Das Blutschwert
Gefolgsleute mögen ihr erbärmliches Dasein fortführen.«
Sannos Herausforderung bestätigte die größten Befürchtungen des Kaisers, was die wahren Absichten des Berggotts betraf. Und die Vorstellung, dass die Oni, die Kappa und die Vampire weiter existieren würden, um seine Untertanen zu ermorden, war ihm unerträglich.
»Niemals!«, donnerte Chirayoju, während er die Burg weiter in Brand setzte. Über zwei Drittel des prächtigen Palastes war bereits den Flammen zum Opfer gefallen, und Kammus Zweitälteste Tochter starb in ihren Gemächern den Feuertod.
Kaiser Kammu richtete sich auf seinem Schlachtross auf und hob die Hände. »Lord Chirayoju!«, rief er, »wie Lord Sanno sagte, wird der Himmel hell. Bald wirst du zusammen mit deinen Vampiren in Flammen auf gehen, genau wie mein Palast und mein Kind. Ich schlage vor, dass ihr beide zu einem Zweikampf antretet. Und ich schwöre, dass ich dir mein Blut schenken werde, wenn du als Sieger hervorgehst.«
»Was machst du da?«, beschimpfte Sanno Kammu.
Der Kaiser senkte seine Stimme und sagte: »Meine Göttliche Ahnherrin hat mir enthüllt, wie man ihn töten kann. Ich werde dich mit diesem Wissen bewaffnen.« Um seine Worte zu bekräftigen, sprach er einige der rituellen Beschwörungs- und Zauberformeln, die ihm Amaterasu in ihrem Spiegel gezeigt hatte. Aber der Kaiser enthüllte ihm nicht, dass er auch wusste, wie man den Berggott besiegte.
Zufrieden, dass er jetzt die Oberhand hatte, schwenkte Sanno seine Banner und brüllte Chirayoju zu: »Dämonenlord, obwohl du eine üble Pest bist, verfügst du auch über große Macht. Ich habe dem Kaiser Kammu geschworen, sein Haus zu beschützen. Doch durch unsere Schlacht zerstören du und ich seinen Palast und töten seine Kinder. Ich schwöre, dass ich mich von dir töten lassen werde, wenn du mich besiegst.«
Chirayoju wirkte interessiert. Während das Ungeheuer hoch über seinen Gefolgsleuten in der Luft schwebte, blickte es zum Horizont. Die Berggipfel schimmerten bereits im ersten fahlen Purpurschein des dämmernden Tages. Vielleicht erkannte er, dass er sich bald zurückziehen musste, wenn er Sanno nicht schnell besiegte, und dann würde sein Rücken schutzlos jedem Schlag des Kaisers und Sannos ausgeliefert sein.
Schließlich sagte er: »Ich nehme deine Herausforderung an. Ich werde allein kommen.«
Sie trafen sich auf dem Burghof. Der große Bergkönig stand am einen Ende und der schreckliche Vampirzauberer am anderen. Noch war der Himmel dunkel, aber das göttliche Licht der Sonne würde bald die Schleier der Nacht vertreiben.
Der Kaiser hatte Sannos Schwert verzaubert, obwohl es als Schwert eines Gottes bereits verzaubert war. Doch nun war es noch mächtiger. Wenn Sanno damit Chirayojus Herz durchbohrte, würde er gewiss sterben.
Chirayoju stellte sich dem Berggott ohne Furcht. Dies war nur eine niedere Gottheit; er aber war fähig, den Himmel selbst zu verschlingen!
Höhnisch machte Chirayoju eine tiefe Verbeugung und dachte: Bald wird dieser Narr sterben. Und dann werde ich nicht nur das Blut dieses tölpelhaften Kaisers trinken, sondern ihn mit Haut und Haaren verspeisen.
Er nahm Kampfhaltung ein und hielt sein eigenes Schwert bereit.
Über ihnen, an den Zinnen, hingen blütenweiße Tücher, wie der Kaiser es angeordnet hatte. Um seinen Kopf trug Kammu ein Band mit Schriftzeichen aus den Zauberformeln, die ihn die Göttin gelehrt hatte, das Wort für Lebenskraft, Ki. Er stand auf geweihten Bambusmatten, und goss Sake - Reiswein - auf das geflochtene Stroh.
Unter ihm stürmten die beiden übernatürlichen Wesen aufeinander los und kreuzten die Klingen über ihren Köpfen. Die Schwerter klirrten, Funken stoben in die Luft wie die Klagelieder der alten Drachen.
Auf der Matte vor dem Kaiser lag sein eigenes Schwert. Wenn es ihm nicht gelang, beide aufzuhalten, würde er sein eigenes Leben den Göttern opfern, damit sie seine arme Nation beschützten. Wie die Göttin es vorhergesagt hatte, bedeutete das einen grässlichen Tod, denn er plante, sich als Strafe für sein Versagen selbst den Bauch aufzuschlitzen. Das aus dieser tödlichen Wunde strömende Blut würde das einzige Blut sein, an dem sich Chirayoju ergötzen konnte.
Aber er betete, dass ihm dieses Schicksal erspart blieb. Er betete, dass er stattdessen Sannos Sieg erlebte - auch wenn er ihn danach verraten musste. Denn er konnte nicht zulassen, dass Sanno weiter auf der Erde wandelte. Der Bergkönig war zu einem bösen Wesen geworden
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