Das Blutschwert
als einer der Boten die ruhigen und sachlichen Fragen des Kaisers beantwortete. Die Worte sprudelten geradezu aus dem Mund des verängstigten Soldaten: »Es sind Legionen von Dämonen, oh Gewaltiger, Vampire und ein wütender Mob von Bauern. Ihr Führer ist ein schreckliches Wesen, das auf der leichtesten Brise schwebt. Sein Gesicht leuchtet grün und glitschig, und er stammt nicht aus Japan.«
Der Hof fuhr entsetzt zurück. Feine Damen wandten sich an ihre Kriegergatten und flehten das Schicksal an, sie nicht zu Witwen zu machen. Andere ballten die Fäuste und fürchteten, den Befehl zu bekommen, gegen derartige Kreaturen zu kämpfen.
Als Kaiser Kammu die Befragung der Boten beendet hatte, wandte sich Sanno an ihn und sagte: »Das ist der böse chinesische Vampirzauberer Chirayoju. Er hat geschworen, dein Blut zu trinken, aber sei versichert, mächtigster Herrscher, dass ich dich beschützen werde.«
Mit einer Hand am Knauf seines Schwertes neigte Kammu zutiefst dankbar sein Haupt. »Ich stehe ewig in deiner Schuld, Sanno«, erwiderte er. »Meine Waffen, Soldaten und Pferde stehen zu deiner Ver fü g un g.«
»Ich habe ein eigenes Heer, das am Fuße der Berge lagert«, antwortete Sanno hochmütig, »aber ich werde dein großzügiges Angebot annehmen, denn kein Heer sollte je Verstärkung ablehnen.« Dann klatschte er in die Hände, und ein eisiger Winterwind fegte durch den Festsaal. Die versammelten Höflinge zitterten in der Kälte, und die ältesten und jüngsten unter ihnen liefen fast blau an, doch Sanno schien nicht zu bemerken, wie sehr sie froren. Er stieß einen schrecklichen Schlachtruf aus, der vom Wind aufgenommen wurde, und dann schrie er ohrenbetäubend laut: »Kommt zu mir! Es ist so weit!«
Der Wind trug seine Worte mit sich. Er durchbrach eine Tür aus Reispapier und hinterließ ein klaffendes Loch. Einen Augenblick später durchbrach er sogar die Mauern des Palastes.
Der Kaiser bemerkte den Schaden und schwieg für einen Moment. Dann wagte er es, sich an den Berggott zu wenden: »Es wäre gut, wenn du dich ihm vor den Toren meiner Burg stellen würdest. Im Inneren der Mauern sind meine Untertanen schutzlos.«
Sanno funkelte den Kaiser wütend an. »Bin ich nicht hier, um dich zu beschützen, oh lebender Gott auf dieser Erde? Willst du etwa, dass ich mein Heer unnötigen Gefahren aussetze, sodass es womöglich besiegt wird? Meine Truppen werden diesen Palast besetzen, und deine Höflinge müssen für sich selbst sorgen.« Dann verbeugte sich Sanno tief, als wollte er ihn verhöhnen, und fügte hinzu: »Dein Leben muss um jeden Preis geschützt werden, Großer Kammu.«
»Dann werde ich die Gefahr teilen«, erklärte Kammu, erhob sich und stieg von dem Podest, auf dem er mit seiner Kaiserin thronte. »Ich werde jetzt meine Rüstung anlegen.«
Sanno nickte zufrieden. Denn es gefiel ihm, dass der Kaiser mit in die Schlacht zog. In Wahrheit war der Hass des Bergkönigs auf Chirayoju so groß, dass es ihn nicht kümmerte, ob Kammus Leben gerettet oder geopfert wurde. Ihn kümmerte auch nicht die Schande, die
Kammus Tod für ihn bedeutet hätte. Er wollte nur den Dämonenvampir tot sehen. Und der Anblick von Kammu, wie er an der Spitze seines eigenen Heeres ritt, würde Sannos Krieger nur noch tapferer kämpfen lassen.
Als der Kaiser den Festsaal verließ, wobei alle bis auf Sanno den Kopf neigten, suchte er nicht die Rüstkammer auf, sondern den Pavillon, in dem Amaterasu wohnte, die Sonnengöttin und Ahnherrin des Kaisers. Sie stand auf einem Podest, trug ein wunderschönes, fließendes Gewand aus scharlachrotem Stoff und hielt ihren Spiegel -ein Teil ihrer königlichen Insignien - in der Hand.
Kammu sank auf die Knie. »Göttliche«, wandte er sich an sie. »Ich fürchte, dass Lord Sanno nicht gekommen ist, um unsere Familie zu beschützen, sondern kein anderes Ziel verfolgt, als den chinesischen Dämon zu besiegen, der auf uns zumarschiert. Ich fürchte, der Bergkönig wird in der Hitze der Schlacht jedes Opfer bringen, um diesen Chirayoju zu töten.«
Der Raum erstrahlte in gleißendem Licht, als Amaterasu von ihrem Podest trat und die Treppe der Plattform herunter stieg, bis sie nur noch eine Stufe von ihrem Nachfahren trennte. Sie war so schön, dass es Kammu schwerfiel, sie auch nur anzusehen, und so hielt er den Blick gesenkt und starrte den Boden an.
»Du bist ein weiser Mann, Kammu«, erklärte die Göttin. »Denn Lord Sanno wird tatsächlich in seinem Hass auf Lord Chirayoju auf
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