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Das Blut der Unschuldigen: Thriller

Das Blut der Unschuldigen: Thriller

Titel: Das Blut der Unschuldigen: Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julia Navarro , K. Schatzhauser
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nichts anderes übrig bleiben, als die Überlegenheit seiner Vorstellungen anzuerkennen.«
    »Ich kann Ihnen versichern, dass viele in unserem Land alles tun werden, um zu verhindern, dass diese Vorstellungen über unsere Grenze gelangen.«
    »Na, na! Bitte keine Politik«, legte sich Graf d’Amis ins Mittel, um das Gespräch wieder in ruhigere Bahnen zu lenken. »Uns geht es hier um die Geschichte, und in diesem Zusammenhang möchte ich auf Professor Arnaud zählen dürfen. Ihr Kollege Marburg, der ein guter Freund ist, hat den zuständigen Gremien seiner Universität meinen Vorschlag unterbreitet, eine Arbeitsgruppe einzusetzen, die die ganze Wahrheit über das Land der Katharer ans Licht fördern soll. Wie es aussieht, hat dieser Vorschlag den dortigen Gremien sehr zugesagt. Auch ich bin ein rückhaltloser Bewunderer Otto Rahns, und selbstverständlich wäre mir nichts lieber, als wenn er sich an dem Projekt beteiligte …«
    Der kleine Raymond, der bisher geschwiegen und aufmerksam von einem zum anderen geblickt hatte, wandte sich jetzt mit einer Frage an Professor Arnaud: »Mögen Sie die Nazis?«
    Der Graf warf seinem Sohn einen Blick zu, in dem eiskalter Hass lag. David glaubte in Raymonds leuchtend grünen Augen Angst zu lesen, bevor der Junge beschämt die Lider senkte.
    »Nein, überhaupt nicht«, gab Arnaud zurück, wobei er statt Raymonds dessen Vater ansah.
    »Was fällt dir ein!«, wies der Anwalt den Jungen zurecht.
    In diesem Augenblick trat der Butler ein und teilte mit, dass der Kaffee im Salon serviert sei. Diese Ankündigung löste die unbehagliche Stimmung ein wenig, die sich über die Anwesenden gesenkt hatte.
    Auf dem Weg zum Salon wandte sich Arnaud an den Grafen: »Ich denke, es ist besser, mein Sohn und ich brechen jetzt auf. Ich möchte Ihnen und Ihren Gästen mit meiner Anwesenheit keine weiteren Ungelegenheiten bereiten. Sicher finden wir in Carcassonne ein Hotel. Es wäre schön, wenn uns Ihr Fahrer dorthin bringen würde …«
    »Ich bitte Sie! Für wen halten Sie mich? Sie sind mein Gast und haben als solcher selbstverständlich das Recht, Ihre Meinung zu vertreten. Es würde mich kränken, wenn Sie uns jetzt verließen. Morgen früh bringt Sie mein Fahrer gern zum Bahnhof. Was die Frage meines Sohnes angeht … Ich hoffe, Sie nehmen sie ihm nicht übel. Er ist ein Kind, das dies und jenes aufschnappt, ohne es zu verstehen. Es wäre mir äußerst unlieb, wenn Sie sich von uns ein falsches Bild machten …«
    Obwohl sich das Gespräch bei Kaffee und Kognak weniger verfänglichen Themen zuwandte, fühlte sich Arnaud nach wie vor angespannt.
    Auf die Bitte des Grafen hin, den übrigen Gästen die Bedeutung der Aufzeichnungen Bruder Juliáns zu erläutern, schilderte Arnaud die Chronik mit begeisterten Worten. Dabei sprach er von ihrem Verfasser wie von einem guten Freund.
    »Auf welche Weise ist es Ihrer Familie eigentlich gelungen, diese Pergamente über die Zeiten zu retten?«, wollte die Baronin wissen.
    »Das entzieht sich meiner Kenntnis. Ich denke mir, dass der Vater sie jeweils mit dem Auftrag an den ältesten Sohn weitergegeben
hat, nichts über ihre Existenz verlauten zu lassen, bis die rechte Zeit gekommen war«, gab der Graf zurück.
    »Die rechte Zeit, um das Blut der Unschuldigen zu rächen.«
    Auf diese Worte des Anwalts trat eine kurze Stille ein.
    David, der bis dahin geschwiegen hatte, sah seinen Vater an und fragte, bevor ihm dieser bedeuten konnte, weiterhin nichts zu sagen: »Wer soll das Blut der Unschuldigen rächen, und auf welche Weise soll das geschehen?«
    »Die beste Rache besteht darin, ihnen ihre Stimme zurückzugeben und sie wieder in ihre Rechte einzusetzen«, erklärte der Anwalt. »Das heißt, das Languedoc muss gegen die Besatzung durch Frankreich verteidigt werden.«
    »Aber Sie sind doch Franzosen!«, sagte David.
    »Wir sind Okzitanier. Man hat uns gezwungen, Franzosen zu sein.«
    »Das Land war damals kein Arkadien …«, merkte Arnaud an.
    »Sie kennen doch die geschichtlichen Hintergründe«, sagte der Anwalt herausfordernd.
    »Eben deshalb weiß ich, dass das Leben der Menschen im Mittelalter nicht beneidenswert war, nicht einmal in dieser Gegend hier. Ein Katharerland hat es nie gegeben. Es ist die Ausgeburt der Fantasie einiger Schriftsteller und Romantiker des 19. Jahrhunderts, die sich in die Kultur der Troubadours verliebt und jene geschichtliche Epoche in süßlich-sentimentaler Weise verklärt haben. Es ist wirklich sonderbar, dass

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