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Das Blut des Skorpions

Das Blut des Skorpions

Titel: Das Blut des Skorpions Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Massimo Marcotullio
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Neugierigen mit Piken auf Abstand.

KAPITEL IX
     
    In der Kirche war es feucht und kalt, aber Kardinal Azzolini hätte nicht sagen können, ob der eisige Schauder, der ihn überlief, von der Temperatur herrührte oder von der schrecklichen Szene, der er beiwohnen musste.
    Als sein Blick sich wieder auf die leblose Gestalt richtete, die auf dem spiegelblanken Marmorboden lag, durchfuhr ein starkes Zittern seine Hände. Er verschränkte die Arme vor der Brust, damit dieses Zeichen von Schwäche nicht von den Umstehenden bemerkt wurde, die allerdings nicht weniger erschüttert wirkten als er.
    Die Leiche von Pater Leopoldo Klamm lag in einer Seitenkapelle vor dem Altar inmitten einer großen Blutlache. Die Arme waren seitlich ausgebreitet, sodass der Körper eine Kreuzform bildete, während der abgetrennte Kopf ein paar Meter weit weggerollt war und mit toten Augen an die prächtig verzierte Decke starrte.
    Die Kutte des Mönchs war bis zur Brust hochgeschoben worden, um die nackten, gespreizten Beine zu entblößen.
    Der Kardinal musste sich zwingen, alles genau zu betrachten, und es fiel ihm schwer, angesichts dieses makabren Schauspiels seinen gewohnten Gleichmut vorzutäuschen.
    Ein Offizier der päpstlichen Garde näherte sich ihm und führte einen betagten Mann am Arm, dessen wirrer Blick und bebende Glieder erkennen ließen, dass er einem Nervenzusammenbruch nahe war.
    Azzolini wandte sich ihnen zu und sah den Offizier fragend an.
    »Eminenz«, flüsterte der Soldat, »dieser Mann ist der Küster der Kirche. Er hat die Leiche gefunden.«
    Der Kardinal musterte den Mann einen Augenblick und sprach dann freundlich zu ihm, um ihn zu beruhigen.
    »Redet frei heraus, guter Mann. Berichtet, woran Ihr Euch erinnert.«
    »Pater… Pater Klamm pflegte jeden Morgen, noch vor Sonnenaufgang, hierherzukommen und sich im Gebet zu sammeln…« Der Mann unterbrach sich und wurde von einem unkontrollierbaren Gliederzucken geschüttelt.
    »Fahrt fort, ich bitte Euch«, ermutigte ihn der Kardinal. »Habt keine Angst, Ihr seid hier unter Freunden und habt nichts zu befürchten.«
    »Auch heute Morgen traf Pater Klamm wie gewöhnlich noch vor der Morgendämmerung ein und kniete vor den Altar nieder. Er betete immer dort. Ich… Ich bin meinen üblichen Aufgaben nachgegangen, habe das Kirchenschiff gefegt und bin dann in die Sakristei gegangen, um die Paramente für die Morgenmesse vorzubereiten. Als ich zurückgekommen bin, habe ich… das hier vorgefunden.«
    Der Küster brach in Tränen aus und musste von dem Offizier gestützt werden.
    Azzolini wartete, bis der Ärmste sich ein wenig gefangen hatte, und nahm dann die Befragung wieder auf.
    »Habt Ihr nichts Verdächtiges gesehen oder gehört?«
    »Nein, Euer Eminenz… Ich war wie gesagt in der Sakristei. Ich habe nichts gehört, und als ich in die Kirche zurückkam, war dort niemand.«
    »Seid Ihr ganz sicher?«, hakte der Kardinal nach. »Strengt Euer Gedächtnis an, versucht Euch zu erinnern.«
    Doch der Mann schüttelte nur den Kopf und legte die Hände vors Gesicht.
    »Ich glaube, es ist zwecklos, weiter in ihn zu dringen, Capitano. Lasst ihn in die Sakristei führen und gebt ihm ein wenig Wein zu trinken. Wir versuchen es noch einmal, wenn er sich beruhigt hat.«
    Der Capitano übergab den armen Alten einem der Gardesoldaten.
    »Habt Ihr die Leiche untersucht?«, fragte der Kardinal, als der Küster fort war. »Habt Ihr eine Vorstellung, was die Tatwaffe gewesen sein könnte?«
    »Zweifellos ein äußerst scharfes Schwert«, antwortete der Offizier. »Der Kopf ist mit einem einzigen Schlag abgetrennt worden. Der Hals weist einen glatten Schnitt auf.«
    »Das ist die Hand des Teufels! Die Hand Satans!«
    Eine weitere Person hatte sich dem Tatort genähert, die in eine lange weiße Kutte und einen schwarzen Umhang mit Kapuze gehüllt war.
    »Pater Muti«, sprach Azzolini ihn an, »ich dachte, die heilige Inquisition hätte zu viel damit zu tun, die Reinheit des Glaubens zu wahren, um sich mit gemeinen Verbrechen abzugeben.«
    »Nicht wenn man hinter diesen Verbrechen das Wirken des Bösen in Person erkennt! Satan streift ungehindert durch die Straßen Roms, und es ist entschlossenes Handeln nötig, um die Bedrohung abzuwehren. Drastische Maßnahmen müssen ergriffen werden. Diese Stadt ist zu einem Schlupfwinkel für Hexen und Teufelsanbeter verkommen, die sich des Nachts versammeln, um ihre abscheulichen Riten abzuhalten. Die Faust der heiligen Mutter Kirche muss

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