Das boese Blut der Donna Luna
sind zusammen, sie machen Schluss, und ich krieg’s immer munter ab. Als könnte ich was dafür. Na ja, schnell nach oben und unter die Dusche, ehe es zu spät ist.
Eine Dusche und mehrere Töpfe voller Wasser später ließ sich Nelly in einen der Korbstühle auf der Terrasse fallen. Stürmischer Wind peitschte die schwarzen Wolken vor sich her, in allzu weiter Ferne grollte der Donner, und Blitze zuckten hie und da über dem Meer. Das Gewitter machte sich einen Spaß daraus, sich in kilometerweiter Entfernung von der Küste zu entladen, ohne dass auch nur ein Tropfen auf die glühende Stadt fiel. Zum Teufel. Mit geschlossenen Augen, Minni auf dem Schoß und einen Ananassaft auf Eis als Abendbrot neben sich, ließ Nelly den Tag noch einmal Revue passieren.
Palmieri faszinierte sie. Seine überlegene Ruhe. Egal, ob echt oder gespielt, sie war beeindruckend. Er ließ keinerlei Emotionen durchblicken, gerade so, als hätte er keine. Als Mann war er nicht besonders interessant, er hatte keinerlei Sexappeal – zumindest für sie nicht – und schien ganz Kopf zu sein. Bei dem Gedanken musste die Kommissarin grinsen, denn der Profiler hatte im Vergleich zum schmächtigen Körper wirklich einen Riesenschädel. Doch er beherrschte sein Handwerk und würde frischen Wind in die Ermittlungen bringen, das spürte Nelly. Eine leichte, vielleicht dem fernen Gewitter geschuldete Brise streichelte ihre nackte Haut. Sie bemerkte noch, wie ihr Atem flacher wurde, und glitt in den Schlaf.
Sie findet sich mitten in einer afrikanischen Nacht wieder, über der Savanne steht ein riesenhafter Mond. Kreischen, Brüllen, Grunzen, Rascheln, um sie herum vollzieht sich das mehr oder weniger lautlose Morden im ewigen Kampf ums Überleben. Jäger und Gejagte, Beute und Räuber sind in ihrem Element. Der eine bereit, Fallen zu stellen und zu töten, der andere, getötet zu werden oder seine Haut zu retten. Ganz in der Nähe das hämische Lachen einer Hyäne. Flüchtige Schatten huschen durchs Mondlicht und verschwinden im Unterholz. Seltsamerweise verspürt Nelly keine Angst, sie fühlt sich wie ein außenstehender Beobachter, als würde sie einen Dokumentarfilm des »National Geographic« sehen. Plötzlich taucht ein großer, regloser Schatten auf und kommt auf sie zu.
»Madame Claire, was machen Sie denn hier?«
»Was, bitte, machst du hier, Commissario? So weit weg von zu Hause?«
Worte im Kopf, lautlos.
»Ich weiß es nicht. Keine Ahnung, wie ich hierhergekommen bin. Hast du mich gerufen?«
»Nein. Die ruhelosen Seelen von Paulette und Malina haben uns gerufen. Sie erwarten von uns Gerechtigkeit. Sie beweinen das grausame Ende ihres Lebens. Sie lassen mich nicht eher gehen, als bis ich ihre Köpfe gefunden und sie zusammen mit ihren Körpern bestattet habe. Und dich werden sie auch nicht gehen lassen, Commissario. Sie haben dich gerufen. Schau!«
Jetzt empfindet Nelly Angst. Ganz langsam treten zwei verschwommene Figuren aus dem Gestrüpp und kommen schweigend auf sie zu. Nelly kann sie nicht genau erkennen, doch sie weiß, wer sie sind.
»Was sollen wir tun?«
»Simba jagen. Simba finden. Simba töten.«
Madame Claires Stimme hallt noch in ihrem Kopf wider, als sie unsanft von Mau geweckt wird.
»Mama, wach auf. Ich muss mit dir reden.«
»Mpff, ja. Was ist denn?«
Nelly fühlte sich wie unter Drogen. Ein Teil von ihr war in der Savanne geblieben. Mühsam versuchte sie, wieder einen klaren Kopf zu bekommen und in ihren Körper, ins Hier und Jetzt zurückzufinden. Sie schüttelte sich, als wolle sie die Bilder in ihrem Hirn verjagen, doch es half nichts. Mau ließ sich schwer in einen Korbsessel plumpsen und fing an zu weinen. Plötzlich war Nelly hellwach.
»Mau, was ist los? Was hast du?«
»Ent... entschuldige wegen vorhin, Mama. Ich stehe echt neben mir. Moni ... Moni ist schwanger. Sie will abtreiben. Aber ich nicht.«
Ach, du Scheiße. Das hatte gerade noch gefehlt. »Ist sie sich sicher?«
»Hundert pro. Kein Zweifel.«
»Warte, ich hol mir ’ne Zigarette.«
Eigentlich rauchte Nelly nicht mehr, doch in besonderen Situationen brauchte sie dringend eine Zigarette. Und einen Bourbon. Sie kam mit der glühenden Zigarette, zwei Gläsern, der Flasche Four Roses und ein paar Eiswürfeln zurück. Mau starrte mit leerem Blick in die Ferne, wo die Blitze über dem nachtschwarzen Meer immer seltener wurden und der Mond mit den gräulichen Wolken Verstecken spielte.
»Wie weit ist sie?«
»Ungefähr Ende des zweiten
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