Das Blut der Unschuldigen: Thriller
unermesslichem Wert.«
»Vielleicht ließe er sich für eine Zusammenarbeit mit uns gewinnen?«, regte Frau von Steiner an.
»Ich glaube nicht, dass er einer von uns ist«, gab der Anwalt zurück. »Er wäre wohl eher ein Hindernis …«
»Ich verstehe nicht recht …«, sagte Arnaud.
»Nun, wir gehören einer … Kulturgesellschaft an, die nach der Wahrheit hinter dem Geheimnis der Katharer sucht und nach Möglichkeit den Gral zu finden hofft, dessen Existenz Sie so entschieden bestreiten. Zwar sprechen Sie als Wissenschaftler, doch es gibt auch Fachleute, die eine Gegenmeinung vertreten, und…«
»Kein ernsthafter Wissenschaftler glaubt an den Gral«, schnitt Arnaud Baron von Steiner das Wort ab.
»Sie glauben wohl nur, was Sie sehen«, mischte sich von Trotta in das Gespräch ein.
»Als Wissenschaftler stütze ich mich auf die Vernunft und auf Beweise.«
»Glauben Sie an Gott?«, wollte Frau von Trotta wissen.
»Diese Frage wurde mir vor einigen Tagen schon einmal gestellt. Sie gehört nicht zur Sache. Was ich glaube oder nicht, ist Teil meiner Privatsphäre und hat nichts mit meiner wissenschaftlichen Arbeit zu tun.«
»Wir sollten den Professor nicht bedrängen«, mahnte der Graf. »Auf diese Weise werden wir ihn kaum für unsere Sache gewinnen … Ich schlage vor, wir stoßen auf den Beginn einer fruchtbaren Freundschaft und Zusammenarbeit an. Uns allen liegt daran, die Wahrheit in Erfahrung zu bringen. Wir suchen nichts als sie. Professor Arnaud, würden Sie sich der Arbeitsgruppe anschließen, die ich gegenwärtig auf der Suche über die Wahrheit im Zusammenhang mit dem Katharertum zusammenstelle?«
»Sie entschuldigen bitte, aber es gibt keine Wahrheit über die Katharer mehr zu suchen, da wir sie bereits kennen. Ich hatte Ihnen ja schon gesagt, dass mir an den Haaren herbeigezogene Ausdeutungen dieser Lehre zuwider sind. An einer so widersinnigen Aufgabe würde ich mich nie beteiligen.«
»Ich würde Ihnen die Leitung der Gruppe übertragen … Wir würden dort suchen, wo Sie es für richtig halten«, ließ der Graf nicht locker.
»Es gibt nichts zu suchen. Mag sein, dass wir irgendwelche untergegangenen Inquisitionsakten oder ein kostbares Dokument wie jenes finden, das Ihre Familie über die Jahrhunderte bewahrt hat, aber nichts, was darüber hinausginge. Den Gral gibt es nicht.«
»Sie bestreiten also die Existenz des heiligen Kelches?«, fragte der Anwalt.
»Ehrlich gesagt, ja. Glauben Sie wirklich, dass die Schale, die Jesus beim letzten Abendmahl im Kreis seiner Jünger mit Wein füllte, zweitausend Jahre später noch existiert? Meinen Sie
etwa, einer der Jünger hätte sie in den Falten seines Gewandes versteckt, weil er an die Nachwelt dachte?«
»Sie glauben an gar nichts!«, rief Frau von Steiner aus. »Es ist doch klar, dass der Gral nicht einfach ein Kelch oder eine Schale ist, sondern … mehr als das. Er besitzt Heilkraft und verleiht seinem Besitzer grenzenlose Macht.«
»Meine Dame, ich verwechsele Glauben nicht mit Aberglauben.«
»Und was glauben Sie, woraus der Schatz der Katharer bestanden hat?«, wollte der Anwalt wissen.
»Aus Gold, Silber, Münzen und Gegenständen von Wert … Gaben von Feudalherren und ihren Damen an die Kirche der Guten Christen, aber nichts, was darüber hinausgeht. Suchen Sie bitte nicht nach irgendeinem Talisman – es gibt keinen.«
»Wir würden trotzdem gern auf Sie zählen«, wiederholte der Graf sein Angebot.
»Es tut mir leid, ich stehe nicht zur Verfügung.«
Unbehagliches Schweigen trat ein. David sah seinen Vater bewundernd an. Er hatte noch nie Gelegenheit gehabt zu sehen, wie dieser seine wissenschaftliche Autorität so entschlossen vertrat. Der Mut, mit dem er sich in dieser angespannten Situation und bei diesen befremdlichen Menschen durchsetzte, begeisterte ihn.
»Was halten Sie von der Lage in Deutschland?«, wechselte Frau von Steiner unvermittelt das Thema.
»Sie macht mir große Sorgen. Ich habe den Eindruck, dass Ihr Reichskanzler nicht nur für Deutschland zum Alptraum wird, sondern auch für das übrige Europa.«
»Heißt das, dass Sie dem Gedankengut unseres Führers und seiner Revolution nicht zustimmen?«, wollte sie wissen.
»Ihre Revolution? Es würde mir schwerfallen, in Ihnen eine Revolutionärin zu sehen.«
»Stellen Sie sich nicht dumm«, sagte sie in verweisendem Ton. »Zuerst schafft der Führer in Deutschland Ordnung, und dann wird er der Welt seinen Stempel aufdrücken. Auch Frankreich wird
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