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Das Blut Des Daemons

Titel: Das Blut Des Daemons Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lynn Raven
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seinen Tod rächen.«
    »Danke, Doamnej.« Sie neigte den Kopf. »Ich habe im Moment keine Fragen mehr.«
    Doch die hatten andere.
    »Da Euer Bruder heute hier anwesend ist, müsst Ihr ihn irgendwann gefunden haben. Ganz offensichtlich lebend.« Der dunkelblonde Fürst neben Gérard – dessen dünne Pergamenthaut ahnen ließ, dass er ebenfalls die Krankheit hatte – betrachtete Julien wie ein interessantes Insekt. »Warum ist er an Eurer Stelle nach Dubai zurückgekehrt?«
    »Er hatte Skrupel.« Mit dem Kinn wies er zu mir. »Ihretwegen.« Diesmal brauchten seine Hände länger, ehe sie ihren Griff wieder ein wenig von der Kette lockerten.
    Ein anderer Fürst neben Radu lachte spöttisch. »Skrupel? Adrien Du Cranier? Der nicht davor zurückschreckt, ein Mordkomplott gegen einen regierenden Fürsten zu planen? Das ist absurd.«
    Dathan klopfte mit dem Dolch warnend auf den Tisch.
    »Skrupel welcher Art?«, wollte jetzt der Fürst zwischen Vlad und Mircea wissen.
    »Samuel hatte versucht ihren Wechsel vorzeitig zu erzwingen, um sie an sich zu binden, und ist gescheitert. Adrien hatte Skrupel, das Gleiche noch einmal zu versuchen. Er fürchtete entweder ein Monster zu erschaffen, das er nicht kontrollieren konnte, oder sie dabei zu töten und damit ihren Großvater und ihre beiden Großonkel gegen sich aufzubringen. – Immerhin hatte Doamne Vlad sie ja seinem Schutz anvertraut.« Fahle Schweißtropfen rannen an Juliens Schläfe abwärts, verschwanden in seinem Kragen. Glaubten sie ihm das tatsächlich? Großer Gott, er log ihnen, ohne rot zu werden, ins Gesicht und sie merkten es noch nicht einmal.
    »Und Ihr hattet diese Skrupel nicht?«
    »Nein. Ich hatte nichts zu verlieren.« Er schluckte einige Male trocken, seine Finger schienen sich erneut fester um die Kettenglieder zu schließen. »Wenn es mir gelungen wäre, sie an mich zu binden, hätte ich endlich den Mord an meiner Familie rächen können. – Und das kleine Unschuldslamm hatte mir ja schon angeboten, mir dabei zu helfen, damit mir endlich Gerechtigkeit widerfährt . Sie hat mir blind vertraut, das dumme Stück.« Wieder verzog sein Mund sich zu einem verächtlichen Grinsen.
    Ich saß einfach da und hörte fassungslos zu, wie Julien über mich sprach. Die Ratsmitglieder stellten ihm Frage umFrage. Einige dieselben, nur anders formuliert, als wollten sie ihn dazu bringen, sich selbst in Widersprüche zu verwickeln. Manchmal ging sein Blick kurz zu mir – spöttisch, arrogant, verletzend –, ehe er eine Frage beantwortete. Es war wie in der Lagerhalle am Hafen von Ashland Falls. Er spielte ihnen vor, ich sei nichts als ein Opfer gewesen. Leichte Beute für jemanden wie ihn. Und er spielte diesen Part so gut, dass ich mich ein paarmal dabei ertappte, wie ich in meiner Erinnerung nach einem Hinweis suchte, ob er mich vielleicht tatsächlich getäuscht hatte und dass das, was er hier gerade sagte, nicht vielleicht doch die Wahrheit war. – Nur um mich ein ums andere Mal selbst daran zu erinnern, dass er ihnen nur etwas vormachte. Um mich – wie damals bei Bastien – zu beschützen. » Ich liebe dich! Alles andere war gelogen. Glaub kein Wort davon. Versprich es mir!«, hatte er mich damals im Schutz eines Pfeilers zwischen verzweifelten Küssen angefleht, während Adrien Bastien den Garaus gemacht hatte. Ich hatte ihm geglaubt. Ich tat es immer noch. Und daran würde nichts, gar nichts etwas ändern! – Dass er die Wahrheit so verdrehte, musste bedeuten, dass er einen Plan hatte, oder? Natürlich. Es konnte gar nicht anders sein. Alles würde gut werden. – Trotzdem waren meine Hände nach wie vor schweißfeucht.
    Und allmählich fiel es mir immer schwerer, dem zu folgen, was gesprochen wurde. Die Sonne stieg unaufhaltsam höher. Etwas wie ein zäher grauer Nebel drohte meine Gedanken mehr und mehr zu ersticken. Die Abstände zwischen Dathans Fragen und Juliens Antworten darauf schienen größer zu werden. Einige musste er sogar wiederholen, ehe Julien antwortete. Immer wieder fielen die Worte »an sich binden«, »Macht« und »Rache«. Immer öfter setzte Julien zwei oder drei Mal an, um eine Frage zu beantworten. Oder er brach mitten im Satz ab, als wisse er plötzlich nichtmehr, was er eigentlich hatte sagen wollen. Sah es nur so aus oder umklammerte er die Kette tatsächlich härter als zuvor? Zumindest presste er wieder und wieder die Lider fest aufeinander und schüttelte mit einer kleinen, abrupten Bewegung den Kopf wie jemand, der gegen ein

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