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Das böse Auge

Das böse Auge

Titel: Das böse Auge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Hoffmann
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der betörendsten Frau der Welt geschenkt.
    Es war wie ein Traum. Luxon, der Herzensbrecher, war nun selbst Wachs in Cyrles Händen. Sie wartete mit immer neuen Überraschungen auf, zeigte ihm immer neue Wunder, ließ ihn von einem Wonneschauer in den anderen fallen.
    Was war dagegen alle Macht eines Shallad?
    Luxon trank wieder und erhob sich lächelnd. Unwillkürlich mußte er an Mythor denken. Lebte er noch und jagte seinem Traum von Fronja hinterher? Wie konnte eine andere Frau Cyrle das Wasser reichen?
    Luxon reckte sich und ließ die Hände über die neuen Gewänder gleiten, die ihm Dai nach einem erfrischenden Bad gebracht hatte.
    Er dankte den Göttern dafür, daß sie ihm Necron geschickt hatten, der ihn den Valunen verkaufte. Und er dankte den Valunen dafür, daß sie ihn nicht hatten fliehen lassen.
    Aber jetzt wollte er Cyrle sehen. Zu lange schon war sie fort. Manchmal, wenn er vom Söller in den Innenhof der Burg hinabblickte, sah er sie, wie sie zu ihren Tieren sprach. Sie hatte wahrhaftig vieles von Naro gelernt. Aber wo war sie jetzt? Wo war Dai?
    »Cyrle!«
    Luxon schlug den schweren Samt der Vorhänge zurück, die seine Gemächer abteilten. Er trat auf den Gang hinaus und schritt die Treppe zur Halle hinab.
    »Cyrle? Dai?«
    Er erhielt keine Antwort. Ab und an kam es auch vor, daß Cyrle auf dem Rücken eines Drachen Streifzüge unternahm. Vielleicht war sie auch jetzt wieder unterwegs. Dais Worte, daß Dais Mutter nie die Burg verlassen dürfe, waren ebenso vergessen wie vieles andere.
    Luxon nahm eine Frucht aus einer Schale und biß hinein. Woher sie kamen, interessierte ihn nicht. Sie waren da, und sie schmeckten.
    Er verließ die Halle. Auf dem Burghof drängten sich die Tiere und fauchten, knurrten und scharrten mit den Füßen, als sie ihn sahen. Luxon warf einem von ihnen die Frucht hin und lachte.
    »Cyrle!«
    Wieder mußte er vergeblich auf Antwort warten. Sie war also nicht in der Burg. Luxon zuckte die Schultern und ging in die Halle zurück. Eigentlich hatte er noch zuwenig von der Burg gesehen. Dies war eine Gelegenheit, sich weiter umzuschauen. Und irgendwie mußte er sich ja die Zeit vertreiben.
    Zwei breite Treppen lagen sich am Ende der Halle gegenüber. Die eine führte zu Luxons und Cyrles Gemächern. Die andere aber…
    Er hatte sie noch nie betreten. Warum eigentlich nicht?
    Luxons Neugier erwachte. Er nahm sich eine neue Frucht und stieg die Stufen hinauf. Dann stand er auf einem dunklen Gang, dessen Boden kahl und staubig war. Das verwunderte ihn. Doch auch hierfür fand er bald eine Erklärung. Sicher hatte hier der Zauberer gelebt, und Cyrle und Dai scheuten sich davor, diesen Teil der Burg zu betreten.
    Die Abenteuerlust erwachte in ihm.
    Naro war tot. Was sollte ihn also daran hindern, sich hier umzusehen?
    Er stieg die Treppe hinab, bis er einen Halter erreichte, und nahm die Kerze heraus. Mit ihr leuchtend, machte er sich erneut auf den Weg.
    Nicht nur der Boden war hier voller Staub. Auch die Truhen waren dick davon bedeckt. In den Leuchtern an den Wänden befanden sich halb heruntergebrannte Kerzen. Luxon zuckte die Schultern und zündete sie an. Im Dunkeln war ihm doch nicht ganz wohl. Er ging weiter. Die Wände waren aus Stein und ohne jegliche Verzierung, die Türen zu beiden Seiten aus moderndem Holz und eisenbeschlagen.
    Vor einer von ihnen blieb Luxon stehen. Zögernd streckte er die Hand nach dem Griff aus. Er war nicht mehr ganz so selbstsicher wie noch vorhin.
    »Unsinn«, sagte er zu sich. »Was soll mir schon geschehen?«
    Seine freie Hand schloß sich um den Griff und drückte ihn hinunter. Knarrend schwang die schwere Tür auf. Die Kerze leuchtete in ein finsteres Gemach. Im Lichtschein waren kleine, farblose Tiere zu sehen, die sich schnell in Mauerritzen und hinter Truhen verkrochen. Spinnennetze spannten sich unter der Decke. Angewidert machte Luxon einen Schritt auf den Gang zurück. Es war, als streifte ihn ein eisiger Hauch aus diesem Raum. Vielleicht sollte er nicht hierhergekommen sein.
    Aber das war nun auch seine Burg. Luxon kämpfte die Beklemmung nieder, die ihn ergriffen hatte, trat abermals durch die Tür und blieb vor einer großen Truhe stehen. Auf dem Boden lag ein Stoffetzen. Er bückte sich danach, hob ihn auf und wischte damit Staub und tote Spinnen vom Deckel.
    Er öffnete die Truhe. Sie war unverschlossen. Mit der Kerze leuchtete er hinein und sah – Kleider.
    Sein erster Gedanke war, daß er hier Gewänder des toten Zauberers vor

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