Das Blut der Unschuldigen: Thriller
Bischof Pelizzoli zufolge ist dieser Graf ein Fanatiker. Er hat angeboten, uns den Jesuiten herzuschicken, wenn uns das nützlich erscheint.«
»Wann kannst du mit dem Mann reden?«
»Soweit ich mitbekommen habe, lebt er in Spanien, in Bilbao, ist aber inzwischen auf dem Weg nach Rom. Ich denke, dass wir heute Abend mit ihm sprechen könnten.«
»Wenn er etwas Wichtiges zu sagen hat, lass ihn kommen.«
»Natürlich. Der Fall wird immer komplizierter!«
»Abwarten. Unter Umständen hat das alles nichts zu bedeuten. Den Berichten zufolge ist dieser al-Bashir britischer Staatsangehöriger und geradezu ein Ausbund bürgerlicher Tugenden.«
»Ich habe vor längerer Zeit ein paar Aufsätze von ihm gelesen. Weißt du, was mir dabei aufgefallen ist? Er hat darin nie einen islamistischen Anschlag verurteilt. Er beklagt die mangelnde Verständigung zwischen Moslems und Christen und drückt wortreich sein Bedauern darüber aus, dass der Westen dem Islam keinerlei Verständnis entgegenbringt, und fordert mit hochtönenden Worten auf, Brücken zu bauen, damit weiteres Unglück verhütet wird. Aber er findet kein einziges Wort des Bedauerns über die Anschläge der Gruppe , sondern begnügt sich mit Erklärungen dafür, warum das so kommen musste. Der Mann behagt mir überhaupt nicht. Ich weiß nicht, warum, aber ich habe da ein ungutes Gefühl.«
»Vielleicht solltest du das lieber nicht laut sagen, denn er gilt als Gemäßigter und scheint auf dem Gebiet der Beziehungen zwischen Europäern und Moslems so eine Art Schlüsselposition zu haben.«
»Ich habe meine Leute in Rom gebeten, ihn unauffällig im
Auge zu behalten, wenn er dort auftauchen sollte. Später werden wir auch in London darum bitten …«
»Lass lieber die Finger davon. Wir haben dafür keine Handhabe. Der Mann hat sich nichts zuschulden kommen lassen und ist auch nicht im Geringsten verdächtig. Dass der Graf mit dem Jugoslawen zu tun hat, ist eine Sache, eine gänzlich andere ist es, dass ein auf die Kreuzzüge spezialisierter Wissenschaftler einen Grafen anruft, der einer Katharerstiftung vorsteht.«
»Aber …«
»Wir können nicht jeden durchleuchten, der mit dem Grafen in Verbindung steht! Diese Möglichkeit hätten wir erst, wenn wir sicher wären, dass etwas dahintersteckt.«
»Genau das scheint mir aber der Fall zu sein.«
»Ich will das gar nicht bestreiten, aber ich möchte niemandem einen Vorwand liefern, uns Voreingenommenheit zu unterstellen. Zuerst muss ich mit den Briten reden. Die sollen selbst entscheiden, ob was getan werden soll, und gegebenenfalls, was.«
»Und warum wartest du damit?«, erkundigte sich Panetta mit mühsam unterdrücktem Ärger.
»Am Freitagnachmittag ist da jeder im Wochenende.«
»Großartig! Da geht es den Bösewichtern ja gut, wenn wir uns erst wieder um sie kümmern können, wenn das Wochenende vorbei ist.« Als Panetta mit diesen Worten hinausstürmte, wäre er beinahe mit Matthew Lucas zusammengestoßen, der weitere aufschlussreiche Neuigkeiten über den Grafen brachte.
»Ich habe hier Fotos von d’Amis und seiner Tochter. Natürlich getrennt. Sie hat ihren eigenen Kopf und ist nicht bereit, ihren Vater zu sehen. Außerdem habe ich Mitschriften der Telefonate, die er von Amerika aus geführt hat.«
Während Panetta kehrtmachte, um den Amerikaner in
Weins Büro zu begleiten, fragte er sich, warum sich der Leiter des Zentrums so sklavisch an die Vorschriften hielt. Auch er hielt es für selbstverständlich, bei der Verfolgung von Straftätern nicht gegen Gesetze zu verstoßen, doch hatte er gelegentlich Entscheidungen von der Art getroffen, gegen die sich Wein so verbissen sperrte. Der Mann schien für alles, was er tat, eine Genehmigung mit Schrift und Siegel zu brauchen. Bekam er die nicht, blieb alles liegen, wie es war. Das hatte schon so manches Mal zu empfindlichen Zeitverlusten geführt.
Lucas berichtete: »Der Graf hat es nicht geschafft, mit seiner Tochter Catherine zusammenzutreffen. Sie ist um die dreißig und hat noch nie selbst Geld verdient. Sie war seit frühester Kindheit stets auf ihre Mutter fixiert, eine in New York bestens bekannte Galeristin.«
»Letzteres ist uns bereits bekannt. Sagen Sie uns, was der Mann in New York getrieben hat«, fiel ihm Panetta ungeduldig ins Wort.
»Den größten Teil der Zeit hat er im Hotel verbracht und ist dort drei Mal mit seinem Anwalt zusammengetroffen, dem Seniorpartner einer der angesehensten und teuersten Kanzleien der Stadt. Doch auch der
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