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Das Blut von Magenza

Das Blut von Magenza

Titel: Das Blut von Magenza Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Platz
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sah, wie sich ein Unbekannter an eurem Verschlag zu schaffen machte und dachte, er wolle etwas stehlen oder sogar einbrechen. Und da habe ich mich vergewissert, dass alles seine Ordnung hat“, rechtfertigte er sich Sara gegenüber.
    „Das hast du auf recht eigenwillige Weise getan, wenn ich das anmerken darf“, beschwerte sich Jonah, dessen Brustkorb noch immer schmerzte.
    „Ich bedauere es wirklich. Manchmal schätze ich meine Kräfte falsch ein. Ich hoffe, ich habe dir nicht zu sehr wehgetan.“
    „Es geht so“, presste Jonah hervor.
    Sara versuchte zu schlichten. „Das war sehr aufmerksamvon dir, Widukind. Hab vielen Dank, aber Jonah ist soeben angekommen und wird einige Tage bleiben. Du wirst dich an ihn gewöhnen müssen.“
    „Ich werde euch nicht wieder behelligen“, versprach er und zog sich kleinlaut zurück.
    „Dein Nachbar scheint äußerst aufmerksam und zudem noch hilfsbereit zu sein“, stellte Jonah fest.
    „Ja, und wie es scheint, hat er einen ausgeprägten Beschützerinstinkt. Ich bin nicht die Erste, der er beisteht“, bestätigte Sara. „Hier ist ein Knochen für deinen Hund, damit er Ruhe gibt.“
    Jonah öffnete den Verschlag erneut und warf ihm das Fressen zu. Das Bellen verstummte sofort.
    Nach dem Essen bot Sara ihm eine Unterkunft an. Jonah zögerte nicht lange und sagte zu. An diesem Abend vermied er es, seinen Gastgebern den wahren Grund seines Kommens zu verraten. Erst sollte der Parnass unterrichtet werden, bevor andere Gemeindemitglieder etwas davon erfuhren.
    Erzbischöflicher Palast
    Seit Ruthard sich mit Griseldis getroffen hatte, spürte er eine nie gekannte Unruhe. Tagsüber musste er ständig an sie denken und konnte sich kaum auf seine Amtsgeschäfte konzentrieren. Nachts schlich sie sich in seine Träume und raubte ihm den Schlaf. Er schätzte ihre freundliche Art und ihre Bereitschaft ihm zuzuhören, aber es war ihr Körper, der ihn erregte und Begierde in ihm weckte. Oft erwachte er mit klopfendem Herzen und voller Wollust und wünschte sich, sie läge neben ihm. Er wusste, dass seine Gedanken gotteslästerliche Sünde waren, und suchteAblenkung im Gebet und in der Bibel, aber es gelang ihm nicht, sie aus seinen Fantasien zu verdrängen.
    Bisher hatte er es nie bereut, sein Leben Gott geweiht zu haben. Selbst die einsamsten Stunden hatte er allein durchgestanden. Aber die Tage, in denen er sich jemanden an seiner Seite wünschte, mit dem er seine persönlichen Sorgen teilen konnte, häuften sich. Zwar gab es Embricho, Conrad und die Herren des Domkapitels, mit denen er sich beriet, doch sie sahen in ihm immer nur den Erzbischof – nie den Menschen. Ganz anders Griseldis; sie vermittelte ihm das Gefühl, mehr zu sein als ein Mann in seinem Amt. In ihrer Gegenwart hatte er sich ungeheuer wohlgefühlt und so unbeschwert wie schon lange nicht mehr. Er sehnte sich nach weiteren Stunden mit ihr, wusste aber gleichzeitig, dass er einen riskanten Weg einschlug. Denn in seinen Lenden wütete ein Feuer, wie er es selbst in jungen Jahren nicht verspürt hatte. Er musste sich eingestehen, dass nicht nur sein Fleisch, sondern auch sein Geist jede Stunde schwächer wurde. Wie konnte ein Weib nur eine solche Macht über ihn haben?
    Wie üblich sah Friedbert um diese Uhrzeit nach ihm. Er betrachtete seinen grübelnden Herrn und ahnte den Zwiespalt, in dem er sich befand. Er glaubte auch den Grund dafür zu kennen. Seit er Griseldis zu ihm gebracht hatte, brütete Ruthard oft stundenlang vor sich hin. Hatte er früher an den Abenden gelesen, um sich zu zerstreuen, lagen die Bücher nun unberührt auf dem Stapel. Er aß auch nur noch unregelmäßig, sodass Friedbert ihn an die Mahlzeiten erinnern musste.
    „Herr, Ihr habt seit dem Morgen nichts mehr zu Euch genommen. Habt Ihr keinen Hunger?“
    „Nein, mir fehlt der Appetit. “
    Friedbert wagte nicht, weiter in ihn zu dringen, und wollte sich schon diskret zurückziehen, als der Erzbischof ihn zurückhielt. „Seit einigen Tagen fühle ich mich einsam. Früher machte mir das nichts aus, aber jetzt kann ich das Alleinsein kaum noch ertragen.“
    Friedbert hüstelte verlegen. Die ungewohnte Offenheit des Erzbischofs überforderte ihn. Er wusste nicht, was er antworten sollte, und meinte stattdessen: „Möchtet Ihr vielleicht einen Becher Wein? Soll ich Euch Conrad schicken? Oder verlangt es Euch nach Musikanten?“
    Ruthard blieb ihm die Antwort zunächst schuldig. Er stand auf, trat vor das Kruzifix und legte seine Hand auf die

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