Das Blut von Magenza
Steinmetz. „Hab nur Gottvertrauen.“
Hanno seufzte, er wusste nicht einmal, ob er jemals welches besessen hatte. „Ich gebe mir Mühe. Eines Tages werde ich meine Schuld begleichen.“
„Lass gut sein“, wehrte Widukind ab, dem so viel Lob an einem Tag nicht geheuer war. „Du schuldest mir nichts! Ich tat nur das, was getan werden musste. Und nun gehab dichwohl, Adam.“
„Du dich auch“, wünschte dieser ihm und winkte ihn zu sich. „Ich glaube allerdings nicht, dass ich tatsächlich Adam heiße. Der Name widerstrebt mir. Doch ich wage es nicht, Agnes oder deiner Schwester zu widersprechen“, flüsterte er.
„Das wäre auch nicht klug“, bestätigte ihm Widukind lachend und ging dann zu seiner Schwester, die am Fenster gestanden und in den Hof geschaut hatte.
Er drückte sie und sie hielt ihn fest. „Was wirst du tun?“, fragte er leise und spielte auf ihre Zukunftspläne an.
„Ich bin mir unsicherer denn je“, gab sie zu.
„Übereile nichts“, riet er ihr und das versprach sie.
Der Abschied von Alheyt und Agnes geschah unter tränenreichen Worten und er musste geloben, spätestens an Ostern wiederzukommen.
Dann lieh er sich wieder den Braunen und erreichte Mainz, dieses Mal ohne nennenswerte Zwischenfälle.
Mainz, in der Stadt
Nachdem er das Tier untergestellt hatte, ging er zuerst nach Hause, wo er ein Feuer machte. Nach Sonnenuntergang suchte er Ibrahim im Judenviertel auf.
„Wie ich sehe, gab es eine kleine Komplikation?“, meinte er beim Betrachten der Verletzung.
„Ja“, bestätigte ihm der Steinmetz und erzählte ihm, was vorgefallen war.
„Da hast du wirklich großes Glück gehabt. Wer hat die Wunde mit einem glühenden Eisen verschlossen?“
„Das war Agnes, meine alte Kinderfrau. Es blieb ihr nichts anderes übrig, denn sie hörte nicht auf zu bluten.“
„Das hat sie gut gemacht. Wenn ich jetzt die Fäden entferne, kann es etwas ziehen, aber es tut nicht wirklich weh. Halte den Arm ruhig.“
Der Arzt rieb die Wunde mit einer Tinktur ab, dann nahm er eine Pinzette und ein scharfes Messer zur Hand. Mit der Pinzette hob er jeden Faden einzeln an, durchtrennte ihn und zog ihn dann aus der Naht. Widukind spürte kaum etwas, sah aber dennoch in eine andere Richtung. Ibrahim strich noch etwas Salbe auf die Narbe und legte einen neuen Verband an.
„Das wäre erledigt. Wenn du willst, kannst du ihn morgen früh abnehmen und ab jetzt wieder arbeiten. Aber sei dennoch vorsichtiger als üblich.“
„Endlich! Diese Untätigkeit hat mich fast um den Verstand gebracht. Bevor ich gehe, möchte ich dich noch etwas fragen. Ich habe einen Mann gerettet, der nach einem Überfall nichts mehr von sich weiß, nicht einmal seinen Namen. Die Räuber schlugen hart auf ihn ein, auch auf seinen Kopf. Wird er sich irgendwann wieder erinnern?“
„Diese Schläge können die Ursache für seinen Gedächtnisverlust sein. Es kommt vor, dass es zurückkehrt. Ob er es aber vollständig wiedererhält, kann ich nicht mit Bestimmtheit behaupten. Er muss vor allem Geduld haben, denn oft kommen die Erinnerungen nur langsam und bruchstückhaft.“
Vom Haus des Artzes ging Widukind zu Mathes, dem er seit der Messerstecherei nur einmal einen kurzen Besuch abgestattet hatte. Der Wirt war inzwischen wieder gesund und begrüßte ihn dementsprechend gutgelaunt. „Dich hält es auch nicht lange auf dem Land, oder? Du bist und bleibst eben ein Stadtmensch“, feixte er.
„Da kann ich dir nur zustimmen. Und dir geht es gut?“
„Ich bin wieder ganz der Alte“, bestätigte Mathes, aber der Ausdruck in seinen Augen zeugte von einer Vorsicht, die früher nicht dagewesen war.
„Sanne soll mir etwas zu essen machen und dann wüsste ich gern, was ich während meiner Abwesenheit versäumt habe.“
„Sie hat dir gewiss einiges zu erzählen“, meinte der Wirt. „Dort drüben ist übrigens Archibald“, wies er ihn noch auf den Steinmetzmeister hin.
Widukind setzte sich zu ihm. „Morgen komme ich wieder zur Arbeit.“
„Das freut mich. Wie war es in Battenheim?“, erkundigte sich Archibald.
Widukind erzählte ihm von dem Überfall und dem Sinneswandel seines Vaters.
Mathes war dazugekommen und hörte staunend zu. „Du legst dich in letzter Zeit aber mit einer Menge Leute an“, stellte er fest.
„Ich hab es mir nicht ausgesucht“, entgegnete Widukind leicht gereizt.
„Und dieser Fremde hat keine Ahnung, wer er ist?“, hakte Meister Archibald nach.
„Nein. Weiß vielleicht jemand von Euch,
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