Das Blut des Teufels
zufrieden. Es waren keinerlei Hinweise auf ihr heimliches Experiment mit der Substanz zu entdecken.
Und sie konnte von Glück sagen, dass sie diese Vorsorge getroffen hatte. Die Schritte draußen blieben unmittelbar vor ihrer Tür stehen. Joan spannte sich an. Ein Schlüssel wurde ins Schloss gesteckt und gedreht.
Dann wurde die Tür aufgerissen und sie fuhr herum. Es war Bruder Carlos mit seiner 9-mm-Glock. Joan hob fragend die Brauen und stand auf. »Was ist?«
»Raus!«, erwiderte er barsch und winkte mit seiner Pistole. »Mitkommen!«
Joan zögerte; vor Furcht, ertappt worden zu sein, stockte ihr das Blut in den Adern.
»Auf der Stelle!«, brüllte Carlos.
Joan nickte und trat durch die Tür. Mit einer Hand betastete sie den Kragen ihrer Bluse. Auf der Unterseite der Plastikstreifen, die ihn verstärkten, befanden sich die beiden tränengroßen Perlen der Substanz Z. Sie konnte das Risiko nicht eingehen, die Proben in der Zelle zurückzulassen. Vielleicht wurde der Raum durchsucht oder man wies ihr eine neue Zelle zu. Also hatte sie sich diese Methode ausgedacht, um die goldenen Tropfen zu verstecken und gleichzeitig in ihrem Besitz zu halten.
Carlos nickte ihr zu, sie solle losgehen, und sie folgte seiner Anweisung in der Erwartung, dass er sie nach unten in die Labors führte. Stattdessen scheuchte er sie in einen anderen Teil der Abtei. Stirnrunzelnd musterte sie die fremde Umgebung. »Wohin gehen wir?«
»Wirst du sehen, wenn wir dort sind.«
Der Mönch, der ihr ohnehin nicht herzlich zugetan war, gab sich heute noch wortkarger als sonst. Seine Anspannung verstärkte ihre Nervosität. Was ging hier vor? Dieser Flügel der Abtei war spartanisch eingerichtet. Einfache Steinböden mit einer Reihe nackter Glühbirnen an der Decke, die den Weg beleuchteten. Joan sah den langen Korridor hinauf und hinab. Seitdem sie diesen Flügel betreten hatten, waren sie keinem einzigen Bewohner der Abtei begegnet.
»Stimmt … stimmt etwas nicht?«, fragte sie, außerstande, das Zittern in ihrer Stimme zu unterdrücken.
Bruder Carlos gab keine Antwort. Er führte sie einfach zu einem kleinen Treppenhaus am Ende des Korridors. Es waren lediglich sechs Stufen, die zu einer dicken Eichentür mit Eisenbeschlägen führten. Ein kleines silbernes Kreuz mit einem Paar gekreuzter Schwerter darüber kennzeichnete die Tür.
Joan fiel Henrys Bemerkung ein, dass ein solches Symbol auf Bruder de Almagros Siegelring zu finden gewesen war, und sie erinnerte sich an dessen Bedeutung: Es war das Zeichen der Inquisition.
Ihre Nervosität verwandelte sich in Angst, als Carlos sie mit vorgehaltener Waffe beiseite schob und an die Tür klopfte, und zwar eindeutig einen Code. Von innen wurde ein Riegel zurückgeschoben. Das Knirschen des Eisens tönte laut in dem leeren, kahlen Korridor.
Als die Tür aufschwang, trat Carlos zurück. Joan spürte die Hitze des angrenzenden Raums wie den Atem eines Drachens, doch sie konnte nicht zurückweichen. Die 9-mm-Glock drückte sich ihr fest in die Seite.
Eine massige Gestalt, auf deren nackter Brust der Schweiß glänzte, stand auf der Schwelle. Ein Mann, der sich die Mönchskutte von den Schultern gestreift hatte und sie vom Gürtel herabhängen ließ. Er fuhr sich mit einer Hand über den kahlen Schädel, der ebenfalls glänzte, und sagte etwas in abgehacktem Spanisch. Carlos gab Antwort. Der große Mönch nickte und winkte sie hinein.
»Los!«, befahl Carlos.
Da ihr keine andere Wahl blieb, gehorchte Joan. Der angrenzende Raum erinnerte sie an alte Horrorfilme. Links befand sich eine Reihe von Zellen mit Eisengittern. Auf dem Boden lag Stroh, Betten waren nicht vorhanden. Rechts an der Wand waren Ketten ordentlich aufgerollt. Mehrere Lederpeitschen hingen an Ständern. In der Mitte des Raums steckten drei lange Eisenpfähle in glühenden Kohlen.
Brenneisen.
Joan schaute sich um. Sie befand sich im Modell eines mittelalterlichen Kerkers. Nein, korrigierte sie sich, als sie einen vertrauten Geruch in die Nase bekam, den sie von ihren Tagen in der Notaufnahme her gut kannte. Blut und Angst. Das war kein Modell, keine Nachbildung in einem Wachsfigurenkabinett. Es war echt.
»Warum … warum bin ich hier?«, fragte sie laut, aber im Herzen kannte sie bereits die Antwort. Henry hatte einen Fehler begangen. So erschreckend ihre Umgebung auch war, es war vor allem die Sorge um Henry, die ihr jetzt einen Stich versetzte. Was war ihm zugestoßen? Sie sah Carlos an. »Soll ich bestraft werden?«
»Nein«,
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