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Das boese Blut der Donna Luna

Das boese Blut der Donna Luna

Titel: Das boese Blut der Donna Luna Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rosa Cerrato
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ein rechter Hand gelegenes Arbeitszimmer. Ein großer Raum, eingerichtet wie eine Anwaltskanzlei aus früheren Zeiten, mit zwei wuchtigen, gelblich verglasten Gründerzeitregalen, dunklen ledernen Polsterstühlen mit hohen Lehnen und einem dazu passenden Schreibtisch mit Löwenfüßen. Die Atmosphäre war düster, beklemmend. Die Fenstertür hinter den gestärkten, bodenlangen Stickgardinen war leicht angelehnt, links und rechts davon hingen schwere, verschossene Brokatvorhänge. Ein Geruch nach alten Büchern, verwelkten Blumen, nach ... Friedhof hing in der Luft, schoss es Marco durch den Kopf.
    Was für ein Blödsinn! Ich bin regelrecht besessen von der Arbeit, von den Morden, von dem Grauen, in dem wir Tag für Tag herumwühlen.  Verärgert über die finstere Assoziation, versuchte er sich durch die Stiche an der Wand abzulenken. Vor der an manchen Stellen brüchigen Seidentapete hing eine beachtliche Sammlung von Genueser Stadtansichten, sehr wertvollen, so urteilte Marco, der genug von der Materie verstand, um zu erkennen, dass die Stiche authentisch waren und ein kleines Vermögen wert sein mussten. Er versuchte, nicht an Luciana zu denken.
    Am Tag zuvor, als er unangekündigt bei ihr vorbeigegangen war, um mit ihr zu reden und sie umzustimmen, war sie ihm wie eine Fremde erschienen, es sei aus, hatte sie ihn angeschrien, mit einer Stimme, die nicht wiederzuerkennen war. Peinlich berührt dachte er an den sinnlosen Versuch, sie in die Arme zu nehmen, sie gewaltsam an sich zu drücken, an ihre heiseren, hysterischen Schreie, die Heftigkeit, mit der sie ihn zurückgestoßen, ihm in die Lippe gebissen hatte – unwillkürlich tastete er nach der Verletzung, an seine Flucht aus der Wohnung, die sie jahrelang geteilt hatten. »Du Schwein!«, hatte sie ihm hinterhergebrüllt, und er war irgendwo im Hafen gelandet, hatte sich bei der Hitze tatsächlich wie ein Schwein besoffen und sich dann eine Nutte gesucht. Er hatte eine blutjunge gefunden, er hätte sie nicht einmal wiedererkannt noch gewusst, aus welchem Winkel der Erde sie stammte, er erinnerte sich nur vage, dass sie ihn bis zu ihrer winzigen Parterrewohnung in irgendeiner verkommenen Altstadtgasse geschleift hatte. Er hatte sie mit Gewalt genommen, hatte sich vorgestellt, Luciana zu ficken, ihr wehzutun. Danach – er bemühte sich, die wirren, zusammenhanglosen Bilder in eine Reihenfolge zu bringen – musste er auf dem Bett zusammengebrochen und eingeschlafen sein.
    Am Morgen war er in einer finsteren, engen Gasse zwischen Hundescheiße und Müll erwacht, der aus den vollgstopften Containern quoll. Wer weiß, wer ihn dorthin gebracht hatte, das Geld war aus seinem Portemonnaie verschwunden, doch sämtliche Papiere waren noch da.  Die werden gesehen haben, dass ich Bulle bin, und wollten keinen Ärger haben ...  Der Gedanke zog ihn noch mehr herunter. Das Apartment, in dem er sich vorübergehend einquartiert hatte, war zum Glück nicht weit, eine Dusche, um den Geruch nach Sperma, fremder Frau und Scheiße runterzuwaschen, zwei große Tassen Kaffee, zwei Aspirin.  Und da ist er, frisch zur Stelle, der unerschrockene Vizekommissar Auteri.  Ein bitteres Lachen stieg in ihm auf.  Dämlack, Idiot, es ist deine Schuld, dass du sie verloren hast, merk dir das. Du bist wirklich lächerlich. O Scheiße, dieses Mädchen ... ich hab es blutig geschlagen. Hab ich es nur geschlagen?  Ihn durchschoss das Bild einer Frau, die zu schreien versuchte und der er den Mund zuhielt, während er auf sie eindrosch.  Ich mieser Feigling! Ich hab auf Luciana eingeschlagen, hab mich an diesem armen Mädel abreagiert, ich war außer mir. Und was, wenn ich sie umgebracht hätte? Vielleicht habe ich sie umgebracht!  Wie gelähmt stand er da, dann kramte er fieberhaft nach dem Päckchen roter Gauloises und zündete sich mit zitternden Fingern eine an. Abermals wanderte sein Blick über die Wände, über die eingerahmten Zeugnisse verschiedenster Familienmitglieder, die von den Abschlüssen mit Bestnoten an unterschiedlichen Fakultäten zeugten, meist in Rechtswissenschaften, und über die Klassenfotos, auf denen lächelnde und ernste Kindergesichter zu sehen waren.
    Als er gerade eines davon betrachtete und sich fragte, wer von den Jungen wohl der Anwalt sei, den er noch nicht kannte, betrat ein alter Herr das Zimmer. Er war hochgewachsen, hager und gebeugt, makellos gekleidet, Krawatte inklusive (bei der Hitze!). Der graue Anzug schlotterte um seinen Körper, er musste aus

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