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Das Blut der Unsterblichen

Das Blut der Unsterblichen

Titel: Das Blut der Unsterblichen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christine Saamer-Millman
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Gewalt. Öffne die Tür!“
    Sie hatten ihre Mutter? Panik überflutete sie. Für einen Augenblick war sie versucht, zu öffnen, entschied sich aber dagegen. Die Behauptung konnte ebenso gut auch eine Falle sein. Ein kurzes Schaben gefolgt von einem Rascheln erklang. Der kalte Geruch entfernte sich. Schnell lief Leila zum Wohnzimmerfenster und blickte hinaus. Die Straße war, bis auf eine schwarze Limousine, leer. Ein Rascheln im zweiten Stock ließ sie herumfahren.
    „Scheiße“, fluchte sie. Das Fenster in ihrem Zimmer stand offen. Drei Stufen auf einmal nehmend, hastete sie die Treppe hinauf und stürzte in ihr Zimmer.
    Da standen sie. Zwei Unsterbliche. Eine Frau und ein Mann.
    Sie sahen kaum älter aus als Leila, Anfang bis Mitte zwanzig. Die Frau hatte glattes, dunkelblondes Haar, welches sie zu einem Pferdeschwanz gebunden trug, ein blasses, rundes Gesicht mit hohen Wangenknochen und einer geraden Nase. Ihr Blick war nicht unfreundlich, aber kühl, fast schon überheblich. Sie trug Jeans, eine weiße, taillierte Bluse und eine kurze Jeansjacke. Der Mann war asiatischer Herkunft, nicht besonders groß, von drahtiger Statur und trug einen modernen Kurzhaarschnitt. Das schwarze Hemd hing lässig über seinem Hosenbund.
    „Guten Morgen, Leila. Wir kommen doch nicht ungelegen, oder?“, sagte die Frau. Sie hatte einen russischen Akzent.
    „Was wollt ihr von mir?“, fragte Leila.
    „Wir kommen, um dich abzuholen. Dein Vater hat dir doch sicher von uns erzählt“, sagte der Mann. Er sprach in akzentfreiem Deutsch und mit freundlicher Stimme, doch glaubte Leila, einen drohenden Unterton herauszuhören.
    „Vielleicht sollten wir uns erst einmal vorstellen. Mein Name ist Uljana“, sagte die Frau.
    „Du hast recht, bleiben wir höflich. Ich heiße Tian und wir wurden von unserem Ältestenrat beauftragt, dich abzuholen. Wie du sicher weißt, sind wir Unsterbliche, genau wie du.“
    „Ich will nicht mit euch kommen. Ich bleibe hier bei meiner Mutter“, stieß Leila hervor. „Vielleicht in ein paar Jahren, okay? Wenn ich volljährig bin.“
    Tian schüttelte den Kopf und lächelte bedauernd. Unter normalen Umständen hätte sie dieses Lächeln sicher anziehend gefunden, doch in dieser Situation wirkte es wie eine Warnung. „Leila, du bist schon mitten in der Verwandlung. Wir können dich nicht hierlassen. Zudem ist es völlig unerheblich, ob du mit uns kommen möchtest oder nicht. Du musst mitkommen, denn du gehörst jetzt zu uns und nicht mehr in die Welt der Sterblichen. Du brauchst unsere Hilfe, sowohl bei der Verwandlung als auch bei der Zeit danach.“
    „Aber um dir die Entscheidung etwas zu erleichtern“, warf Uljana ein. „Haben wir deine Mutter schon mitgenommen.“
    „Wo ist meine Mutter? Bitte tut ihr nichts. Sie kann nichts dafür“, flehte Leila, ihre Stimme war ein paar Oktaven höher gerutscht.
    „Wir versprechen, dass wir ihr kein Leid zufügen, wenn du keinen Ärger machst und uns begleitest“, antwortete Uljana.
    Leila überlegte fieberhaft. Wäre ihr Vater doch nur hier.
    „Das Angebot ist nur jetzt gültig. Wenn du dich weigerst, uns zu folgen, wird deine Mutter getötet“, drohte Uljana und lachte leise, so als wäre die Vorstellung, ihre Mutter zu töten, etwas Vergnügliches.
    Leila erkannte, dass sie keine Wahl hatte. In einem Kampf wäre sie unterlegen, und wenn die Unsterblichen tatsächlich ihre Mutter in ihrer Gewalt hatten, dann konnte sie sie nur retten, wenn sie Uljana und Tian folgte.
    „In Ordnung, ich komme mit. Kann ich mir noch etwas einpacken?“, fragte sie, um Zeit zu schinden. Vielleicht gelang es ihr, die Unsterblichen solange hinzuhalten, bis Marcus zurückkehrte.
    „Nein. Wir müssen uns beeilen. Alles, was du brauchst, wirst du von uns bekommen“, sagte Tian.
    „Außerdem wollen wir fort sein, bevor dein Vater zurückkommt“, fügte Uljana hinzu. „Wir wollen unnötige Auseinandersetzungen vermeiden.“
    Leila warf ihr einen zornigen Blick zu, den Uljana mit einem spöttischen Grinsen quittierte. Sie folgte den beiden Unsterblichen nach unten und streifte so langsam, wie sie es wagte, Turnschuhe und Jacke über. Auf dem Weg zum Wagen blickte sie sich Hilfe suchend um. Die alte Frau Mettmann linste neugierig hinter ihrem Vorhang hindurch und musterte den luxuriösen Wagen, der auf dem Gehweg vor ihrem Haus parkte. Dann starrte sie Leila und ihre Begleiter an. Leila warf ihr einen flehenden Blick zu und hoffte inständig, dass sie das Fenster öffnen und

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