Das Blut der Unsterblichen
unseren Flug umbuchen. Versuch bitte, uns auf den Nächsten zu setzen, ich will die Verantwortung für die Kleine so schnell wie möglich abgeben.“
Uljana schnaubte. „Wenigstens müssen wir uns jetzt keine Sorgen mehr machen, dass sie flieht. Adalar sagt, dass sie zwischen den Schüben sehr schwach sein wird.“
Ihre Schritte entfernten sich. Kühle Finger berührten Leilas Gesicht. Tian strich ihre Haare aus der Stirn. Die Dunkelheit verdichtete sich und alles wurde still. Leila glitt in den Schlaf.
Als der Morgen graute, erwachte sie kurz. Tian saß auf einem Sessel neben ihr. Seine Augen waren geschlossen. Uljana war nirgends zu sehen. Sie erblickte ein Glas Wasser neben dem Bett, doch sie war zu schwach, um danach zu greifen. Schon fielen ihre Augen wieder zu und sie schlief ein.
Gegen neun Uhr wurde sie schlagartig wach.
„Guten Morgen Leila, wie fühlst du dich?“, fragte Tian, der noch immer in dem Sessel neben dem Bett saß.
Leila stöhnte leise. „Mir tut alles weh, ich fühle mich als hätte mich ein LKW überrollt. Bin ich jetzt eine Unsterbliche?“
Tian lächelte mitleidig. „Nein, tut mir leid, du wirst noch ein paar Anfälle dieser Art haben, bis du dich endgültig verwandelst.“
„Oh nein.“ Tränen schossen in ihre Augen und sie wandte schnell ihr Gesicht ab, um es vor Tian zu verbergen. „Ich will meine Mutter sehen“, stieß sie heiser hervor.
„Ruf sie doch an“, erklang Uljanas Stimme von der Tür. Tian hob überrascht den Kopf. Uljana warf ihm einen warnenden Blick zu und warf das Handy auf die Bettdecke. Leila beschloss, den Blick und eine Mutmaßung darüber, was er bedeutete, zu ignorieren. Schwerfällig setzte sie sich auf und wählte die Mobilnummer ihrer Mutter. Ihre Finger zitterten. Es dauerte eine Weile, bis Kristina den Anruf entgegen nahm. Als Leila ihre verschlafene Stimme vernahm, hatte sie sofort wieder einen Kloß im Hals.
„Mama? Ich bin’s Leila“, presste sie hervor.
„Leila, oh mein Gott, Schatz, wie geht es dir? Ich habe deine Nummer gar nicht erkannt“, rief Kristina.
„Ich habe ein anderes Handy. Mir geht es nicht gut. Ich hatte einen Anfall. Sie sagen, dass ich mich bald verwandeln werde.“
Ein trockener Schluchzer entrang sich ihrer Kehle. „Ich habe Angst, Mama, und ich will bei dir sein.“
Leila wusste, dass ihr Wunsch kindisch war, doch in diesem Augenblick wollte sie nichts mehr, als in den tröstenden Armen ihrer Mutter zu liegen. Kristina gab einen erschrockenen Laut von sich, hatte sich aber sogleich wieder im Griff.
„Weine nicht, Leila“, sagte sie. „Du bist eine starke, junge Frau und du wirst eine starke, junge Unsterbliche werden. Du schaffst das, auch wenn ich nicht bei dir bin. Bist du noch in dem Hotel am Flughafen?“
„Ja, aber wir werden nicht mehr lange hier sein. Ich weiß nicht, wo wir dann hingehen ...“
„Wir fliegen nach London“, mischte Uljana sich ein.
Leila sah überrascht auf. „Hast du das gehört, Mama? Wir fliegen nach London.“
Kristina antwortete nicht. Leila hörte Marcus im Hintergrund murmeln. „Ist Marcus bei dir?“
„Ja, er sagt, dass wir dich finden werden“, erwiderte Kristina. „Hab keine Angst, alles wird gut, okay? Bald bist du wieder fit. Behandeln sie dich gut?“
„Ja, sie sind höflich und ich bekomme alles, was ich brauche.“
„Das ist gut. Versprich mir, keine Dummheiten zu machen. Ich verspreche dir im Gegenzug, dass wir uns sehr bald schon sehen werden.“
„Okay. Seid ihr noch bei Marcus’ Freunden?“
„Ja. Wir sind in Frankreich, also gar nicht so weit weg …“, Marcus’ warnende Stimme unterbrach Kristinas Redefluss. Plötzlich klang sie erschrocken, als sie mit Leila sprach. „Ich muss jetzt auflegen, Schatz. Wir machen uns umgehend auf den Weg nach London, ja? Bald bin ich bei dir.“
Leila nickte. „In Ordnung. Ich hab dich lieb.“
„Ich dich noch viel mehr, mein Schatz.“
Die Verbindung wurde unterbrochen. Uljana grinste zufrieden und Tian sah betreten aus.
„Dann ist ja alles geklärt. Lasst uns packen und uns auf den Weg machen, damit wir unser Goldstück rechtzeitig vor dem nächsten Schub abliefern können“, sagte Uljana zufrieden.
Leila schob sich an den Bettrand und versuchte, aufzustehen. Ihre Beine waren wackelig und sie fühlte sich schwach und ausgelaugt. Tian ergriff ihren Arm und stützte sie. Im Badezimmer drehte er den Wasserhahn an der Badewanne auf, stopfte den Stöpsel in den Abfluss und gab etwas Schaumbad
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