Das Blut der Unschuldigen: Thriller
Ziegenhirte hat mir eine Botschaft von deiner Mutter gebracht.«
»Und Teresa?«
»Hör zu. Übermorgen Nacht werden einige Vollendete die Festung verlassen, um Dinge in Sicherheit zubringen, die ihnen am Herzen liegen. Deine Schwester wird sie begleiten. Deine Mutter verlangt, dass du sie empfängst und den Vollendeten Schutzgeleit gibst, du und nur du allein. Solltest du diesen Auftrag nicht übernehmen, würde deine Schwester in Montségur bleiben. Deine Mutter sagt, es gebe keine andere Möglichkeit, sie sicher von dort fortzuschaffen.«
»Sie hat mir ihr Wort gegeben«, begehrte Fernando auf.
»Und sie hält es auf ihre Weise.«
»Indem sie mich erpresst.«
»Damit erreicht sie, dass du die Vollendeten und das beschützt, was sie mit sich führen.«
»Ich weiß nicht, ob ich das tun kann.«
»Du wirst es tun, denn es gibt keine andere Möglichkeit.«
In jener Nacht bewies Julián eine größere Standhaftigkeit als Fernando.
»Aber ist dir nicht klar, dass ich nicht einfach auf mehrere Tage verschwinden kann? Meine Ordensbrüder würden mich fragen, wohin ich gehe … Ich darf sie nicht täuschen.«
»Nein, das dürft Ihr nicht.«
Verblüfft wandten sich die Brüder um.
Unter dem festen Blick Arthur Bonnards trat tiefe Röte auf das Gesicht der beiden.
»Nun, Fernando, werdet Ihr uns, Euren Ordensbrüdern, Euer Geheimnis anvertrauen?«
Aus dem Schatten tauchten die übrigen Tempelritter auf. Im Blick des heilkundigen Armand de la Tour erkannte Fernando Verständnis.
Von Julián gefolgt, kehrten die Templer in ihr Zelt zurück. Nachdem sich alle gesetzt hatten, erläuterte Fernando die Lage: Seine Mutter, erklärte er, sei eine Vollendete und seine vierzehnjährige Schwester möglicherweise ebenfalls, doch sei er sich dessen angesichts ihrer Jugend nicht sicher.
Er verhehlte ihnen weder das Zusammentreffen mit Doña María, noch dass er sie gebeten hatte, Teresa ziehen zu lassen, damit sie gerettet werden konnte.
»Sie hat mich wissen lassen, dass ich meine Schwester in Empfang nehmen soll, verlangt aber von mir, dass ich einigen Vollendeten sicheres Geleit gebe, die übermorgen bei Nacht Montségur mit den wertvollsten Gütern der Gemeinschaft verlassen wollen. Die genaue Stunde kennt Bruder Julián noch nicht.«
»Soll das heißen, dass Ihr mit den Irrgläubigen gemeinsame Sache macht?«, wandte sich Arthur Bonnard an den Dominikaner. Bei dieser Frage wurde Julián von Angst erfasst. Ihm waren die Taten des Templers im Heiligen Land bekannt, von dessen unerschütterlichem Glauben und großer Hingabe an die Sache man sich Wunderdinge erzählte. Einen Mann, vor dem er so große Achtung empfand, hätte er nicht einmal dann belügen können, wenn es darum ginge, das eigene Leben zu retten.
Schließlich brachte er heraus: »Ich bin von Anbeginn der Belagerung der Festung hier und warte zusammen mit dem
Seneschall darauf, dass den Irrgläubigen der Prozess gemacht wird.«
»Das ist Eure Aufgabe als Angehöriger des Dominikanerordens«, gab ihm Bonnard zur Antwort.
»Doña María wusste, dass ich hier war, und hat nach mir geschickt. Sie wollte etwas über das Ergehen ihrer Angehörigen erfahren, ihren Gemahl Don Juan und ihre Kinder, Fernando und Marta. Außerdem hat sie mir einen Auftrag erteilt.«
»Sie hat Euch einen Auftrag erteilt, Euch, einem Dominikaner?«
»Ihr kennt Doña María nicht. Sie ist … man kann ihr nichts abschlagen. Ich gehorche ihr, seit ich denken kann. Schließlich verdanke ich ihr von Kindheit an alles, was ich bin. Ich gehöre ihr sozusagen.«
»Aber was sagt Ihr da!«, rief der Tempelritter aufgebracht aus.
»Versteht mich nicht falsch. Ich empfinde vor Doña María große Achtung. Sie bestimmt über das Leben der Menschen um sie herum, und ich bin einer von ihnen.«
»Wisst Ihr denn nicht, dass Euch der Umgang mit Ketzern auf den Scheiterhaufen bringen kann?«, wollte Bonnard wissen.
»Selbstverständlich. Wenn Ihr mich ausliefert, darf ich mit keinem Erbarmen rechnen. Es wäre ein harter Schlag für die Kirche, wenn an den Tag käme, dass einer der Ihren, noch dazu ein Dominikaner, der für die Inquisition arbeitet, nicht nur Umgang mit Ketzern pflegt, sondern sich auch noch dazu hergibt, sie zu unterstützen. Bruder Ferrer würde den Scheiterhaufen für mich mit größter Freude eigenhändig anzünden.«
Der Ritter Armand de la Tour trat einen Schritt vor, sah Bonnard fest an und erklärte: »Wie die Dinge liegen, wird uns wohl nichts anderes übrig
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