getan, als läse er in einer Zeitung – genau wie einer der Männer des Jugoslawen. Der andere stand vor dem Hotel nahe dem Eingang an einer Stelle, von wo aus er sehen konnte, wer hineinging und herauskam.
    Nachdem der zeitunglesende Mann des Jugoslawen eine Weile zu Ylena hingesehen hatte, wandte er sich wieder seiner Lektüre zu. Daraufhin nahm der Polizeibeamte die Frau näher in Augenschein. Er fand sie zwar durchaus attraktiv, doch gab es seiner Ansicht nach außer den blauen Augen, die in ihrem ovalen Gesicht förmlich leuchteten, nichts Besonderes an ihr. Sie schien nicht so recht in die Umgebung zu passen, denn sie trug weder Schmuck, noch war sie besonders elegant gekleidet: ein Tuch, das wohl nicht sehr teuer gewesen war, zu einer schwarzen Hose und schwarzen Seidenbluse. Auch ihre schwarze Handtasche schrie keinen der Markennamen heraus, die für Normalverdiener völlig unbezahlbar waren.
    Den flüchtigen Gedanken, sie habe die Nacht dort mit jemandem verbracht, verwarf er gleich wieder, als er sah, dass sie ihre Rechnung bar beglich. Das war ungewöhnlich. Wer zahlte heutzutage in einem Hotel wie dem Crillon bar? Vielleicht irrte er sich, und es handelte sich um eine einfache Touristin, doch flüsterte er vorsichtshalber in das an seinem Jackettaufschlag als Anstecknadel getarnte Mikrofon: »Kann sein, dass es nichts ist, aber gleich kommt eine Frau von etwa eins achtzig raus, dunkelblond, blaue Augen, ganz in Schwarz. Der Verdächtige hat sie gemustert. Ich weiß nicht recht. Sie sieht mir nicht aus wie eine der üblichen Hotelgäste.«
    »Hübsch?«, fragte spöttisch einer der draußen postierten Kollegen. »Vielleicht hat der Mann einfach einen guten Geschmack, und sie gefällt ihm.«
    »Möglich. Aber passt auf, was der andere macht.«
    Einen kleinen schwarzen Koffer in der Hand, verließ Ylena das Hotel. Den Pagen, der ihn tragen wollte, wehrte sie ab. Der Mann des Jugoslawen, der vor der Tür stand, rührte sich nicht. Er sah sie nicht einmal an. Sein Kollege in der Hotelhalle hatte ihn über das Mobiltelefon gewarnt: »Nicht hinsehen. Ich habe gerade gemerkt, dass die Konkurrenz hier ist.« Zwei Minuten später kam das Taxi, das der Portier gerufen hatte, und verschwand sogleich mit Ylena im Pariser Verkehrsgewühl.
    Gleich darauf hörte der Beamte in der Hotelhalle die Stimme seines Kollegen. »Falscher Alarm. Die Puppe sieht nicht übel aus, aber wie sie rausgekommen ist, hat der Kerl nicht mal zu ihr hingesehen.«
    »Warum habt ihr nicht vorsichtshalber jemanden hinter ihr hergeschickt?«
    »Wieso? Ich sag dir doch, er hat nicht mal zu ihr hingesehen. Wir haben uns gründlich umgeschaut. Der Jugoslawe
hat hier keine weiteren Leute postiert. Wir sollten unsere Zeit nicht weiter verplempern. Pass du lieber auf, dass dir der Bursche nicht entwischt, denn dann hätten wir wirklich ein Problem.«

23
    »Hier hat im 8. Jahrhundert Beatus von Liébana gelebt. Er muss ein überaus bemerkenswerter Mensch gewesen sein, hat er es doch als einfacher Mönch gewagt, sich mit dem damaligen Primas von Spanien, dem Erzbischof von Toledo, anzulegen, weil dieser die Lehre des Adoptionismus vertrat. Sie besagte, dass Gott Christus in seiner menschlichen Gestalt lediglich an Sohnes Statt angenommen habe, der aber in seiner göttlichen Natur der wahre Sohn Gottes sei. Wichtiger aber sind Beatus’ mit prächtigen Miniaturen bebilderte Kommentare zur Apokalypse des Johannes , die schon damals weite Verbreitung gefunden haben. Sicherlich kennen viele von Ihnen bereits einige dieser Bilder. Überdies hat er einen Hymnus über den Apostel Jakobus den Älteren verfasst, was man geradezu als prophetisch bezeichnen muss, denn kurz darauf hat man bei Compostela dessen Grab entdeckt und…«
    »Wieso heißt das Kloster dann Santo Toribio und nicht Beatus-Kloster?«, unterbrach eine Frau die Erklärungen der Reiseleiterin, die sie daraufhin gereizt ansah, weil sie ihr nicht zum ersten Mal das Wort abgeschnitten hatte.
    »Genau das wollte ich gerade erklären. Es wurde zur Zeit der Westgotenherrschaft errichtet und nach dem heiligen Martin von Tours benannt. Zwei Geschichten sind uns in diesem Zusammenhang überliefert: Die eine bezieht sich auf den Bischof Toribius von Palencia, der im 6. Jahrhundert in dieser Gegend die Heiden zu bekehren versuchte. Die andere auf den heiligen Toribius von Astorga, der

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