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Das boese Blut der Donna Luna

Das boese Blut der Donna Luna

Titel: Das boese Blut der Donna Luna Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rosa Cerrato
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Soldaten in Uniform, den Ellenbogen auf eine kleine Holzsäule gestützt, mit jugendlich argloser Kühnheit im Blick. Das jüngere Hochzeitsfoto eines Brautpaares, vielleicht aus den fünfziger Jahren. Die Ähnlichkeit der Frau mit Don Silvano war nicht zu übersehen, zumindest nicht, wenn man den jungen, energischen Seminaristen betrachtete, der Marco von einem anderen, vielleicht vor fünfundzwanzig Jahren gemachten Foto ansah. Das haut hin, überlegte Marco, der Priester musste zwischen vierzig und fünfzig Jahre alt sein. Er hatte Don Silvano nie lebend gesehen, und das von der starren, verblüfften Fratze entstellte Gesicht des Toten hatte nicht viel Ähnlichkeit mit dem jungen Mann, der aussah, als wollte er es mit sämtlichen Herausforderungen des Lebens aufnehmen. Der Lebensstandard der Familie musste sich im Lauf der Zeit erheblich verbessert haben, auf dem Hochzeitsfoto war der Vater gut gekleidet, die Mutter elegant und gepflegt. Vielleicht lebten sie damals schon in der Stadt.
    Marco war wie gebannt von den alten Fotos, alte Fotos waren ein kleiner Tick von ihm, sie erzählten viel über den, der sich mit ihnen umgeben hatte. Plötzlich stutzte er, nahm eines von der Wand, hielt es ins Licht und betrachtete es konzentriert.
    »Was machst du mit dem Foto, du stehst da wie vom Donner gerührt«, fragte Tano erstaunt, der eben von der Erkundung des Dachgeschosses zurückkam. »Oben ist nichts Interessantes, wie mir scheint, aber vielleicht findet die Spurensicherung doch noch was Brauchbares.«
    »Verdammt, Dottor Esposito, schauen Sie mal.«
    Tano blickte ratlos auf das Klassenfoto, das Marco ihm unter die Nase hielt, und versuchte mit gerunzelter Stirn zu verstehen, was den Vizekommissar so erregte. Allmählich begriff er.
    »Ist das nicht Manara als Junge?«
    »Genau. Und nicht nur das, der Anwalt hat das gleiche Foto in seinem Büro hängen. Ein Foto der 10 b des D’Oria-Gymnasiums, Anno Domini 1979. Schauen Sie, Don Silvano hat ziemlich lange Haare, Manara sieht weniger ... vogelscheuchenartig aus als heute, aber die beiden da nebeneinander, das sind sie.«
    »Und was ist daran so besonders? So seltsam finde ich das nicht. Beide sind Genueser, gleiches Alter, gleiche Schule, dann wird der eine mittelmäßiger Anwalt, der nur dank seiner Verwandtschaft überlebt und sich mit Leib und Seele der Wohltätigkeitsarbeit verschreibt. Der andere wird Priester, engagiert sich sozial und zieht einen Riesenverein hoch, dem der Erste seine Arbeit unentgeltlich zur Verfügung stellt. Na und, wo ist das Problem?«
    »Aber der eine wird derzeit für eine Mordserie verdächtigt, die mit ebendiesem Verein zu tun hat, und der andere, der auf eigene Faust ermittelt hat, ist gerade abgemurkst worden und sitzt sozusagen noch warm vor uns. Und er vertraute seinem Mörder.«
    Tanos Blick ruhte nachdenklich auf Don Silvanos Leiche. »Auf jeden Fall ist das ein schwerer Schlag für die Stadt, dass dieser Mann, den alle kannten und verehrten und der so vielen armen Schluckern geholfen hat, jetzt tot ist. Und wenn dann noch herauskommt, dass es Manara war, immerhin ist seine Familie auch bekannt, ganz zu schweigen von der Journalistin und unserer Amanda Sacco, die unauffindbar sind ... Das alles ist der pure Wahnsinn, so was hab ich noch nicht erlebt. Was soll ich bloß Volponi sagen?«
    In dem Moment kündigten Sirenen das Eintreffen der Nachhut an, und der makabre Frieden des Ortes wurde von Celsi und seiner Mannschaft gestört, Männern, die in Overalls und mit Köfferchen in der Hand herumwuselten, Fragen stellten, Anweisungen gaben, fluchten, maßen, fotografierten, eintüteten. Parodi untersuchte die Leiche, er wirkte ausnahmsweise betroffen.
    »Bei dieser Wahnsinnshitze – und die Fenster waren geschlossen, haben Sie mir gesagt – braucht es eingehendere Untersuchungen, um den genauen Todeszeitpunkt festzustellen. Übern Daumen und bei der Temperatur würde ich sagen, zwischen acht Uhr abends und Mitternacht. Zum Glück macht Nardini die Autopsie. Ich ... ich kannte Don Silvano, ein erstklassiger Mann, er hat in all diesen Jahren mehr für viele Menschen geleistet als alle Institutionen zusammen. Wir waren befreundet.« Er war offensichtlich bewegt.
    »Haben Sie ihn in letzter Zeit gesehen, Dottore? Haben Sie ihn gesprochen?«
    »Wir haben vor ein paar Tagen telefoniert, wir wollten zum Forellenangeln nach Martina fahren, dort habe ich ein Haus. Wir hatten uns für Anfang August verabredet. Ich kann’s einfach nicht

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