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Das Blut Von Brooklyn

Das Blut Von Brooklyn

Titel: Das Blut Von Brooklyn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlie Huston
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ihr den linken Ellbogen ins Genick und will gerade nach dem Pflock auf dem Armaturenbrett greifen, als sich Stretchs Zähne in meinen linken Oberschenkel bohren. Ich trete nach ihm, packe seinen Kopf mit beiden Händen und reiße ihn zur Seite. Er spuckt ein Stück meines Beins aus, zischt und kotzt, weil er das Vyrus geschmeckt hat. Ich werfe ihn auf die Ladefläche, dann leuchten grelle Scheinwerfer durch die Windschutzscheibe und etwas Großes, Schweres rammt uns. Die Tür neben mir verbiegt sich, und Vendetta wird durch die Kabine auf den Beifahrersitz geschleudert. Stretch klettert über den Fahrersitz auf meinen gekrümmten Rücken. Leute steigen aus den großen Autos, die uns gerammt haben. Ich versuche mich aufzurichten, wobei das Lenkrad gegen das klaffende Loch in meinem Bein gedrückt wird. Ich presse Stretch gegen die Decke und strecke den Arm aus, bis ich den Pflock auf dem Armaturenbrett erreichen und ihn Vendetta zwischen Schultern und Hals rammen kann, als sie sich noch einmal auf mich stürzt. Ihr Schwung wirft mich gegen die verbeulte Tür, und die Glassplitter des kaputten Fensters auf der Fahrerseite schneiden in Stretchs Haut. Ich drehe den Pflock mit meiner Hand so weit herum, dass Vendettas Schlüsselbein bricht und die Knochenstücke sich durch ihre Haut bohren. Als ich den Pflock wieder herausziehe, spritzt ihr Blut auf die Windschutzscheibe und färbt sie rot, so dass die Scheinwerfer dahinter wie Feuer glühen.
    Dann haben sie den Lieferwagen erreicht und dringen durch die Heckklappe und die Beifahrertür ein. Sie ziehen Stretch aus dem Fenster, reißen die verbogene Fahrertür auf, stürzen sich auf mich, schneiden mich, zerren an mir und prügeln auf mich ein.
    Sie legen mir Lederriemen um die Arme, damit ich sie nicht mehr schlagen kann, um die Beine, damit ich nicht mehr treten kann, und um meinen Kopf und zwischen meine Zähne, damit ich sie nicht mehr beißen kann.
    Einer rennt schreiend auf mich zu und schwingt eine kleine Axt.
    – Chaim! Chaim!
    Die anderen packen ihn und reißen ihn zu Boden. Alle miteinander verlieren bei dem Handgemenge ihre Fedora-Hüte, jedoch nicht die Kippas, die sie in ihrem Haar befestigt haben.
    Stretch reißt sich los, rennt auf Vendetta zu, die ausgestreckt auf dem Gehweg liegt und versucht, die Knochen wieder unter ihre Haut zu schieben.
    – Keine Angst, Goldstück.
    Ein großer Mann steht auf, klopft seinen Hut ab, setzt ihn wieder auf und rückt sich seine Weste und die Quasten darunter zurecht.
    – Entfernt ihn von diesem Mädchen.
    Stretch hält die blutende Vendetta im Arm. An seinen Lippen klebt mein Fleisch.
    – Zum Teufel mit dir, Axler. Deine Cousine verblutet hier, also lass gefälligst ihren Vater zufrieden. Bring mich zu deinem Dad. Ich will meine andere Tochter wiederhaben.
    Den Rest des Familientreffens verpasse ich leider, weil ein Kofferraumdeckel über mir zugeknallt wird.
     
    – Töte sie.
    – Bald, Selig.
    – Töte sie jetzt.
    – Dein Bruder, Selig. Vergiss deinen Bruder nicht.
    – Ich denke nur an ihn. An nichts anderes. Töte sie.
    Der lange Dürre legt dem kleinen Dicken die Hände auf die Schultern.
    – Selig, wir können sie nicht hier und jetzt umbringen. Das würde Chaim auch nichts mehr nützen.
    Selig reißt sich los, dreht sich um und geht mit ausgebreiteten Armen durch die Grabsteinreihen.
    – Ich weiß nicht. Ich weiß nicht, was das Beste für meinen Bruder ist. Seinen Tod zu rächen, das wäre das Beste. Seinen Körper zu haben, das wäre das Beste. Doch sein Körper ist verstreut und verbrannt. Eine anständige Beerdigung, mit Gebeten und Totenwache, das wäre das Beste. Aber das hier ist nicht richtig, Axler. Es ist nicht richtig. Ich wollte nicht, dass es so kommt. Chaim wollte es. Deshalb bin ich überhaupt nur mitgekommen. Um ihn zu beschützen. Zu spät. Was macht es schon, wenn wir sie jetzt umbringen? Hier? Nur das wäre richtig. Es gibt kein Recht mehr auf dieser Welt.
    Axler geht auf ihn zu, packt ihn am Kragen seines langen schwarzen Mantels und schüttelt ihn.
    – Schweig, Feigling. Schweig. Dein Bruder ist ein Held. Ein Krieger. Du bist ein Feigling. Schweig. Hör auf, seinen Namen in den Mund zu nehmen. Du willst sie umbringen? Du hättest bei deinem Bruder sein sollen, als er vorneweg in das Zelt gestürmt ist. Da hättest du sie töten können. Erst später, als alles vorbei war, da bist du plötzlich mutig geworden. Feigling. Hilf, deinen Bruder zu begraben, und überlass die Vergeltung den

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