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Das Blut der Unschuldigen: Thriller

Das Blut der Unschuldigen: Thriller

Titel: Das Blut der Unschuldigen: Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julia Navarro , K. Schatzhauser
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Land gewesen, in dem Vernunft und Intelligenz herrschten.
    »Wollen Sie damit sagen, dass ich aufgeben und nach Frankreich zurückkehren soll?«, fragte er mit zitternder Stimme.
    »Ich habe Ihnen lediglich die Situation beschrieben. Bitte entschuldigen Sie.«
    »Ist es denkbar, dass sich Sara und Isaak im Haus von Bekannten versteckt halten?«
    Bauer zögerte, bevor er sagte: »Davon hätten wir erfahren. Ich bin sicher, dass sie uns das hätten wissen lassen.«
    »Was kann ich nur tun? Was würden Sie an meiner Stelle tun?«
    »Ich habe es schon gesagt: Ich würde versuchen, sie zu finden, aber im vollen Bewusstsein der Umstände.«
    Bauers Gattin Lea war hereingekommen und hatte die letzten Sätze mitgehört. Sie rang in einer Geste der Hilflosigkeit die Hände.
    »Professor Arnaud, vor einigen Monaten ist unser Sohn mit seiner Frau und ihren beiden Kindern verschwunden. Der
ältere unserer Enkel ist einundzwanzig, und der jüngere siebzehn. Wir haben alle Hebel in Bewegung gesetzt, um festzustellen, wo sie sein könnten. Nichtjüdische Freunde, die uns äußerst großzügig unterstützen, haben das ebenfalls versucht, aber alles war vergebens. Wir können nur vermuten, dass sie sich in einem jener Arbeitslager befinden, und wissen nicht einmal, ob sie noch am Leben sind. Sie verstehen jetzt sicher, warum Ihnen mein Mann keine tröstenden Worte sagen kann und er Sie nicht über die Wirklichkeit hinwegzutäuschen versucht.«
    Sie begann zu weinen und trocknete ihre Tränen mit einem Taschentuch.
    Professor Bauer stand auf und umarmte sie. »Lass, Liebste, weine nicht.«
    »Es tut mir leid«, sagte Arnaud abwesend. »Es tut mir wirklich leid.«
    »Sie brauchen sich nicht zu entschuldigen. Wir verstehen Ihren Schmerz. Er ist ganz wie der unsere und der so vieler anderer unserer Gemeinschaft, die miterleben mussten, dass eines Tages Eltern, Kinder, Neffen und Enkel verschwanden. Tag für Tag erfahren wir von weiteren Fällen. Ihre Frau als Französin hat möglicherweise Glück, und es gelingt … Ich möchte Sie nicht quälen, aber es wird schwer sein zu erreichen, dass man sie freibekommt, gerade weil sie Ausländerin ist. Falls man sie misshandelt oder in ein Lager verschleppt hat – wie könnte man das zugeben? Ich bedaure unendlich, dass ich derjenige sein muss, der Ihnen reinen Wein einschenkt. Glauben Sie mir, meine Frau und ich können mit Ihnen empfinden …«
    Bauer gab ihm eine Liste mit den Adressen der engsten Freunde der beiden Levis und mahnte ihn, unbedingt vorsichtig zu sein, da er mit der Möglichkeit rechnen müsse, dass die Gestapo bereits jeden seiner Schritte überwachte.
    »Bestimmt hat die Blockwartsfrau im Hause der Levis ihren Spießgesellen bereits mitgeteilt, dass Sie nach Hinweisen über den Verbleib Ihrer Gattin und deren Verwandten suchen. Seien Sie vorsichtig, um Ihrer selbst und um unseretwillen.«
    »Was ist mit dieser Inge Schmid? Haben die Levis ihr vertraut? Sie hat mir angeboten, mir eins ihrer Zimmer unterzuvermieten, und ich habe angenommen. Ich weiß nicht, ob das voreilig war.«
    »Ein gutes Kind«, versicherte ihm Lea. »Sie ist Kommunistin, und man hat sie wohl nur deshalb bisher nicht verhaftet, weil ihr Vater seine schützende Hand über sie hält, auch wenn er nicht mehr mit ihr spricht.«
    »Ach, sie selbst ist auch Kommunistin?«, fragte Arnaud überrascht. »Mir hat sie nur gesagt, dass ihr Verlobter Kommunist sei.«
    »Ja, das hat mir Sara berichtet. Sie hat derselben Zelle angehört wie er, und eines Tages war er verschwunden. Er hatte sich aufgemacht, um in der Universität Flugblätter zu verteilen. Vermutlich hat man ihn festgenommen. Nachdem die junge Frau das Kind zur Welt gebracht hat, scheint sie sich ein wenig von ihren Genossen entfernt zu haben. Genaues weiß ich aber nicht. Ich denke schon, dass Sie sich auf sie verlassen können.«
    »Danke … ich weiß gar nicht, wie ich Ihnen für alles danken kann, was Sie für mich getan haben.«
    »Wir haben nichts getan, außer Sie noch ein wenig weiter in die Verzweiflung zu treiben. Bitte grüßen Sie Ihre Schwiegereltern. Bei unserem Besuch in Paris waren sie glänzende Gastgeber.«
    Als Arnaud das Haus verließ, fiel ihm auf, dass an der Ecke nach wie vor das dunkle Auto mit zwei Männern darin stand.
Er beschloss, zu Fuß zu gehen und ein wenig Ordnung in seine Empfindungen zu bringen. Er war erschöpft.
    In einem Laden kaufte er kurz vor Geschäftsschluss noch Äpfel, Kaffee, Tee, Mehl, Kekse, Nudeln,

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