Das Blut der Unschuldigen: Thriller
Butter und Schinken, um der jungen Frau auf diese Weise ein wenig behilflich zu sein.
Der Rückweg zu Fuß war deutlich länger, als er angenommen hatte, und so hielt er ein Taxi an. Er kannte sich in der Stadt einigermaßen aus, aber nicht gut genug, um sich nicht zu verlaufen.
Inge Schmid hatte gerade Günter gebadet und gab ihm jetzt sein Fläschchen. Der Junge war müde und schlief ein, kaum dass sie ihn in sein Bettchen gelegt hatte.
Arnaud berichtete über seinen Besuch in der Botschaft und alles, was er im Hause der Bauers erfahren hatte. Allerdings behielt er für sich, was man ihm über ihre Zugehörigkeit zur kommunistischen Partei gesagt hatte. Es kam ihm vor, als wäre sie mit ihren Gedanken gänzlich woanders.
»Darf ich Sie um einen Gefallen bitten?«
Er sah sie erstaunt an. Eigentlich war er derjenige, der Hilfe brauchte, doch sicherte er ihr sogleich zu, dass er tun werde, was er könne.
»Ich muss für eine oder zwei Stunden aus dem Haus … Günter ist sehr brav und schläft die ganze Nacht durch. Trotzdem wäre es mir eine große Beruhigung zu wissen, dass jemand bei ihm in der Wohnung ist. Sie brauchen nur Ihre Tür ein wenig offen zu lassen, für den Fall, dass er wach wird und zu weinen anfängt.«
Er erklärte, dass sie sich auf ihn verlassen könne, und fügte scherzend hinzu, er selbst sei so müde, dass er wahrscheinlich im Schlaf nichts hören werde. Sie lächelte zerstreut und
verabschiedete sich, nachdem sie das Geschirr abgewaschen hatte.
»Ich bleibe nicht lange. Vielen Dank, dass Sie sich um den Jungen kümmern wollen.«
Ob sie wohl zu einem konspirativen Treffen der Kommunisten ging?
Als er sich hinlegte, überkam ihn das unabweisbare Bedürfnis zu weinen. Wo mochte Miriam sein? Würde er sie noch einmal wiedersehen, oder war sie auf immer verschwunden?
Es fiel ihm schwer einzuschlafen. Um zwei Uhr nachts sah er zum letzten Mal auf die Uhr. Inge Schmid war noch nicht zurückgekehrt. Ob ihr etwas zugestoßen war?
»Sie müssen aufstehen, sonst kommen Sie zu spät!«
In der Tür stand Inge Schmid vollständig angezogen. Man sah, dass sie nur wenig geschlafen hatte.
»Es ist halb sieben. Ich mache Kaffee und röste Brot. Wollen Sie frühstücken?«
Er nickte, trug eine Kanne voll Wasser in sein Zimmer, wusch und rasierte sich. Zwanzig Minuten später saßen beide am Tisch und frühstückten. »Ein wahrer Luxus«, sagte sie. »Normalerweise kann ich mir keinen Bohnenkaffee leisten, der ist für mich zu teuer.«
Nach dem Frühstück weckte sie Günter, gab ihm Milch mit in Milch eingeweichtem Zwieback und zog ihn rasch an.
»Heute habe ich drei Putzstellen. Wir werden uns also erst am Spätnachmittag sehen, außer wenn Sie zum Mittagessen herkommen wollen. Um zwölf bin ich hier, um dem Jungen etwas zu essen zu machen, dann arbeite ich wieder …«
»Machen Sie sich um mich keine Sorgen. Nach meinem Besuch in der Botschaft möchte ich einige weitere Bekannte der
Levis aufsuchen. Es sind die einzigen Möglichkeiten, die mir noch bleiben.«
Sie setzte an, um etwas zu sagen, schluckte es aber herunter und ging mit dem Kleinen auf dem Arm hinaus.
8
In der Botschaft wurde Arnaud bereits erwartet. Der Beamte hörte sich seinen Bericht geduldig und liebenswürdig an.
»Wir haben einige Schritte unternommen, um Ihre Gattin zu finden. Ich selbst war am Haus des Ehepaars Levi und muss sagen, dass die Hauswartsfrau in keiner Weise bereit zu sein schien, mich auch nur anzuhören. Sie hat mich aufgefordert, das Haus zu verlassen, und hat keine Erklärung abgegeben, außer dass die Verwandten Ihrer Frau nicht mehr dort seien. Wir haben mit einigen Leuten bei der Polizei und im Außenministerium des Reiches gesprochen, zu denen wir noch Kontakt haben. Man hat uns zugesagt, dem Fall nachzugehen, uns bisher aber noch nichts berichtet.«
»Unternehmen die Leute überhaupt etwas?«, fragte Arnaud, ohne seine Verzweiflung zu verbergen.
»Offiziell bearbeiten sie unsere Anträge, hören sich an, was wir zu sagen haben, versichern uns, dass sie alles tun, was in ihren Kräften steht.«
»Und was glauben Sie?«
Der Beamte senkte den Blick, nahm eine Zigarette, bot
Arnaud ebenfalls eine an und antwortete dann. Er hatte diese Kunstpause gebraucht, um sich zu überlegen, ob er dem Verzweifelten, der ihm da gegenübersaß, eine aufrichtige Antwort zumuten durfte.
»Meine persönlichen Ansichten sind hier unmaßgeblich. Sie wissen, was in Deutschland vor sich geht: Das Land steht
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