Das blutige Land: Die Götterkriege 3 (German Edition)
haben?
Ich glaubte nicht mehr daran, dass es ein Traum war.
»Du bist ihr zu nahe«, teilte ich ihm mit und wies auf den Raureif, der Serafines Decke immer näher kam.
Er sah zu ihr hin … lange, als würde er über etwas nachsinnen.
Habe ich sie nicht schon einmal in meinen Atem gehüllt ?, fragte er dann. Mir ist so, als ob ich sie kennen sollte.
»Ja, das hast du«, bestätigte ich rau. »Einmal reicht.«
Damals, als wir das Erste Horn der zweiten Legion in diesem Eiskeller gefunden hatten, hatte ich noch nicht gewusst, dass eine der in Stahl und Eis gepanzerten Soldaten Serafine gewesen war. Sie hatte neben dem Sergeanten gesessen, den Kopf an seine Schulter gelehnt, als ob sie schlafen würde. Nur er hatte aufrecht dagesessen, Eiswehr waagrecht auf seinen Knien, und mich durch das Eis und die Jahrhunderte, die uns trennten, angesehen, als hätte er gewusst, dass ich kommen würde. Als ich diesmal fror, war es nicht die Kälte, die von dem Wolf ausging, sondern der Schatten der Erinnerung. Auch ich war damals gestorben. Denn mittlerweile schien es mir sinnlos, daran zu zweifeln, dass Jerbil Konai und ich eine Seele teilten.
Ich habe geschlafen, damals, teilte mir der Wolf mit. Vielleicht hätte ich euer Flehen erhört, wäre ich wach gewesen. Er zog die Lefzen hoch und zeigte seine Fänge. Vielleicht auch nicht. Doch noch während er sprach, verschwand der Raureif und ließ feuchtes Gras zurück.
Gleichzeitig lief ein Schimmern über ihn, und vor mir stand ein blonder Mann, in eine Fellrüstung gekleidet, auf einen Kriegshammer gestützt, gut einen Kopf größer als ich, und musterte mich mit grauen kühlen Augen. Nichts Geisterhaftes war mehr an ihm, ich sah sogar den schwachen Schatten, den das Abendrot ihn werfen ließ.
»Besser so?«, fragte er und kam langsam, hinkend, auf mich zu, um es sich dann vor mir auf meinem Sattel bequem zu machen.
»Danke«, sagte ich. In unseren Tempeln standen die Statuen unserer Götter, sodass wie sie verehren konnten. Wer auch immer diese Statuen einst schuf, hatte es vermocht, sie fast mit Leben zu erfüllen, doch dies war der erste Gott, den ich leibhaftig sah. Bei aller Ehrfurcht, die ich oftmals in den Tempeln unserer Götter verspürte, kam es nicht an das heran, was ich nun spürte. Es war, als ob die Luft nach Schnee roch, die Welt schärfer und klarer gezeichnet wäre, er meine Sinne erfüllte und allein sein Anblick mir die Luft aus der Lunge und die Gedanken aus dem Kopf ziehen würde … ich konnte nur sprachlos dasitzen und starren und mich wundern, warum ich nicht vor ihm auf die Knie fiel.
Dann kratzte er sich hinter dem Ohr.
Der Blick, den er mir dabei zuwarf, warnte mich davor, auch nur das Falsche zu denken.
Zu spät.
Für einen Moment sah ich schon diesen Hammer nach mir fliegen … doch schließlich zuckten seine Lippen.
»Wann gehst du auf die Knie?«, fragte er neugierig, während er sich das besah, was er gefangen hatte, es zwischen den Fingernägeln knackte und dann achtlos wegwarf. »Ist es schon geschehen?«
»Selten«, gab ich zu, während ich ihn meinerseits musterte. »Ich frage mich, warum ich keine Angst vor dir habe.«
Diesmal lachte er. Laut. Unwillkürlich achtete ich auf die Stimmen der anderen, doch sie unterhielten sich weiter, vielleicht dachten sie, das Lachen wäre von mir gekommen.
»Du bist zu stur dazu.«
Damit mochte er recht haben.
»Ich habe dich nicht gerufen, Alter Wolf«, sagte ich dann langsam, jedes Wort sorgsam abwägend. »Zumindest lag es nicht in meiner Absicht. Du bist gekommen, weil du etwas von mir brauchst. Nur weiß ich nicht, was es sein könnte.«
Er musterte mich länger, während seine grauen Augen hin und wieder gelblich schimmerten. »Ich will, dass du mir dienst.«
»Ich diene Soltar.«
»Das eine schließt das andere nicht aus«, teilte er mir mit. »Ich weiß sehr wohl, wem du dienst …« Er schien aus irgendeinem Grund erheitert. »Was ist es nur an den Menschen, dass sie so an ihren Göttern festhalten, die ihnen niemals so offen entgegentreten werden, wie ich es tue? Kürzlich erst hörte ich solches schon einmal. Woher nehmt ihr Menschen nur die Dreistigkeit, einem Gott zu sagen, dass ihr ihm nicht dienen wollt? Sei’s drum.« Er tat eine wegwischende Handbewegung und grinste breit. »Du wirst sie ja noch kennenlernen …«
Ich verstand nicht, was er damit sagen wollte, aber gut … »Was willst du dafür, dass du mir hilfst?«
Er wurde ernst, nein, das traf es nicht ganz,
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