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Das Blut der Unsterblichen

Das Blut der Unsterblichen

Titel: Das Blut der Unsterblichen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christine Saamer-Millman
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einmal Kristina Zeisler.“
    „Wie kann ich Ihnen helfen, Miss Zeisler?“
    Kristina schloss für einen Moment die Augen und versuchte, ihren Atem zu beruhigen. „Was geschieht mit den Sachen, die er bei sich trug?“, fragte sie schließlich.
    „Wir können Ihnen die Sachen übersenden. Geben sie mir Ihre Adresse und ich werde alles Weitere veranlassen.“
    „Was geschieht mit seinem … toten Körper?“
    „Seine sterblichen Überreste wurden in das nächstgelegene Krematorium gebracht.“
    Kristina spürte, wie der Kloß in ihrem Hals anschwoll. Sie musste sich beeilen, die aufsteigende Tränenflut ließ sich nicht mehr lange zurückhalten.
    „Was passiert mit … seiner Asche? Besteht die Möglichkeit, dass sie mir, zusammen mit seinen persönlichen Dingen, zugesendet wird?“
    „Es tut mir leid, Miss, aber Mr. Casals war amerikanischer Staatsbürger, und da Sie nicht verheiratet sind, haben Sie keinen rechtlichen Anspruch auf die Asche des Verstorbenen. Er wird auf dem Cypress Hills National Friedhof anonym beigesetzt.“
    „Ich ...“, sie räuspern sich, da ihre Stimme nur noch ein Krächzen war. „Ich habe vor wenigen Tagen sein Kind zur Welt gebracht. Bitte Mr. Montinier … tun Sie mir das nicht an, bitte … ich möchte ihn wenigstens beerdigen können.“
    Am anderen Ende der Leitung blieb es für einen Moment still.
    „Ist es ein Junge oder ein Mädchen?“, fragte Philippe.
    Kristina stutzte. Wieso fragte er das?
    „Ein Mädchen. Sie heißt Leila. Bitte Sir, gibt es denn gar keine Möglichkeit, wie ich in den Besitz seiner sterblichen Überreste kommen könnte?“
    Philippe de Montinier räusperte sich. „Wie ich bereits sagte, Miss Zeisler. In dieser Sache kann ich Ihnen leider nicht behilflich sein.“
    Der Kloß schnürte ihr schmerzhaft die Kehle zu. Vor ihrem inneren Auge erschien das Bild von Marcus, wie er mit Schläuchen gespickt auf der Intensivstation eines Krankenhauses lag. Sie fragte sich, ob er noch an sie gedacht hatte und ob er gewusst hatte, dass er sterben würde.
    Der Telefonhörer drohte ihr zu entgleiten. Sie war endgültig nicht mehr in der Lage, auch nur einen weiteren vollständigen Satz zu sprechen.
    „Ja, trotzdem danke“, würgte sie noch hervor, bevor sie ohne einen Abschiedsgruß den Hörer auflegte. Anschließend barg sie den Kopf in den Händen und weinte. Jedes Mal, wenn sie glaubte, sie wäre zu erschöpft um weitere Tränen zu vergießen, wurde sie von einem erneuten Weinkrampf geschüttelt.
    Alles war vorbei. Ihre Liebe war tot, ihr Herz war tot und ihr Körper würde fortan nur noch eine leere Hülle sein. Stundenlang weinte sie vor sich hin, bis keine einzige Träne mehr aus ihren geschwollenen Augen kam und sie nur noch trocken schluchzte. Irgendwann rührte Leila sich. Kristina nahm sie hoch und betrachtete sie. Sie sah aus wie Marcus, mit den dunklen Haaren und den kastanienbraunen Augen. Sie war der lebende Beweis seiner Existenz und seiner Liebe. Kristina wusste, dass sie ihre ganze Kraft aufbringen musste, um diesem Kind eine gute Mutter zu sein. Sie hatte verloren, wofür sie gelebt hatte und sie würde sich nie wieder vollständig fühlen, doch sie würde für Leila leben und für sie kämpfen. Ihre Tochter war der einzige Grund, der sie weitermachen ließ.
     
    Die Zeit verging wie in einem Vakuum. Ein monotoner Ablauf von den immer gleichen Tätigkeiten. Stillen, Windeln wechseln, spazieren gehen, waschen, kochen, einkaufen. Kristina tat, was getan werden musste, ohne Gefühlsregung, wie ein Roboter. Leila weinte nie, schlief jedoch wenig. Jede Nacht wachte sie nach spätestens zwei Stunden auf und machte sich neben Kristina bemerkbar. Manchmal fiel es ihr schwer, am Morgen aufzustehen und da Leila sie oft die halbe Nacht wach gehalten hatte, blieb sie einfach liegen. Sie liebte dieses Kind, aber sie spürte kein Leben mehr in sich. Die halbherzigen Aufmunterungsversuche ihrer Freundinnen ließ sie mit stoischem Gleichmut über sich ergehen. Andauernd hörte sie abgedroschene Phrasen wie: Das Leben geht weite r, Marcus hätte das nicht gewollt oder: Du hast doch jetzt Leila . Als wäre ein hilfloser Säugling ein Ersatz für den einzigen Mann, den sie je geliebt hatte. Ihre Freundinnen zerrten sie in Restaurants, veranstalteten Spiele Abende oder gingen mir ihr spazieren, doch bei all diesen Aktivitäten fühlte Kristina sich fremd und fehl am Platz.
    Nach drei Monaten war noch immer keine Besserung ihrer Stimmung zu erkennen. Pia versuchte es

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