Das Blut-Skelett
Überraschung?«
»Nein, aber mich würde interessieren, was hier unten alles abgelaufen ist.«
Da ich nichts wußte, hielt ich mich zurück und kümmerte mich um die zerrissene Seite. Ich hatte die Teile jetzt alle herumgedreht und konnte mir schon einen ersten Überblick verschaffen.
Auf jedem Schnipsel waren Knochen zu sehen. Gebeine.
Nicht einmal eine Überraschung. Sehr schnell wußte ich, was ich das zusammensetzte.
Es war ein Skelett!
Aber nicht irgendeines. Der Knöcherne war dunkel. Er bestand aus schwarzen Knochen, und er war auch bewaffnet. Wie ein Bauer, der aufs Feld geht, hielt er seine Sense geschultert, und genau diese Waffe brachte uns der Wahrheit ein Stück näher.
Beide machten wir keine fröhlichen Gesichter, als wir uns anschauten.
»Er also«, sagte Suko leise.
Ich fügte mit leiser Stimme hinzu: »Ja, der Schwarze Tod!«
Davon konnten wir beide nicht begeistert sein. Wir hatten ihn früher leider zu oft in Aktion erlebt. Er hatte auf dem untergegangenen Kontinent Atlantis gelebt und hatte den Untergang überstanden. Nach seinem Erbe allerdings suchten noch immer gewisse Menschen, und dieser Warlock konnte dazugehören.
Atlantis hieß die Sekte. Dieser Name und der des Schwarzen Tods paßten wunderbar zusammen, und so hatten wir schon eine Brücke zu ihm geschaffen.
Suko sagte etwas, was mir leider kein Trost war. »Du hast ihn doch vernichtet.«
»Klar. Leider reicht das nicht. Wie schon so oft. Es gibt zu viele Menschen, die sich an ihn erinnern, und es gibt auch welche, die es auf Grund gewisser Zeitreisen schaffen, nach Atlantis zu gelangen. Das kennen wir aus eigener Erfahrung. Ich denke, daß wir Warlock auch irgendwie in diese Kategorie einzustufen haben.«
Wir standen wieder und schauten auf das zusammengesetzte Bild. »Was kann er gewollt haben?« murmelte Suko vor sich hin. »Macht? Seinen Schutz? Wollte er beweisen, daß es möglich ist, noch mit den Dämonen dieser Zeit Kontakt aufzunehmen?«
»Ja, so kann man das sehen, und wahrscheinlich hat er das auch geschafft. Das Buch war ihm eine Hilfe. Ich denke, daß sich der Text aus Beschwörungsformeln zusammensetzt.«
»Wie groß ist sein Erfolg gewesen?«
»Er hat zwei Menschen getötet«, sagte ich.
»Und es riecht nach Blut.«
»Auch das.«
»Der Schwarze Tod und Blut.« Suko schloß für einen Moment die Augen und dachte scharf nach. »Die beiden sehen schlimm aus, so daß mir schon der Verdacht kommt, daß er sich sogar eine Sense besorgt hat, um so zu werden wie der Schwarze Tod damals gewesen ist...«
Ich winkte ab. »Vergiß es, Suko. Mir fällt etwas ganz anderes auf und läßt mich nachdenken.«
»Sag schon.«
»Wo sind die Knochen? Wo können wir die geraubten Gebeine finden?« Ich blickte mich um. »Siehst du sie? Nein. Ich sehe sie auch nicht. Sie sind verschwunden, und ich glaube auch nicht, daß er die Gebeine erst aus den Gräbern holt, um sie dann wegzuwerfen. Irgend etwas muß mit den Knochen geschehen sein.«
Suko zuckte die Achseln. »Tut mir leid, aber du mußt mich schon etwas Leichteres fragen.«
Ich bückte mich wieder und roch an der Unterlage oder an diesem Teppich. Es war ein Samttuch, feucht, mit Blut vollgesaugt. Zumindest ließ der Geruch darauf schließen.
»Hier ist es jedenfalls passiert, John. Hier sind die Gegenwart und die Vergangenheit zusammengekommen. Dieser Warlock ist jetzt am Ziel seiner Wünsche.«
»Was ist der nächste Schritt?«
»Zwei Tote hat er hinterlassen.«
Ich sagte: »Er brauchte die Knochen, um das zu werden, was er jetzt ist. Sie waren für ihn wichtig. Ich frage dich jetzt, was man mit Knochen alles anstellen kann.«
Suko lachte leise. »Man kann daraus etwas basteln.«
»Das sind keine Bauklötze.«
»Trotzdem. Außerdem denke ich da an etwas Bestimmtes. Hast du den Eimer gesehen, der in der Ecke steht?«
»Nein.«
»Aber ich. Und ich habe auch hineingeschaut. Seltsamerweise ist er mit Farbe gefüllt, mit schwarzer Farbe, John.«
»Dann hat Warlock die gestohlenen Gebeine angestrichen.«
»Genau. Etwas anderes kommt nicht in Frage. Er ist genau nach Plan vorgegangen. Erst das Stehlen der Gebeine, dann das Anstreichen. Er wollte das von ihm geschaffene Skelett so aussehen lassen wie der Schwarze Tod damals aussah. Eine andere Möglichkeit kann ich mir nicht vorstellen.«
Auch wenn es denn so war, für mich stand noch immer nicht fest, was genau Warlock damit bezweckte. Der echte Schwarze Tod war vernichtet worden. Was brachte es, wenn jemand
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