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Das Blut der Unschuldigen: Thriller

Das Blut der Unschuldigen: Thriller

Titel: Das Blut der Unschuldigen: Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julia Navarro , K. Schatzhauser
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Telefon für ein Auslandsgespräch benutzen zu dürfen, ließ sich verbinden und merkte sogleich, dass der Graf schlechte Laune hatte. Er antwortete knapp und abweisend, gab ihm aber nach längerem Drängen Baron von Steiners Telefonnummer.
    Dieser war über Arnauds Anruf sehr erstaunt, erklärte sich aber bereit, ihn am selben Nachmittag um drei Uhr in seinem Büro zu empfangen.
    Arnaud begab sich noch einmal zum Bahnhof. Wieder hatte
er kein Glück, denn auch diesmal traf er den Schaffner des Zuges aus Paris nicht an. Ziellos streifte er durch die Stadt. Obwohl ihm klar war, dass er nichts damit erreichen würde, kehrte er noch einmal dorthin zurück, wo die Levis gewohnt hatten.
    Nachdenklich ging er auf dem Gehweg auf und ab und hielt den Blick auf die Reste der Schaufensterscheiben der Buchhandlung gerichtet, deren Tür man notdürftig mit Brettern zugenagelt hatte, um Fremden den Zutritt zu verwehren. Er sah die Blockwartsfrau nicht, und es kam auch niemand aus dem Tor des Hauses. Man hätte denken können, es sei unbewohnt. Vor einem Fenster hing eine Hakenkreuzfahne von der Stange. Er hatte das Gefühl, aus dem zweiten Stock beobachtet zu werden, doch gelang es ihm nicht festzustellen, wer das war.
    Als er in seine vorläufige Bleibe zurückkehrte, fütterte Inge Schmid gerade den Kleinen.
    »Soll ich Ihnen etwas zu essen machen?«, fragte sie.
    »Nein danke, ist nicht nötig. Ich habe keinen Hunger. Ich werde eine Tasse Tee trinken und ein paar Kekse essen.«
    »Sie müssen etwas essen. Mit leerem Magen lässt sich nicht gut nachdenken.«
    »Schon, aber ich mag jetzt nicht. Am Abend. Ich habe eine Verabredung für drei Uhr, bei einem Baron von Steiner.«
    »Haben Sie ›von Steiner‹ gesagt? Kennen Sie den Mann?«
    »Ich bin ihm vor etwas mehr als einem Jahr in Südfrankreich auf der Burg des Grafen d’Amis begegnet. Ich habe Ihnen ja schon gesagt, dass ich Historiker bin und einen Lehrstuhl an der Universität von Paris habe.«
    »Der Mann hat erstklassige Verbindungen nach oben, Sie verstehen. Wenn Ihnen überhaupt jemand helfen kann, dann er. Da hätten Sie gleich anklopfen sollen.«
    »Kennt er Hitler?«
    »Vermutlich ja. Er hat sehr viel Geld und ist einer von denen, die sagen, dass uns die Vorsehung den Führer geschickt hat, um Deutschland zu retten.«
    »Woher wissen Sie das alles?«
    »Weil ich Zeitungen lese und Radio höre.«
    Als Günter satt war, setzte sie ihn zum Spielen auf den Fußboden und machte sich erneut zum Ausgehen bereit.
    »Heute habe ich nicht besonders viel zu tun, muss aber noch bei meiner Vermieterin Wäsche bügeln, die gestern nicht fertig geworden ist. Ich bin also ein paar Stunden unten. Sind Sie zum Abendessen hier?«
    »Wenn es Ihnen nichts ausmacht.«
    »Natürlich nicht! Auch wenn wir möglicherweise keine besonders gute Gesellschaft füreinander sind, weil jeder seine Probleme hat, ist es besser, gemeinsam zu essen als allein.«
    Fünf Minuten vor drei drückte er am Büro von Steiners, das sich in einem Gebäude in der Stadtmitte befand, auf den Klingelknopf.
    Ein Angestellter öffnete und führte ihn in ein Vorzimmer, dem man ansah, dass es nicht nur mit viel Geschmack, sondern auch mit einem erheblichen Aufwand an Geld ausgestattet war.
    Um Punkt drei wurde er in das Büro des Barons geführt.
    »Ich bin überrascht, Sie hier zu sehen.«
    »Das ist mir bewusst, und ich danke Ihnen, dass Sie mich empfangen.«
    »Was tun Sie hier in Berlin? Sollte Ihr Besuch mit den Nachforschungen über Bruder Julián zusammenhängen?«, erkundigte sich der Baron und lachte.
    »Nein, es hat mit meiner Frau zu tun.«
    »Mit Ihrer Frau?«
    Erneut erläuterte Arnaud die Situation, wie er es schon so oft getan hatte.
    Die Hände auf der Schreibtischplatte gefaltet, hörte der Baron unbewegten Gesichts zu. Er schien einen Augenblick zu zögern, bevor er sagte: »Was Sie mir da erzählen, ist äußerst sonderbar. Offen gestanden fällt es mir schwer zu glauben, dass jemand auf diese Weise von der Bildfläche verschwinden kann, es sei denn…«
    »Es sei denn …?«
    »Es sei denn, dass das ihre Absicht war. Bitte verzeihen Sie mir meine Offenheit.«
    Diesmal zögerte Arnaud mit der Antwort. Es war das dritte Mal, dass ihm jemand den Gedanken nahelegte, Miriam sei aus freien Stücken verschwunden. Erst der Beamte am Quai d’Orsay, dann der in der Botschaft und jetzt der Baron. Diese Unterstellung und die Notwendigkeit, sich vor Fremden rechtfertigen zu müssen, erfüllte ihn mit

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