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Das böse Auge

Das böse Auge

Titel: Das böse Auge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Hoffmann
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ein gramgebeugtes Weib, eine Frau in Lumpen, eine Hexe gar – doch nie und nimmer dies.
    Wie an Fäden gezogen, setzte er sich in Bewegung. Die Fremde lächelte ihn an, und die Blicke der großen, grünen Augen waren mehr als bloße Verheißung. Kirschrot war ihr Mund, das lange, geflochtene Haar von der Farbe der aufgehenden Sonne, der wallende Umhang Purpur auf blütenweißem Gewand. Alles an ihr war vollkommene Schönheit.
    »Komm«, sagte sie mit weicher, warmer Stimme, als er vor ihr stand, nicht sicher, ob er träumte oder wachte. Doch die Hand, die nach der seinen griff, war aus Fleisch und Blut. Luxon ließ sich von ihr führen, über die Brücke, hinein in die Burg. Er war wie verzaubert. Er, der sein Leben lang mit den Herzen der Frauen gespielt hatte, schmolz unter ihren Blicken dahin. Er sah kaum die Ungeheuer, die den Burghof bevölkerten und an ihren Ketten zerrten. Cyrle gebot ihnen mit einer Bewegung der Hand. Sie kuschten und zogen sich bis an die Mauern zurück.
    Knarrend schlug das Tor hinter Luxon zu. Für einen Herzschlag nur meldete sich etwas in ihm, wollte ihn aus dem Zauber reißen und wachrütteln.
    Cyrles Lächeln brachte es zum Schweigen.
    Luxon folgte ihr die Stufen einer steinernen Treppe hinauf, über prachtvoll geschmückte Gänge in hell erleuchtete, kostbar ausgestattete Gemächer.
    Nur einmal wandte Cyrle sich von ihm ab, und ihr Lächeln gefror.
    Quida durfte zufrieden sein.
     
     
    5 .
     
    Die Burg stand tief in der Düsterzone, tiefer als das Land der Valunen. Finsternis umfloß die verwitterten, schiefen Mauern und die schlanken, spitzen Türme. Doch hinter den Mauern führte Luxon das Leben eines Königs.
    Er zählte die Tage nicht, versuchte nicht einmal, ihr Kommen und Gehen durch den Wechsel im Grad der Düsternis draußen zu bestimmen. Was bedeutete noch Zeit? Was wollte er mehr als an Cyrles Seite leben? Sicher, irgendwann einmal hatte es Dinge gegeben, die ihm wichtig gewesen waren. Doch das war vorbei.
    Dai hatte versprochen, daß ihre Mutter ihm als Dank für ihre Rettung den Weg aus der Düsterzone weisen würde. Luxon erinnerte sich nur vage daran.
    »Eine Strafe wäre das, keine Belohnung«, murmelte er, als er sich faul auf einem kostbaren Diwan räkelte und die Arme unter den Kopf legte.
    Er blickte sich um, als sähe er die Pracht zum erstenmal. Seine Gemächer boten alles, was sein Herz begehrte. Prachtvolle Leuchter mit nie verlöschenden Kerzen hingen von der Decke herab und warfen ihr warmes Licht auf die mit herrlichen Waffen und goldenen Tellern geschmückten Wände. Der Boden war mit kostbaren Teppichen und Fellen ausgelegt. Von Meisterhand geschnitzte Truhen, Schemel und Stühle aus edelsten Hölzern waren geschmackvoll auf die Räume verteilt. Neben dem Diwan stand ein kleiner Tisch mit Krügen und Bechern darauf.
    Luxon goß sich roten Wein ein und trank mit Genuß.
    Die Zeit wurde ihm nicht lang, auch wenn Cyrle nicht bei ihm war. Manchmal besuchte ihn Dai. Dann saßen sie beisammen und erzählten, spielten oder scherzten.
    Luxon kannte inzwischen den Namen des Zauberers, der Dai und Cyrle so übel mitgespielt und ihnen doch unfreiwillig all diese Wunder hinterlassen hatte. Fürwahr, Naro mochte ein Lump gewesen sein, doch Geschmack hatte er gehabt!
    Kerzen, die nie erloschen, und Wein, der nie versiegte, Fleisch, wann immer man Hunger verspürte, und eine Drachenstreitmacht, die Cyrle und Dai vor allen Gefahren dieses Landes schützte. Was war verwerflich daran, daß Cyrle und Dai sich diese Wunder zu eigen gemacht hatten?
    Nichts, dachte Luxon. Absolut nichts.
    Ab und an stieg er die Treppen zu einem der Türme hinauf und blickte über die Zinnen. Dann sah er sein Reich, sein Land, das nicht länger bedrückend und finster war. Das Feuer, das in seinem Herzen entflammt worden war, bannte die Düsternis.
    Nur manchmal stellte er sich Fragen. Dann wunderte er sich darüber, daß er Dai und Cyrle noch nie zugleich gesehen hatte. Immer war nur eine von ihnen bei ihm. Oder er dachte daran, auf welche Weise seine Flucht verhindert worden war, und fragte sich, ob es nicht gar Cyrles Drachen gewesen sein mochten, die sich auf die bärtigen Krieger stürzten.
    Doch diese Gedanken verflogen schnell wieder, wenn Cyrle zu ihm kam und ihm ihre Liebe schenkte. Selbst wenn sie den Bärtigen ihre Drachen geschickt hätte, so hätte er ihr dafür dankbar sein müssen. Anstatt womöglich in den Kerkern König Andraiuks zu schmachten, war ihm das Leben an der Seite

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