Das Blut der Unschuldigen: Thriller
knapp.
»Wenn wir unsere Sache mit ihr hätten verhandeln wollen, wären wir jetzt nicht hier«, gab der Anwalt scharf zurück.
Arnaud forderte die Besucher zum Sitzen auf und erläuterte ihnen, welche Schritte er unternehmen werde, um die Echtheit der Pergamente zweifelsfrei festzustellen. Außerdem teilte er ihnen mit, dass das Rektorat eine Empfangsbescheinigung für deren Übergabe ausgestellt habe, in der sich die Universität verpflichtete, sie mit äußerster Vertraulichkeit und Vorsicht zu behandeln.
Nachdem der Anwalt die Erklärung aufmerksam gelesen hatte, gab er dem Grafen zu verstehen, dass alles in bester Ordnung sei.
»Jetzt wüsste ich gern, was Sie mit diesem Dokument zu tun gedenken. Es ist ein wahrer Schatz und verdient, der Öffentlichkeit vorgestellt zu werden. Zwar enthalten bestimmte Archive die Inquisitionsakten, doch dieser Bericht eines Menschen, der zwischen beiden Lagern gestanden hat, ist von außergewöhnlichem Wert für die Wissenschaft. Es gibt keinen besseren Bericht über die Belagerung von Montségur und ihre Folgen. Ich verhehle Ihnen nicht, dass ich gern einen längeren Artikel darüber verfassen würde, für dessen Veröffentlichung die Universität aufkommen würde. Sofern Sie sich damit einverstanden erklären, müsste ich Sie bitten, mir auch weitere Familiendokumente zugänglich zu machen …«
Bei diesen Worten Arnauds sahen die beiden Männer einander an, dann ergriff der Graf das Wort, als hätten sie die Szene einstudiert: »Verehrter Professor, wir sollten Schritt für Schritt vorgehen. Für mich steht der Wunsch im Vordergrund, von Ihnen die Echtheit der Dokumente bestätigt zu bekommen. Später können wir dann darüber reden, was weiter damit geschehen soll.«
Arnaud gab sich keine Mühe, ihn umzustimmen. Er hatte begriffen, dass die beiden einen Plan hatten, von dem sie nicht um Haaresbreite abzuweichen gedachten. Er würde auf eine günstigere Gelegenheit warten müssen.
»Wie Sie wollen. Wir sprechen später darüber.«
»Wann darf ich mit dem Ergebnis rechnen?«, erkundigte sich der Graf.
»Rufen Sie mich in drei oder vier Tagen an …«
»Können Sie es nicht genauer sagen?«, fragte der Anwalt.
»Ich versichere Ihnen, dass ich selbst das größte Interesse an dieser Chronik habe, doch das Verfahren zur Echtheitsbestimmung der Pergamente erfordert gewisse Schritte, bei denen ich keinen auslassen kann und auch nicht möchte.«
»Für die Kirche wird das ein harter Schlag«, sagte der Graf befriedigt.
»Was haben diese Dokumente mit der Kirche zu tun? Gewiss, sie sind von großem historischen Wert, doch etablierte Tatsachen können sie nicht beeinflussen.«
»Aber einer ihrer eigenen Leute hat sie verraten«, beharrte der Graf.
»Sicher. Er hat sich in einen gewaltigen menschlichen Konflikt verwickelt gesehen, aber das ist alles, und es ändert nichts am Ablauf der Geschichte. Ich versichere Ihnen, dass sich diese Dokumente in keiner Weise auf die Kirche auswirken werden.«
»Sind Sie Katholik?«, wollte der Anwalt wissen.
»Ich wüsste nicht, warum ich auf diese persönliche Frage antworten sollte. Ich bin Historiker und habe mir die Achtung meiner Fachkollegen durch meine Arbeit errungen, bei der meine persönlichen Überzeugungen, wie auch immer sie aussehen mögen, nie eine Rolle gespielt haben. Ich erforsche die Vergangenheit, schreibe sie aber nicht entsprechend meinen Vorstellungen um. Sollten Sie mit der katholischen Kirche ein Hühnchen zu rupfen haben, wäre es besser, sich dafür eine andere Waffe auszusuchen. Mit diesen Dokumenten werden Sie die Leute nicht beeindrucken können. Sie sind ausschließlich von historischem Wert, politisch aber wertlos, wie ich schon gesagt habe. Mithin werden sie die Geschichte nicht im Geringsten beeinflussen.«
»Wir erwarten Ihren Anruf«, sagte der Graf und erhob sich.
Arnaud begleitete die Besucher ins Rektorat, wo ihnen die Aushändigung der Dokumente bestätigt wurde. Anschließend verabschiedete er sich am Haupteingang von ihnen.
Was für sonderbare Gestalten die beiden waren! Ihre einfältige Vorstellung, der Kirche mittels dieser Pergamente Schwierigkeiten bereiten zu können, grenzte an Dummheit. Er suchte Martine Dupont im Dozentenzimmer auf und spürte schon beim Eintreten eine sonderbare Anspannung in der Luft. Martine war in einer hitzigen Diskussion mit zwei Kollegen begriffen.
»Gibt es etwa Krieg?«, erkundigte sich Arnaud im Versuch, die Atmosphäre ein wenig zu entspannen.
»Für
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