Das Blut der Unschuldigen: Thriller
ihr zu weit zu gehen schien. »Du musst mir helfen«, hatte er gesagt, »ich versichere dir, dass dir dabei nichts geschehen wird.«
Der Plan sei ganz einfach. Sie brauche lediglich in der Heilig-Kreuz-Basilika einen Tasche voll Sprengstoff abzustellen.
Obwohl sie schon seit vielen Jahren nicht zur Kirche gegangen war, die Religion in ihrem Leben keinerlei Rolle spielte und sie sich sogar als Atheistin ansah, beschlich sie bei diesem Ansinnen doch ein sonderbares Gefühl. Außerdem hatte sie inzwischen Angst vor Salim, da sie angefangen hatte, an seiner Aufrichtigkeit zu zweifeln.
»Los, du Faultier, steh auf. Heute ist der große Tag. Es ist noch früh, erst acht Uhr, wir können also in aller Ruhe frühstücken, bevor wir aufbrechen.«
Sie drehte sich träge um und schlug langsam die Augen auf,
als würde sie erst jetzt wach. Sie sah zu ihm hin und versuchte zu lächeln. Er umarmte und küsste sie, und versicherte ihr, wie sehr er sie liebe. Diese Worte schienen ihr seltsam hohl zu klingen, doch wagte sie sich nicht aus seiner Umarmung zu lösen.
»Ich lass das Frühstück aufs Zimmer bringen.«
Sie fühlte sich erleichtert, als sie seine Arme nicht mehr spürte. Unter der Dusche überlegte sie, auf welche Weise sie sich der Erledigung seines Auftrags entziehen konnte. Wenn sie sich einfach weigerte, würde sie ihn nie wiedersehen, und das würde ihr das Herz brechen. Doch wenn sie täte, was er verlangte, wäre das ein Verrat an ihr selbst, der schlimmste, den sie begehen konnte.
Er war in gehobener Stimmung, liebkoste sie, küsste sie, drückte ihre Hand und sah ihr verschwörerisch in die Augen.
»Ich muss noch einmal fort, etwas erledigen. Es dauert nicht lange. Mach dich inzwischen hübsch. Ich will, dass du heute besonders gut aussiehst.«
Mit diesen Worten verließ er den Raum und schloss die Tür leise hinter sich. Ein zur Gruppe gehörender Bruder, der in einem Café nahe dem Hotel wartete, würde ihm eine mit Sprengstoff gefüllte Handtasche übergeben. Mit ihr sollte sie die Basilika aufsuchen. Den Zünder würde er selbst betätigen; er glaubte nicht, dass sie den nötigen Mut dazu aufbrachte. Er würde sie bis vor die Pforte begleiten, sich dann ein Stück zurückziehen und einige Minuten nachdem sie eingetreten war, den Knopf drücken, der dafür sorgen würde, dass sie mitsamt den Reliquien in die Luft gesprengt wurde.
Als er das Café betrat, sah er im Hintergrund Bishara, den Leiter der Gruppe in Rom. Er war Jordanier, mit einer Neapolitanerin verheiratet und ein bedeutender Geschäftsmann in der Stadt.
Sie umarmten einander. »Ich hatte nicht damit gerechnet, dass du selbst kommst«, sagte Salim.
»Mein Freund, heute ist ein besonderer Tag, und was du tun wirst, ist viel zu wichtig, als dass ich es einem anderen hätte anvertrauen wollen. Ist sie bereit zu sterben?«
»Sie weiß nichts von ihrem Opfer und glaubt, dass sie lediglich die Tasche in der Kapelle mit den Reliquien abstellen soll und dann wieder gehen kann. Es ist besser so. Ich halte sie nicht für mutig genug, ihr Leben zu opfern.«
»Eine Ungläubige.«
»Ja. Aber sie war uns bisher sehr nützlich. Auf jeden Fall muss sie sterben. Ich habe Grund zu der Annahme, dass die Leute im Brüsseler Zentrum zur Terrorismusabwehr eine undichte Stelle vermuten. Es wäre also nur noch eine Frage der Zeit, bis man merkt, dass sie die Verräterin ist.«
»Wird das für dich nicht ein großer Verlust sein?«
»Nicht die Spur. Es wäre für mich ganz im Gegenteil eine Befreiung. Die Frau versteht mich nicht und stellt viel zu hohe Ansprüche. Obwohl sie bisher alles nur für mich getan hat, ahnt sie nichts von der Bedeutung unseres Kampfes. Es kann sein, dass ich bald heirate. Vielleicht bitte ich in Frankfurt unseren Imam Hassan, mir seine Schwester Fatima zur Frau zu geben. Seiner Familie anzugehören wäre für mich eine große Ehre.«
»Hat er sie nicht nach dem Tod ihres Mannes Jussuf wieder verheiratet?«
»Ja, er hat sie dessen Vetter Mohammed Amir gegeben. Der aber wird noch heute sterben.«
Bishara hob eine Braue und lächelte dann breit, wobei seine blendend weißen Zähne sichtbar wurden.
»Das heißt, er wird zu unseren Märtyrern gehören … und
man wird es dir als großherzig anrechnen, dass du dich um seine Witwe kümmerst.«
»Jetzt, mein Freund, sag mir, ob alles bereit ist, so, wie wir es besprochen haben.«
»Ja, alles ist genau so, wie du es haben wolltest. Du wirst nicht die geringsten Schwierigkeiten
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