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Das Blut von Magenza

Das Blut von Magenza

Titel: Das Blut von Magenza Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Platz
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„Ich muss mich wohl an der Spindel verletzt haben, ohne es zu bemerken“, meinte sie leichthin und tupfte das Blut mit einem Tüchlein ab.

Samstag, 22. Dezember 1095, 23. Tewet 4856
    Oppenheim
    Wolff war auf einem Boot nach Oppenheim gekommen, was die Reise deutlich verkürzte und ihm auch unliebsame Begegnungen ersparte. Der Ort gefiel ihm und er beschloss, die Feiertage hier zu verbringen. Unauffällig hörte er sich um, ob Gerüchte über den Mord an Anselm kursierten, aber niemand schien etwas darüber zu wissen. Das beruhigte ihn. Im Nachhinein erschien ihm dieser Fremde weit weniger gefährlich und er beschwichtigte sich mit dem Gedanken, dass er das Gespräch missdeutet und deshalb falsche Schlüsse gezogen hatte.
    Wolff fand einen Schlafplatz in einem Kloster und sogar eine Badestube, was ihn sehr überraschte. Hier hatte er nicht mit einer solchen Einrichtung gerechnet, aber er freute sich auf einen Besuch. Samstags war üblicherweise Badetag und Wolff ging zuerst in einen Raum mit heißer Luft, der ihm gehörig den Schweiß aus den Poren trieb. Nachdem er genug geschwitzt hatte, wechselte er hinüber in die eigentliche Badestube. Dort stieg er in einen großen Holzzuber und ließ sich bis ans Kinn ins gut temperierte Wasser gleiten. Die wohlige Wärme machte ihn schläfrig und er nahm das Geschnatter um sich herum kaum noch wahr.
    Er war kurz davor einzudösen und von einem guten Essen zu träumen, als ihn eine altbekannte Stimme jäh in die Wirklichkeit zurückholte. „Da soll mich doch der Blitz treffen. Wenn das nicht der meineidige Lump von Wolff ist. Wie ich sehe, hast du dir den Bart wieder abrasiert. Glaubst wohl, ich würde dich dann nicht erkennen“, feixte Hartwig höhnisch, während er splitterfasernackt vor ihm stand.
    Erschrocken setzte Wolff sich auf und starrte auf Hartwig, der ohne Rücksicht auf die anderen Badegäste zu seinem ehemaligen Gefährten in den Zuber stieg und sich unaufgefordert neben ihn setzte. „Hast du wirklich geglaubt, du kannst mich so einfach abschütteln? Dazu bedarf es mehr als einer Hure und eines entführten Gauls. Im Gegensatz zu dir hat mich mein Pferd aber nicht im Stich gelassen. Es kam brav wieder angetrabt“, zischte Hartwig in scharfem Ton.
    Wolff bewahrte Fassung und ließ sich seine Verärgerung nicht anmerken. Gelassen meinte er nur: „Wie hast du mich gefunden?“
    „Ich hab dich nicht gezielt gesucht, falls du das denkst. Es ist purer Zufall.“
    „Ich glaube nicht an Zufälle“, erwiderte Wolff.
    „Glaub, was du willst, aber so ist es. Ich hielt es für eine gute Idee, nach Mainz zu reiten. Dort war ich nämlich noch nicht. Zudem habe ich angenommen, dass du die Stadt aus verständlichen Gründen meiden würdest. Oder solltest du so leichtsinnig sein, dich dorthin zu begeben, wo ausgerechnet der Bischof residiert, dessen Mönch du ins Jenseits befördert hast?“, flüsterte er mit gesenkter Stimme direkt in Wolffs Ohr.
    Hartwigs unflätiges Benehmen trieb die anderen Badenden nach und nach aus dem Zuber, sodass Wolff und er bald unter sich waren.
    Wolff blieb weiterhin ruhig. „Du kennst mich doch, ich habe die Gefahr noch nie gescheut.“
    „Vor ein paar Tagen hat sich das aber noch ganz anders angehört. Da hat dich dein schlechtes Gewissen regelrecht aufgefressen.“
    „Man wird seine Meinung ja wohl noch ändern dürfen!“,erwiderte Wolff barsch.
    Er glaubte nicht, dass Hartwig zufällig nach Mainz wollte. Dahinter steckte Kalkül, denn allem, was er tat, lag Berechnung zugrunde. Auf einmal erinnerte sich Wolff an jene Nacht, in der ihn bleierne Müdigkeit bis weit in den Morgen schlafen ließ. Sollte Hartwig etwa nachgeholfen haben, um seine Sachen durchsuchen zu können? Zuzutrauen wäre es ihm. Aber er konnte nicht lesen. Wie also hätte er Anselms Notiz entziffern können?
    „Da wir nun wieder vereint sind, sollten wir doch zusammen weiterreisen, findest du nicht? Unsere Gemeinschaft war doch recht einträglich und könnte es auch in Zukunft wieder sein“, schlug Hartwig mit lauerndem Unterton vor.
    „Meinetwegen“, seufzte Wolff gelassen, obwohl er sich insgeheim anders entschieden hatte. Mit undurchdringlicher Miene überlegte er, wie er Hartwig loswerden könnte, dieses Mal allerdings endgültig.
    Frankreich
    Jonah hatte den Wald hinter sich gelassen, ohne noch einmal von seinen Geistern bedrängt worden zu sein. Seine Angst, hinter jedem Baum könnte ein Kreuzfahrer mit gezückter Waffe stehen, um ihn zu töten, hatte

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