Das Blut der Unschuldigen: Thriller
wäre widersinnig, nicht festzustellen, wohin die Spur führt. Auf jeden Fall habe ich veranlasst, dass man mir nähere Angaben über diesen Grafen schickt.«
»Auch ich habe darum gebeten und nehme an, dass ich das Material bereits auf dem Rechner habe.«
»Dann haben also die Männer des Jugoslawen wegen des Grafen am Crillon Wache geschoben …«, sagte Lucas.
»Sieht ganz so aus. Auf jeden Fall weist alles darauf hin, dass die Gruppe einen neuen Anschlag plant. Wir wissen, dass die Leute ihren Sprengstoff bei Karakoz kaufen. Entweder haben sie ihren Lieferanten gewechselt, oder…«
»Ich kann mir nicht so recht erklären, was ein französischer Graf mit einem Waffenhändler zu tun haben könnte. Obendrein hat er den Jugoslawen unter dessen Privatnummer angerufen, und aus dem Gespräch geht hervor, dass die beiden ein ganz großes Unternehmen planen. Ich finde, wir sollten die Sache unbedingt weiter aufmerksam beobachten.«
»Gegenwärtig ist der Mann auf dem Weg nach New York. Ich bin ganz sicher, dass ihn die Franzosen auch dort Tag und Nacht nicht aus den Augen lassen. Außerdem werden sie und unsere Leute sich auf die Telefonleitung in der Burg aufschalten. Liegen inzwischen die Ergebnisse der Sicherheitsüberprüfung der Mitarbeiter vor?«
»Noch nicht. Das ist sehr aufwendig. Es kann also noch ein paar Tage dauern, bis wir eine aussagekräftige Mitteilung haben.«
»Könnte sich nicht Villasante den Mitschnitt des Gesprächs zwischen dem Grafen und dem Jugoslawen einmal anhören?«
»Es wäre in der Tat interessant zu wissen, was sie davon hält. Aber wir müssen stillhalten, bis Hans Wein mit den Leuten weiter oben gesprochen hat.«
»Gut. Ich jedenfalls mache einfach weiter. Ich gebe die Aufnahme in unser Labor, damit man dort die Stimme des Grafen mit der des ›Alten‹ vergleicht, der sich mit dem Jugoslawen
über einen Stuhl unterhalten hat. Womöglich ist das ja derselbe…«
»Ach natürlich! Darauf hätte ich selber kommen müssen!«
25
Befriedigt lächelnd nahm Salim al-Bashir den Beifall seiner Zuhörer entgegen. Es war leicht gewesen, sie auf seine Seite zu bringen. Er hatte ihnen einfach gesagt, was sie hören wollten: Selbstverständlich sei ein friedliches Zusammenleben von Moslems, Christen und Juden möglich; der Islam sei eine Religion des Friedens und man dürfe sich nicht von jenen irremachen lassen, die Bomben warfen oder Flugzeuge in ihre Gewalt brachten. Überdies könne man nicht hinnehmen, dass westliche Medien sie als »islamistische Terroristen« brandmarkten. »Wenn ein Christ jemanden umbringt, stempeln ihn dann die Journalisten etwa als ›christlichen Mörder‹ ab? Nein, sie bezeichnen ihn einfach als Mörder. Der Westen aber pflegt seine Vorurteile gegen den Islam. Auch wenn viele das nicht zugeben mögen, verhält es sich so. Man kränkt uns damit, dass man, wann immer ein Moslem eine Gewalttat begeht, seine Zugehörigkeit zum Islam hervorhebt. Ich bitte alle Journalisten, einmal darüber nachzudenken.«
Im Publikum saßen herausragende Vertreter des öffentlichen Lebens im Lande, Persönlichkeiten aus Politik und Medien und klatschten ihm, dem Hauptverantwortlichen der terroristischen
Unternehmen der Gruppe , Beifall, weil sie ihn für einen achtbaren Wissenschaftler hielten. Er suchte den Blick des für Spanien zuständigen Leiters der Gruppe und wechselte mit ihm einen Blick spöttischen Einverständnisses. Dieser Omar, der unter dem Deckmantel eines angesehenen Geschäftsmanns und Reiseveranstalters arbeitete, gehörte zu den geachtetsten Mitgliedern der moslemischen Gemeinde in Spanien.
Als al-Bashir das Vortragspult verließ, sah er sich von zahlreichen Zuhörern umringt, die ihm geradezu begeistert applaudierten. Er strebte einem Nebenraum entgegen, wo ihn zahlreiche Journalisten erwarteten. Sie würden ihm die gleichen Fragen stellen wie andere Journalisten auf der Welt auch. Alle wollten wissen, was er über die Gruppe dachte, wie er sich zu deren letztem Anschlag stelle und was er von deren Forderung halte, ein neues al-Andalus ins Leben zu rufen. Abschließend wollte man von ihm noch wissen, wie er die Lage im Nahen Osten einschätzte, was er von der Tragödie der Palästinenser hielt und wie seiner Ansicht nach die langfristigen Folgen des Krieges aussehen würden, den die Vereinigten Staaten gegen den Irak führten.
Erst eine Stunde später konnte er in Begleitung Omars und anderer Angehöriger der Gruppe , die alle als friedliebende
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