Das Blut der Unsterblichen
Estelle, die sich schnell näherten.
„Es ist vorbei“, keuchte er.
„Es ist erst vorbei, wenn mein Auftrag erfüllt ist“, zischte der Unsterbliche.
Philippe und Estelle sprangen über den Zaun und nahmen neben Marcus Aufstellung.
„Wie ist dein Name?“, fragte Philippe sofort.
„Glen“, antwortete der Unsterbliche, noch immer in Angriffsposition verweilend.
„Was ist dein Auftrag, Glen?“
Glen grinste verächtlich. „Das wisst Ihr doch. Ich habe den Auftrag, Marcus del Casals zum Ältestenrat zu bringen und die Frau zu töten.“
„Eine Hinrichtung dieser Art ist inakzeptabel, wir sind doch keine Wilden“, sagte Philippe. „Doch da wir weiteres Blutvergießen vermeiden wollen, erklären wir uns bereit, vor dem Rat zu sprechen. Wir sind gewillt in Verhandlungen zu treten.“
Glen lachte abfällig. „Was redet Ihr da? Wieso glaubt Ihr, dass irgendein dahergelaufener Unsterblicher mit seinem Menschenliebchen willkürlich unsere Gesetze brechen kann und dann auch noch auf Verhandlungen und Gnade hoffen darf? Er bringt unsere Art in Gefahr, das können die Ältesten nicht dulden. Gerade Ihr solltet das verstehen, Monsieur de Montinier .“
„Ich verstehe das durchaus, doch ich bin der Meinung, dass man diesen Fall anders behandeln sollte. Nicht jeder Verfehlung liegt Willkür oder eine böse Absicht zugrunde.“
Glen spuckte aus. „Ihr selbst habt die Gesetze mit den Ältesten zusammen entworfen. Wie könnt Ihr Euch jetzt gegen sie stellen?“
„Das war vor vielen Jahrhunderten. Einige Gesetze sind nicht mehr zeitgemäß“, erwiderte Philippe.
„Ob die Gesetze zeitgemäß sind, liegt im Ermessen des Rates, und da Ihr auf eigenen Wunsch aus dem Ältestenrat ausgeschieden seid, habt Ihr kein Mitspracherecht mehr. Was wollt Ihr eigentlich? Wollt Ihr, dass der Rat unsere Gesetze außer Kraft setzt, um einen Menschen zu retten?“
„Du bist gut über mich informiert“, sagte Philippe und musterte Glen. „Wer hat dir das alles erzählt?“
Glen antwortete nicht, sah Philippe nur abfällig an, als könne er nicht verstehen, wie man den Ältesten den Rücken zukehren konnte.
„Alles, was wir verlangen, ist eine Anhörung und die überlegte Entscheidung des Rates“, warf Estelle ein. „Es kann keine Lösung sein, dass wir uns gegenseitig umbringen.“
„Wir bringen uns nicht gegenseitig um“, entgegnete Glen. „Wir töten nur einen Menschen, das tun wir täglich. Es liegt in unserer Natur.“
„Nun, mittlerweile sollte den Ältesten klar sein, dass Marcus del Casals alles in seiner Macht stehende tun wird, um diesen einen Menschen zu schützen. Wieso setzen sie immer weiter das Leben Unsterblicher aufs Spiel bei dem unseligen Versuch, die Frau zu töten? Das Blutvergießen muss ein Ende haben. Es ist Marcus’ Wunsch, einen Kompromiss auszuhandeln, mit dem beide Seiten leben können.“
Glen sah sie reihum kopfschüttelnd an. „Niemals werden sich die Ältesten auf einen Handel einlassen, aber ich werde ihnen die Nachricht überbringen.“ Sein Blick blieb an Marcus hängen. „Ich kann nicht verstehen, was du an der Menschenfrau findest. Ist sie den Einsatz deines Lebens und das deiner Freunde und Artgenossen wirklich wert?“
Marcus, durch den Blutverlust sichtlich geschwächt, sah ihn zornig an. „Für mich ist sie jedes Leben wert.“
Glen schnaubte verächtlich, ging zu seinem Gefährten und hob ihn hoch. Er atmete röchelnd, seine Haut war grau und wächsern.
„Er benötigt dringend Blut. Du kannst ihn zu uns bringen, wir haben noch einen kleinen Blutvorrat im Haus“, schlug Philippe vor.
Glen zögerte. Offensichtlich misstraute er Philippe.
„Wenn du es nicht tust, wird er sterben“, fuhr Philippe unbeirrt fort.
Glen musterte den Schwerverletzten. Mit jeder Sekunde, die verstrich, sanken seine Überlebenschancen.
„Also gut“, sagte er und rannte Richtung Tor davon.
Kristina stand auf den Stufen vor dem Eingangsportal und wartete ungeduldig. Philippe hatte ihr befohlen, zurückzubleiben. Sie stellte sich auf Zehenspitzen, reckte den Kopf und versuchte, über die Mauer zu spähen. Endlich, nach endlosen Minuten des Wartens, überquerten die Unsterblichen den Feldweg, traten durch das Tor und näherten sich in rasender Geschwindigkeit. Marcus’ Gesicht und sein Hemd waren voll Blut, die Haut aschfahl und über seine rechte Wange und seinen Hals zogen sich tiefe Risse.
Kristina betrachtete ihn entsetzt. „Oh mein Gott, du bist verletzt. Was ist
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