Das Blut der Unschuldigen: Thriller
damit haben. Von wo aus wirst du die Ladung zünden?«
»Ich habe einen Wagen gemietet …«
»Guter Gedanke. Gehst du danach noch einmal in dein Hotel?«
»Nein. Ich fahre sofort zum Flughafen und kehre nach London zurück.«
»Das ist sicher das Beste.«
Sie verabschiedeten sich voneinander, überzeugt, dass schon in wenigen Stunden die Fernsehsender sämtlicher Länder nicht nur über den Anschlag in Rom, sondern auch die Anschläge in Jerusalem und Santo Toribio berichten würden. Die ganze Welt würde angesichts der Macht der Gruppe zittern, und den Regierungen der westlichen Länder würde nichts anderes übrig bleiben, als sich ihr zu beugen.
Äußerst zufrieden mit sich selbst, kehrte Salim ins Hotel zurück.
41
Granada, Karfreitagvormittag
Alpträume quälten Laila. Mit kaltem Schweiß bedeckt fuhr sie aus dem Schlaf hoch. Ein Blick zum Fenster zeigte ihr, dass es noch nicht hell war. Da sie nicht wieder einschlafen konnte, stand sie auf, duschte und zog sich an. Sie nahm sich vor, Frühstück für die ganze Familie zu machen und dann ein wenig zu joggen. Das würde sie beruhigen.
Sie musste an Mohammed denken. Als ihr Bruder vor zwei Tagen fortgegangen war, ohne zu sagen, wohin, hatte er sich mit sonderbarer Feierlichkeit von den Eltern verabschiedet und sich sogar ihr gegenüber liebenswürdig gezeigt.
»Sei vorsichtig«, hatte er gesagt, während er sie umarmt hatte, als würden sie einander nie wiedersehen.
Ihre Schwägerin Fatima hatte ihr versichert, dass auch sie nicht wisse, wohin er gehe. Er habe ihr noch nie gesagt, was er tue. Offenbar war auch sie von seinem Abschied überrascht gewesen.
»Ich will dich nicht erschrecken, aber … ich muss daran denken, wie es bei meinem ersten Mann Jussuf war, als er fortgegangen ist, um … du weißt ja, er hat zu einem Kommando gehört…«
Diese Worte Fatimas kamen Laila immer wieder in den Sinn. Hatten die Radikalen ihren Bruder so sehr in ihren Fängen, dass er noch einmal an einem Anschlag teilnehmen wollte? Sie wagte nicht, der Mutter ihre Angst mitzuteilen, war aber überzeugt, dass sich Mohammed in Gefahr befand.
Als Ali gekommen war, um ihn abzuholen, hatte Mohammed unter vier Augen mit seinem Vetter Mustafa reden wollen. Sie hatten sich in dessen Zimmer eingeschlossen, und als sie herausgekommen waren, war das Gesicht ihres Vetters zornrot und das Mohammeds voll Sorge gewesen.
Laila verabscheute Mustafa aus tiefster Seele. Er hatte vom ersten Augenblick an deutlich gezeigt, wie sehr er sie verachtete, und machte seiner Tante weiterhin Vorwürfe, weil sie zuließ, dass sich Laila wie eine beliebige Spanierin aufführte. Sogar den Vater schien Mustafas endloses Schwadronieren darüber, wie sich eine gute Moslemin zu verhalten hatte, mitunter aufzuregen. Nur gut, dass Mustafa geht , dachte Laila, während sie Kaffee machte. Er hatte zu Anfang der Woche angekündigt, er werde am Freitag abreisen, weil er keine passende Arbeit gefunden habe. Alle hatten sich erleichtert gefühlt, ohne das zu zeigen.
Potes, Kantabrien, sechs Uhr morgens
Mohammed erwachte schlecht gelaunt. Alis Schnarchen hinderte ihn am Schlafen. Das ging schon seit zwei Nächten so, und der Schlafmangel machte ihn reizbar.
Er stand auf und sah zum Fenster hinaus. Es schien langsam hell zu werden.
»Steh auf, Ali, es ist sechs Uhr. Um neun müssen wir frühstücken.«
Ali drehte sich wortlos auf die andere Seite, öffnete aber widerwillig die Augen, als Mohammed sein Kissen nach ihm warf.
»Verrückter Kerl! Warum willst du mitten in der Nacht aufstehen?
Du weißt genau, dass wir erst um zwölf zum Kloster raufmüssen. Also lass mich noch schlafen.«
»Wir dürfen uns nicht von der Gruppe trennen.«
»Der Reiseleiter hat gesagt, dass wir bis halb zwölf machen können, wozu wir Lust haben. Wohin willst du überhaupt? Ich will mich jedenfalls nicht draußen herumtreiben.«
»In ein paar Stunden sind wir tot.«
»Ich weiß. Genau deshalb will ich schlafen, dann muss ich nicht daran denken. Wir haben doch schon gestern bis spät in die Nacht darüber geredet. Es gibt keinen Weg zurück.«
»Ich will aber nicht sterben.«
»Ich auch nicht. Aber du weißt doch, dass sie jeden umbringen, der sich drückt. Glaubst du, die lassen uns am Leben, wenn wir sie hintergehen? Außerdem gibt es in der Gruppe keine Feiglinge und keine Verräter. Schließlich haben wir uns freiwillig zu dem Anschlag gemeldet.«
»Ich nicht. Du hast mich Omar vorgeschlagen.«
»Hört euch den
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