Das Blut des Adlers 2 - Licht über weissen Felsen
In welchem Lande liegt die Rodeostadt Calgary?«
»In Canada.« Wakiya war stolz.
»Ich konnte also nicht vermeiden... Mr. Haverman...«
»Aber es ist mir ganz neu, daß Sie sich da auch mit Reservationen und Ökonomie beschäftigt haben. Sie waren dort als Rodeoreiter. Sie haben mir keinen Bericht gegeben.«
»Den hat der Stammesrat erhalten.«
»So, so. Gut. ja, gut. Ich werde mich um diese Sache kümmern. Aber ich weiß durchaus nicht, wo das Geld für die Einrichtung einer Schulranch herkommen sollte. Viehbestand, Wohnraum, Entschädigung für die Mitbenutzung Ihres Brunnens bzw. Ihrer Elektrizität - Verpflegungs- und Taschengeld für die Schüler, Gehälter für Hausvater, Hausmutter, Lehrkräfte - es sind also keine Fonds da. Vielleicht sollte man doch erst verpachten und die neuen Pachtgelder für den Zweck aufsparen. Das wäre eine Lösung.«
»Eine Geisterlösung, Mr. Haverman, keine menschliche.«
»Sie sehen Gespenster, Mister King!«
Auf diese Bemerkung hin erhielt Mr. Haverman keine Antwort mehr. Es wurde ihm wieder bewußt, daß er fror, und er verabschiedete sich.
Als Familie King beim Abendessen in der Blockhütte am Tisch versammelt saß und die Teller schon abgegessen waren, brach Queenie das Schweigen, das sich aus Joes finsterer Stimmung heraus über alle verbreitet hatte.
»Verspottest du Haverman nicht mehr, als recht ist, Joe? Er meint es doch gut auf seine Weise.«
»Es wird einen harten Kampf geben, Queenie. Aber ein weißer Rancher bekommt von mir keinen Tropfen Wasser. Eher sprenge ich selbst unseren Brunnen.«
»Joe! Ich bitte dich! Wir haben doch schon viele weiße Rancher auf der Reservation, und es ist mit ihnen als Nachbarn noch immer gut gegangen. Meinst du nicht?«
»Sie haben unser bestes Land! Die Hälfte unseres Reservationslandes wenigstens haben sie seit über einem halben Jahrhundert in ihren Pachtkrallen. Und was wird aus unseren Söhnen? Nicht einmal auf der Reservation sind wir sicher.«
Queenie widersprach nicht mehr. Joe blieb noch am Tisch sitzen.
Auf einmal richteten sich seine Augen auf Wakiya.
»Hast du verstanden, was wir gesprochen haben?«
»Nicht alles. Was ist Pacht?«
»Pacht mußt du bezahlen, wenn du dein Vieh auf Land grasen läßt, das nicht dir gehört.«
»Wem gehört denn das Land?«
»Uns allen zusammen, dem ganzen Stamm. Einiges Land davon bekommst du frei für dein Vieh. Wenn du aber mehr haben willst, mußt du bezahlen, damit auch der ganze Stamm einen Nutzen davon hat.«
»Das habe ich verstanden. Was ist Kredit?«
»Wenn dir jemand Geld auf Treu und Glauben gibt und es eines Tages wieder von dir zurückhaben will.«
»Aber, Inya-he-yukan, wenn du jetzt das Geld nicht hast, warum hättest du es später, um es zurückzuzahlen?«
»Weil die Kühe Kälber bekommen. Ich kann sie verkaufen und das Geld zurückgeben. Verstehst du?«
»Ja. Was sind Fonds?«
»Du hast gut aufgemerkt. Fonds und Reserven, das sind Haufen von Geld. Wenn ein Mann einen Haufen Geld oder einen Haufen Munition hat, so kann er etwas damit anfangen. Muß er sparen, so steht es schlecht um ihn. Die Weißen haben das Gold unserer Berge geraubt. Wir sind arm. - Was denkst du sonst?«
»Der Geist ist so töricht und so mächtig. Er will dein Lehrer sein, aber er versteht gar nicht, was du zu ihm sagst.«
»Ja, er denkt, ich sei sein Schüler, und wenn ich nicht gehorche, hetzen sie wieder alle Hunde auf mich. Bob und Alex hinauswerfen und das Wasser einem Weißen liefern! Ich tue es nicht. Gleich morgen muß ich in Erfahrung bringen, wer das ist, der pachten will.«
Queenies Augen wurden ein einziges Bitten; Wakiya dachte, daß er zu solchen Augen immer ja sagen müßte.
»Morgen ist Heiligabend, Joe.«
»Friede auf Erden - aber ich muß wissen, wer das Land hier pachten will.«
»Kann nicht der Stammesrat.?«
Queenie verstummte unter Joes Blick. Er stand auf und ging hinaus. Gleich darauf hörten alle den Motor anspringen.
Die Frauen und Kinder blieben allein.
Es gab in der Blockhütte zwei Schlafstätten, breite Brettergestelle mit Wolldecken und einiger neuer Bettwäsche. Sie standen übereck zueinander. Ein Tisch, eine elektrische Kochplatte, ein in Gang befindlicher Kühlschrank und ein eiserner Ofen vervollständigten das Mobiliar. Die Kleider hingen an Wandhaken. In der Ecke standen zwei Jagdgewehre, und dabei befand sich ein festes verschlossenes Kästchen. - Wer Wasser haben wollte, brauchte nur den Hahn aufzudrehen; wer Licht haben wollte,
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