Das Blut des Adlers 2 - Licht über weissen Felsen
alles sparen können, du das Verfahren und den Kerker und ich den Zwist mit meinen Eltern, wenn du nur den Mund hättest halten wollen. Kann man sich nicht mehr auf dich verlassen?«
»Auf diese Frage verweigere ich die Aussage.« Das war in der ironischen Form Ernst, Abweisung und Erbitterung. »Aber ich bezeuge dir, Mary, daß du jedenfalls lange zu schweigen verstehst, auch wenn du die Wahrheit kennst.«
Joe stand auf. Die Gäste verließen Marys Haus.
Keiner außer Wakiya ahnte, was in Inya-he-yukan in den Monaten seiner Haft vorgegangen war. Aber seine Augen hatten die geheime Sonne verloren. In der folgenden Zeit verbiß er sich in die Arbeit. Vieh mußte zum Verkauf gebracht werden. Es war viel zu tun, und Marys Arbeitskraft und Umsicht fiel oft aus, da sie als Ratsmann in die Agentursiedlung zu fahren hatte.
Joe trug seiner sonstigen Gewohnheit entgegen von morgens bis abends seinen Cowboyhut. Den Verband mußte er im Hospital erneuern lassen. Nachts, wenn Joe den Hut ablegte, konnte Wakiya sehen, wie schnell die schwarzen Haare nachwuchsen; nur um den Verband blieb noch ein kahl geschorener Streifen.
Eines Sonntag nachmittags erschienen Frank Morning Star sowie Vater und Sohn Mac Lean. Sie trafen, aus entgegengesetzter Richtung kommend, fast gleichzeitig ein, als ob sie verabredet seien, und sie steuerten alle den Feldweg zu dem Kingschen Hause hinauf. Joe wohnte dort wieder mit Wakiya allein; Bob hatte sein altes Quartier bei Mary bezogen.
Die drei Gäste, der stellvertretende Häuptling, Vater Mac Lean und sein jüngerer Sohn George, betraten die Blockhütte, und da Joe sie nicht geradezu daran hinderte, nahmen sie Platz.
»Wie geht's?«
»Wie geht's?«
Die Frage war mit der Frage beantwortet.
Frank Morning Star ermunterte den alten Mac Lean zu sprechen. »Ich komme noch einmal mit meinem Sohn George, der Ihr Nachbar werden möchte, Mister King. Wir haben noch nie selbst miteinander über diese Sache gesprochen. Das war unser Fehler. Durch dritte entstehen zuviel Mißverständnisse.«
Joes Mundwinkel zuckten in einer Weise, die sowohl >Ja< als >Nein< als >Machen Sie, daß Sie hinauskommen< bedeuten konnte.
»Wir möchten Ihnen also noch einmal ein Angebot machen, von Mann zu Mann. Ohne Brunnen und Elektrizität lohnt sich eine Ranch hier nie, und wir sind auf Sie angewiesen; wir sind bereit, entsprechend zu zahlen. Bares Geld können Sie sicher brauchen.«
Joe King schwieg.
»Nun, wir warten auf Ihre Antwort, Mister King, oder wenigstens auf eine Auskunft.«
»Ich habe gesprochen. Ein Wort von mir gilt immer noch.«
»Also nein?«
»Nein.«
Die Mac Leans beherrschten ihren Zorn mühsam und gingen. Joe ließ sie gehen. Frank Morning Star nickte ihnen verabschiedend zu und blieb. Die Tür schloß sich wieder.
»Joe, ich bin nicht etwa mit denen verabredet gewesen. Das war Zufall hier. Ich komme in einer Sache, die mich unmittelbar nichts angeht und mir trotzdem am Herzen liegt.«
»Das gibt's.«
Die beiden Männer begannen zu rauchen.
»Schulranch. Wir müssen anfangen. Solange Wiesen und Wasser und Elektrizität noch frei sind, gibt es keine Ruhe; da sammeln sich die Landhungrigen wie die Bären um den Honig. Es wird also etwas geschehen, so wahr ich Frank Morning Star heiße.«
»Was wird geschehen?«
»Wir fangen an. Mary Booth hat ein paar ausgezeichnete Gedanken. Warum sie sich neuerdings nicht mehr selbst an dich herantraut, weiß ich nicht genau, aber ich kann es mir vorstellen. Das Geständnis von Harold verschweigen und dich vier Jahre in den Kerker gehen lassen - das war zu hart.« Frank Morning Star wischte etwas vom Tisch, was nicht zu sehen war. »Aber nun: Alle sind neuerdings an der Sache interessiert. Die Ökonomie, weil wir keine ungelernten, sondern qualifizierte Arbeitskräfte brauchen. Das Schulwesen, weil die Schüler besser lernen, wenn sie sehen, daß es nachher weitergeht. Die Wohlfahrt, weil sie weniger Unterstützung zu zahlen braucht, sobald Arbeitslose wieder Schüler werden. Nur der Kassen- und Finanzmann hebt die Hände hoch und leistet laut den Offenbarungseid.«
»Haverman?«
»Muß Ja sagen, wenn wir uns einig sind. Es gibt eine strenge Anweisung von seinem höchsten Chef, daß die Verwaltung mit uns und nicht gegen uns arbeiten soll. Außerdem ist Haverman glücklich, weil wir mit Kleintierzucht anfangen.«
»Und nun?«
»Ja, was nun! Eine Schulranch, die nur soviel kostet wie wir freiwillig zusammenbringen können. Der Stammesrat verlangt keine
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