Das Blut-Skelett
bezeichnet. Als baldige Wiedergeburt zur Jahrtausendwende. Als Millennium-Mann oder wie auch immer.«
»Ein Spinner, einer von vielen.«
»Dachte ich mir auch...«
Wenn Suko so sprach, hatte er noch etwas in der Hinterhand. Richtig, er rückte damit heraus. »Es war sogar eine Adresse angegeben.«
»Email?«
»Nein, eine normale.«
Ich pfiff leise durch die Zähne. »Allmählich nehmen die Dinge wohl Gestalt an.«
»Das finde ich auch. Und ich denke, daß wir uns dort mal umschauen sollten.«
»Wo ist das?«
»Außerhalb von London. Recht einsam gelegen. Aber wir werden es finden.«
»Kommst du vorbei?«
»Ja, ich nehme mir ein Taxi.«
»Und was ist mit deinem Kopf?«
»Der sitzt noch fest, keine Sorge. Ich habe einfach das Gefühl, auf der richtigen Spur zu sein...«
Das hatte ich auch. »Dann komm so schnell wie möglich vorbei.«
»Ich bin auf dem Weg. Du kannst das Haus schon mal verlassen.« Er lachte. »Man denkt ja mit...«
»Super«, sagte ich nur und legte auf.
Purdy Prentiss wollte ich nicht stören. Deshalb hinterließ ich ihr eine kurze Notiz. Danach hielt mich nichts mehr in ihrem Büro...
***
Suko hatte das Fahrzeug gewechselt und saß jetzt neben mir im Rover. Weitere Informationen konnte er mir nicht geben, denn das Internet hatte nichts weiter über diesen Warlock bekanntgegeben.
»Stellt sich nur die Frage, ob er ein Spinner ist«, sagte Suko.
»Wieso?«
»Erbe eines Mythos. Millennium-Mann. Baldige Wiedergeburt.« Er zuckte die Achseln. »Kannst du damit etwas anfangen, John?«
»Nein, nichts Konkretes. Allerdings steht er damit nicht alleine. Es gibt ja genügend Typen, die sich vor der Jahrtausendwende einbilden, etwas Besonderes zu sein. Mit großen Aufgaben daherzukommen. Die Menschen warnen, den Untergang prophezeien, das kennen wir ja. Trotzdem ist es hier anders, Suko.«
»Wegen der Toten.«
»Genau. Oder zumindest wegen des einen Toten, dem die Kehle durchgeschnitten wurde.«
Suko’s Gesicht verdüsterte sich, als ich dieses Thema anschnitt. Es war auf dem Friedhof keine Ruhmestat von uns gewesen, die Gegner entkommen zu lassen, und mein Freund faßte dorthin, wo ein Pflaster an seiner Stirn klebte. Shao hatte wirklich für ihn gesorgt, aber den Treffer würde er so leicht nicht vergessen.
Die uns umgebende Landschaft spiegelte auf eine gewisse Art und Weise den Seelenzustand wider, der uns umfing. Sie war grau, wirkte traurig, und die Sonne hatte keine Chance, den leichten Dunst zu vertreiben. Besonders außerhalb der Ballungszentren konnte die Natur ihren Kräften freie Bahn lassen. Da hatte sie dann die große Windmaschine angestellt, die das Laub von den Bäumen holte und es in die Umgebung hineinwehte. Wie von gigantischen Staubwedeln war es in die Landschaft hineingeschleudert worden und präsentierte sich in allen möglichen Farben. Sogar noch frisch wirkende grüne Blätter schimmerten zwischen all dem Gelb, Rot und Braun. Farben, die den Boden wie einen gigantischen Flickenteppich bedeckten, der immer mehr Nachschub erhielt und so ständig dicker wurde. Ein Wetter zum Wandern, zum Spazierengehen.
Mit den Füßen das Laub hochschleudern, den dabei entstehenden Geräuschen zu lauschen, als wollten die gefallenen Blätter mit ihren raschelnden Stimmen noch einmal von einem Sommer berichten, der längst vergangen war.
»Du hast mir nichts von Purdy Prentiss erzählt«, sagte Suko.
»Was willst du hören?«
»Ich frage mich, ob sie ebenfalls in den Fall verwickelt ist.«
»Bisher sieht es nicht so aus. Verstehe mich nicht falsch, ich denke da an den Vergleich zum letzten Fall, als sie und La Salle persönlich betroffen waren. Dieser hier zählt zu ihrem normalen Dienst. Das ist nicht wie bei den schwarzen Vampiren und bei der Göttin, die ihr ans Leben wollten.«
»Dann hat sie auch nicht ihre Träume erlebt?«
»Zumindest hat sie mir nichts davon gesagt.«
Suko lächelte. »Und wie sieht es mit ihren Händen aus? Hast du darauf geachtet?«
»Ja, das kam automatisch. Es war die Hornhaut noch immer vorhanden. Als Karatefrau oder Kickboxerin könnte sie dir noch immer Paroli bieten, denke ich.«
»Wir können ja mal trainieren.«
»Würde ihr sicherlich gefallen.«
Suko hatte die Anschrift zwar aus dem Internet erhalten, aber er war auf Nummer Sicher gegangen und hatte eine Karte auf seinen Knien ausgebreitet. Diese Umgebung Londons war uns recht unbekannt. Zumindest waren wir nicht über die Einzelheiten informiert. Über schmale Wege und kleine
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