Das Blut der Unschuldigen: Thriller
überlebenden Helden aus Frankfurt an! Darf ich dich daran erinnern, dass man dich hergeschickt hat, damit du dich Omar unterstellst, weil du eigentlich tot sein müsstest?«
»Hassan hat mir seine Schwester zur Frau gegeben …«
»Er wollte sie sich vom Hals schaffen. Jetzt können sich deine Eltern um sie kümmern. Außerdem fehlt es ihr an nichts, denn die Gruppe ist gegenüber den Märtyrern großzügig, das weißt du genau.«
»Fatima interessiert mich einen Dreck! Ich will leben!«
»Halt den Mund! Sollen uns alle Leute hören? Du bist ja verrückt.«
Mit geballten Fäusten setzte sich Mohammed auf die Bettkante und versuchte sich zu beherrschen.
»Macht es dir etwa nichts aus zu sterben?«
»Ich weiß, wofür ich mein Leben hingebe.«
»Ich hab dich gefragt, ob es dir nichts ausmacht.«
»Nein. Ich komm ins Paradies, meine Familie wird mein Andenken ehren und besser leben als bisher. Meinen Eltern geht es nicht gut. Jetzt haben sie für ihr Alter ausgesorgt. Ich hab ihnen bisher nur Sorgen gemacht. Sie werden stolz sein, wenn sie wissen, dass ich den Mut hatte, als Märtyrer zu sterben. Ihre Nachbarn werden sie achten. Mein Tod hat nichts als Vorteile, Mohammed, ganz wie deiner.«
»Meine Eltern brauchen das Geld nicht, und sie sind auch nicht auf die Anerkennung anderer scharf. Ich glaube nicht, dass es meine Mutter glücklich macht, wenn ich als Märtyrer den Tod finde.«
»Deine Mutter … die ist schon eine halbe Spanierin.«
»Kein Wort gegen meine Mutter, sonst bring ich dich um.«
»Ich hab nichts Böses über sie gesagt. Reiß dich zusammen, sonst kommt man uns noch auf die Schliche.«
»Wie kannst du so ruhig sein, wenn du weißt, dass du sterben musst?«
»Wieso hast du Angst vor dem Tod? Ich bin gläubiger Moslem, ich habe mich um diesen Auftrag bemüht, und ich weiß, dass mich Allah auf der anderen Seite erwartet.«
»Ist dir nie der Gedanke gekommen, dass da möglicherweise gar nichts ist?«
»Was willst du damit sagen?«
»Immerhin ist noch niemand vom Tod zurückgekehrt, um uns davon zu erzählen.«
»Lästerer! Halt den Mund, ich will das nicht hören! Geh und lass mich zufrieden. Ich muss mich ausruhen.«
Mohammed ging sich duschen. Als er aus dem Badezimmer
kam, schnarchte Ali wieder. Wütend zog Mohammed Jeans und Pullover an und verließ das Zimmer. Er wollte sich in Potes ein wenig die Beine vertreten.
Er fand dies von Bergen umgebene Dorf zauberhaft. Am Vorabend hatte er eine Flasche Schnaps gekauft, die er mit Ali leeren wollte, doch dieser hatte sich geweigert. Aus dem einstigen Rechtsbrecher schien ein vollkommener Moslem geworden zu sein.
Der Geruch nach frischem Brot drang aus einer Bäckerei, die noch nicht geöffnet hatte. Auf der Straße war niemand zu sehen. Er dachte an Laila. Sicher schlief sie noch. Er wusste, dass Mustafa sie an diesem Vormittag umbringen würde. Er fühlte sich versucht, zu Hause anzurufen, seinem Vater zu sagen, was der Vetter plante, und dann zu verschwinden – doch wohin? Ali hatte Recht: Die Gruppe würde ihn finden. Das Schlimme würde dann nicht sein, dass man ihn umbrächte, sondern dass man ihn bis zum letzten Atemzug foltern würde. Nein, es gab kein Zurück.
Bei der Rückkehr ins Hotel sah er überrascht zwei Polizeibeamte, die mit dem Mann am Empfang sprachen. Er bemühte sich, nicht hinzusehen und ging nach oben.
»Ali, aufwachen. Unten ist Polizei.«
Der Freund fuhr hoch, diesmal vollständig wach.
»Was wollen die? Haben sie dich was gefragt?«
»Nein. Keine Ahnung, was die wollen. Sie haben mit dem Mann an der Rezeption gesprochen.«
Ali warf rasch einen Blick aus dem Fenster, sah aber nichts Verdächtiges.
»Polizisten gibt es überall. Das muss nicht unbedingt was bedeuten. Auf jeden Fall zieh ich mich schon mal an. Wer war noch unten?«
»Kein Mensch. Es ist noch ziemlich früh.«
»Vor allem bleib ruhig. Niemand weiß, warum wir hier sind, und außerdem sind die Sprengstoffgürtel nicht hier im Zimmer, sondern im Kofferraum des Busses. Der Fahrer gibt sie uns, wenn wir ihm sagen, dass wir sie brauchen. In der Gruppe gibt es keine Verräter, also kann niemand was von uns wissen. Es ist alles in bester Ordnung. Kein Grund zur Beunruhigung.«
»Wenn du das sagst …«
»Ja, das sage ich. Lass uns abwarten.«
Granada
»Kannst du mir mal helfen?« Mit einem Mal stand Mustafa in der Küche.
Laila fuhr zusammen. Sie hatte ihn nicht kommen hören. Er lächelte ihr mit geheuchelter Liebenswürdigkeit
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