Das Blut von Magenza
Zeit zu mir?“, fragte er, während er sie hereinbat.
„Ich habe ein Anliegen und brauche deinen Rat sowie deine Hilfe. Soeben bat mich Cathrein, die Frau von Lorentz, um einen Kredit. Ihr Mann ist verletzt und muss das Bett hüten und so fehlen ihnen die Einkünfte. Sie brachte mir Wein mit, den du für mich kosten sollst.“
„Das tu ich doch gern“, meinte er, schenkte sich ein, schnupperte an ihm und betrachtete seine Farbe. Nachdem er probiert hatte, bestätigte er Annas Ansicht. „Er ist völlig in Ordnung. Wenn der neue Wein genauso wird, machst du ein gutes Geschäft.“
„Dann kommst du morgen mit mir, um Weinberge und Keller zu besichtigen?“
„Das werde ich. Vor allem im Winter ist nicht viel zu tun. Da ziehen sich die Tage ewig in die Länge und mir ist jede Abwechslung recht.“
„Noch weiß Lorentz nicht, dass seine Frau zu mir kam. Mir wäre lieb, du würdest an meiner Stelle mit ihm verhandeln. Er ist derjenige, der den Vertrag unterzeichnen muss, und ich weiß nicht, ob er Frauen gegenüber Vorbehalte hat.“
„Lass mich nur machen, im Überreden bin ich gut “, beschwichtigte er sie. „Ich werde ihn schon überzeugen. Es geht immerhin um die Existenz seiner Familie! Wie hoch wird die Tilgung sein?“
„Ich halte ein Fuder Wein für angemessen. Das entspricht ungefähr einem Zehntel der Jahresmenge.“
„Das sind gute Konditionen. Er wird sie bestimmt annehmen.“
„Es ist schon spät, ich muss jetzt gehen.“
„Ich begleite dich“, sagte er und brachte sie nach Hause.
Sara warf einen letzten Blick in die Schlafkammer ihrer Mutter und ging dann zu Bett, das kalt und verwaist war. Wie jeden Abend tastete sie mit der Hand nach Immanuels Seite.
Donnerstag, 20. Dezember 1095, 21. Tewet 4856
Speyer
Hanno war früh aufgebrochen und begann mit seinen Nachforschungen in der Kernstadt. Dabei führte ihn sein Weg auch am Dom vorbei, der größer und prächtiger war als der seiner Heimatstadt. König Konrad II. hatte ihn erbauen lassen und war dort mit seiner Gemahlin Gisela beigesetzt. Kaiser Heinrich IV. erwies sich wie sein Vorgänger als Gönner und ließ umfangreiche Verschönerungsmaßnahmen vornehmen wie Blendbögen und eine Zwerggalerie.
Hanno erkundigte sich in den Schenken nach Landwyn und ließ dabei etliche Münzen springen, doch keiner schien ihn zu kennen. Er wollte die Hoffnung schon aufgeben, als er ein Wirtshaus fand, in dem man sich an ihn erinnerte.
„Sicher weiß ich, wer Landwyn ist. Er war der Knappe eines Ritters, der hier starb. Jetzt verdingt er sich bis zum Frühling bei Hermann, der ein Landgut außerhalb der Stadt besitzt“, erfuhr er vom Wirt.
„Wie finde ich dorthin?“
„Folge der Straße Richtung Westen. Irgendwann stößt du darauf. Darf´s jetzt was zu essen sein?“
„Erst muss ich mit Landwyn reden, dann komm ich wieder“, meinte Hanno und ging. Der Wirt schaute ihm mürrisch hinterher, denn er glaubte nicht an ein Wiedersehen.
Einige Zeit später hatte Hanno das Landgut gefunden und sprach mit dem Knappen. Landwyn war ein aufgeweckter, nicht sonderlich großer Bursche, der ans Arbeiten gewöhnt schien. Er hatte wache, graue Augen, denen nichts entging und mit denen er Hanno nun kritisch musterte.
„Ich bin ein Dienstmann des Erzbischofs von Mainz. Dukannst mir möglicherweise wichtige Auskünfte geben“, stellte sich Hanno vor.
„Was könnte ich dir schon zu sagen haben? Ich kenn dich ja nicht einmal“, meinte Landwyn abweisend.
„Es geht um deinen früheren Herrn. Ich würde gern wissen, was in jener Nacht vorfiel, als er starb.“
„Warum sollte ich dir das sagen?“, erwiderte Landwyn lauernd.
Hanno wurde ungeduldig. Er baute sich vor dem Burschen drohend auf. „Weil ich durch den Erzbischof befugt bin und weil der Name deines Herrn möglicherweise in Zusammenhang mit einem Mord steht.“
Das war zwar maßlos übertrieben, aber das konnte Landwyn ja nicht wissen. Er erbleichte und wurde plötzlich kleinlaut. „Mein Herr hat keinen Mord begangen!“
„Das habe ich auch nicht behauptet. Beantworte einfach meine Fragen und dann lasse ich dich in Ruhe. Also nenn mir den Grund eurer Reise und sag mir, wie er starb.“
Bereitwillig erteilte er jetzt Auskunft. „Wir kamen aus Italien. Mein Herr, Edelbert war sein Name, sollte im Auftrag des Kaisers bei einigen deutschen Fürsten vorsprechen und um Unterstützung im Kampf gegen seine Widersacher bitten. Viel konnte er nicht erreichen, denn er starb zuvor, aber er traf
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