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Das böse Auge

Das böse Auge

Titel: Das böse Auge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Hoffmann
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sich hatte. Dann jedoch stutzte er. Er zog eines heraus und betrachtete es eingehend.
    Aber das war ein Frauengewand!
    Schnell legte er es zurück und schloß die Truhe. Unschlüssig blieb er davor stehen.
    Ein schmutziges, altes Frauengewand. Cyrle würde solche Lumpen niemals tragen. Doch wem gehörte es dann?
    Noch einmal überwand er sich und holte es hervor. Jetzt sah er, daß es mit magischen Symbolen bestickt war. Hatte Naro denn eine Gefährtin gehabt? Hatte er nicht, wie Dai ihm erzählte, allein in der Burg gehaust?
    Luxon wurde immer unsicherer. Er wußte nicht, was er von seiner Entdeckung halten sollte. Gerade als er auf den Gang hinaustreten und sich in den anderen Kammern umsehen wollte, ließ ihn ein Geräusch zusammenschrecken.
    Langsam drehte er sich um. Ein Seufzer der Erleichterung löste sich von seinen Lippen, als er Cyrle im Eingang stehen sah.
    Doch diesmal lächelte sie nicht. Luxons Freude verflog, als er die Sorgenfalten auf ihrer bleichen Stirn sah.
    »Warum bist du hierhergekommen?« fragte Cyrle.
    »Ich…« Er schluckte.
    Warum eigentlich?
    »Ich wollte dir dies ersparen«, sagte sie. »Deshalb führte ich dich nie in diesen Teil der Burg. Er ist verwunschen. Du hast die Kleider gesehen?«
    Luxon nickte.
    Sie seufzte und nahm ihn bei der Hand.
    »Komm mit mir zurück, mein Prinz. Komm ins Licht und vergiß diese Kammern. Ja, Naro wurde von Zeit zu Zeit von Hexen besucht. Dann sperrte er Dai und mich in die Verliese. Aber wir hörten ihr Lachen und ihre schaurigen Gesänge und Beschwörungen durch die dicksten Mauern hindurch. Ich… ich möchte nicht daran erinnert werden.«
    Und wieder glaubte er ihr. Er ließ sich von ihr zurück in seine Gemächer führen. Mit dem hellen Licht kehrte auch das Leben in ihr wunderschönes, bleiches Antlitz zurück. Doch immer noch konnte sich Luxon des Eindrucks nicht erwehren, daß sie Sorgen hatte.
    »Dich bekümmert etwas«, sagte er. »Willst du mir nicht sagen, was es ist?«
    Sie schüttelte den Kopf. Dann lachte sie und zog ihn zu sich auf die dicken Felle, wo sie sich liebten und Luxon alles vergaß, das nicht in diesen wunderbaren Traum passen wollte.
    Sie tranken und redeten. Cyrles Augen leuchteten, und wieder war Luxon voll und ganz in ihren Bann geschlagen. So verbrachten sie wohl einen halben Tag, bis Luxons Magen sich bemerkbar machte.
    »Du hast Hunger, mein Prinz«, sagte sie. »Komm, die Tafel ist gedeckt.«
    »Wer hat das getan? Dai?«
    Cyrle lächelte schelmenhaft. Auch das liebte er so an ihr. Sie schüttelte in gespieltem Vorwurf den Kopf.
    »Hast du immer noch nicht gelernt, daß zuviel Fragen nur Trübsal bringt? Naro hat uns dies beschert.« Sie blickte ihn spöttisch an. »Er konnte all den Zauber, der ihm das Leben versüßte, nicht mehr aufheben, als er starb.«
    Als sie sich an der langen Tafel gegenüber saßen, aßen und tranken, fragte er:
    »Warum speist Dai niemals mit uns?«
    »Soll ich etwa auf meine eigene Tochter eifersüchtig werden?« wich sie aus.
    Er lachte und gab sich damit zufrieden. Doch dann sah er wieder die Sorge auf ihrem Gesicht.
    »Du hast mich gefragt, ob mich etwas bedrückte, Luxon«, sagte sie. »Es stimmt. Ich habe Angst, dich zu verlieren.«
    »Aber das ist…!« Er konnte nicht fassen, daß sie so redete. »Das ist ganz und gar lächerlich, Liebste! Nie käme mir der Gedanke, dich zu verlassen. Und wohin sollte ich wohl gehen?«
    Sie kam zu ihm herüber, hockte sich neben ihm auf den Boden und nahm seine Hand.
    »Ich weiß, daß du mich nicht verlassen würdest, nicht aus eigenem Willen.«
    Sie sah ihn wieder aus diesen unergründlichen, grünen Augen an. Er konnte ihre Traurigkeit nicht ertragen. Alles wollte er dafür geben, daß sie wieder lachte.
    »Dann vergiß es doch«, sagte er. Er strich durch ihr rotes, nun offen auf die Schultern herabhängendes Haar und küßte sie. »Vergiß es. Wer sollte uns jemals trennen?«
    »Die Valunen«, antwortete sie.
    Luxon schrak zusammen.
    »Was redest du dir ein? Die Valunen sind weit!«
    »Nein, Luxon. Sie werden kommen und versuchen, dich mir wieder zu rauben. Sie sind unterwegs hierher.«
    »Cyrle!« Er nahm ihr Gesicht in beide Hände und sah sie ernst an. »Das bildest du dir ein, ganz bestimmt!«
    Cyrle löste sich von ihm und stand auf. Unruhig ging sie neben der Tafel auf und ab. Als sie wieder vor ihm stand, erschrak er vor dem Feuer, das plötzlich in ihren Augen brannte.
    »Ich habe sie gesehen!« stieß sie hervor, und alle Sanftmut war aus

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