Das boese Blut der Donna Luna
wieder anbringen ließ. Nelly und die Männer tauschten vielsagende Blicke. Hier war er also, der verdammte Lieferwagen.
Von der Garage ging eine Art überdachter Durchgang ab, der sich seitlich vom Haus fortsetzte. Die andere Tür führte in einen Abstellraum mit ebenfalls zwei Türen: eine führte in die Küche des Hauses, die andere in den Keller. Tano machte Tommi, Gerolamo und Lombardo ein Zeichen, die linke Tür zu nehmen und das Haus und den Keller zu untersuchen. Er, Marco, Nelly und Giorgio Razzi nahmen den überdachten Durchgang, der auf ein einstöckiges Ziegelgebäude zuführte, das, halb hinter Büschen versteckt, auf einer relativ kleinen, tiefer gelegenen Terrasse in der abendlichen Dunkelheit lag. Alle trugen kugelsichere Westen, selbst Marco, der die Dinger hasste. Knorrige Bäume (Oliven?), die in der Finsternis kaum zu erkennen waren, wuchsen auf den schmalen Terrassen, deren Trampelpfade und Verbindungsstufen sich nur erahnen ließen. Aus der Tiefe scholl wie ein fernes Echo das gedämpfte, vielstimmige Rauschen der Stadt empor.
Das weiße Haus mit den grünen Fenstern wirkte unbewohnt, es brannte kein Licht. Die dunklen Schemen der Polizisten schlüpften lautlos wie Marder auf Hühnerjagd hinein und durchsuchten es rasch. Alles in Ordnung. Tanos Anweisungen folgend, verteilten sie sich auf die Zimmer und schlichen die Treppe hinauf, um das obere Stockwerk zu kontrollieren. Dunkelheit. Stille. Leere. Niemand war im Haus, und es gab keinerlei Anzeichen, dass sich in letzter Zeit jemand darin aufgehalten hatte. Im Keller standen ein paar Pritschen. Jemand war kürzlich hier gefangen gehalten worden. Ein starker Schimmelgeruch hing in der Luft, typisch für unbelüftete Räume. Gerolamo, Tommi und Lombardo, die sich im Keller und im Haus umgesehen hatten, kehrten in die Garage zurück und folgten Tano, Marco und Nelly, die sich auf den Weg zum Ziegelgebäude gemacht hatten und gerade die Tür erreicht hatten, die es mit dem Durchgang verband. Nelly nahm Tano zur Seite und flüsterte ihm ins Ohr:
»Er ist da drin, ich bin sicher. Das ist der Ort, den ich im Traum gesehen habe. Ich war auf der anderen Seite, ich bin ... von außen reingekommen, aber ich bin mir hundertprozentig sicher.«
Tano bedeutete ihr, auf die anderen zu warten, dann zog er die Tür ganz vorsichtig, um kein Geräusch zu machen, einen Spaltbreit auf.
Nellys Herz raste. Sie erkannte alles wieder, die Gerüche, die fernen, gedämpften Geräusche und vor allem den niedrigen, langgestreckten Bau, in dem sie mit Claire »gewesen« war. Tano trat zur Seite, damit Marco und sie ebenfalls etwas sehen konnten, und sie erstarrten: Das, was sie sahen, entsprach haargenau Nellys Schilderungen: Der Mann mit der Kapuze, eine Frau – Amanda Sacco! -, die festgebunden auf einer hölzernen Werkbank lag, die im Pentagramm aufgestellten Kerzen, das gezückte japanische Schwert. Zum Glück stand der Mann noch zu Amandas Füßen und nicht neben ihrem Kopf, er schien gerade sein Gebet zu beenden. Auf Tanos Zeichen hin stürmten die Männer mit gezogenen Waffen das Gebäude.
»Ergib dich, du Arschloch, du hast keine Chance! Wirf das Schwert weg, Hände hinter den Kopf, und rühr dich nicht von der Stelle!«, brüllte Tano und hielt den Kapuzenmann mit seiner Beretta in Schach, während die anderen ihre Maschinenpistolen auf ihn richteten. Einen Moment lang war alles in der Schwebe. Offenbar hatten die Polizisten den Mann in der Tunika völlig überrumpelt. Er hatte sich sicher gefühlt und schien wie erstarrt vor Überraschung, als hätte man einen Film angehalten.
Du Ärmster, haben wir dir deine kleine Privatshow verdorben, du bist am Arsch, du elende Drecksau.
Es sah aus, als würde der Mann sich ergeben. Er ließ die Hand mit dem Schwert sinken, legte es auf den Boden, doch als die Männer auf ihn zustürzten, um ihn festzuhalten, wand er sich flink wie eine Schlange heraus, hechtete zu einem Fenster, warf sich geschickt gegen die berstende Scheibe und verschwand. Die Polizisten stürzten hinaus, um ihn zu fassen. Doch in der Finsternis war es unmöglich, zu erkennen, in welche Richtung er geflohen war. Fluchend, wie es sonst nicht seine Art war, befahl Tano den Männern, ihn nicht entkommen zu lassen, und nahm die Verfolgung auf, während Giorgio Razzi und Lombardo sich um Amanda kümmerten und einen Krankenwagen riefen.
Nelly, Gerolamo und die anderen rannten hinaus in die Dunkelheit und machten die Taschenlampen an, doch es war Vorsicht
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