Das boese Blut der Donna Luna
am Wochenende passieren. Kommt darauf an, ob es ihm wieder gelingt, zwei umzubringen, und wie lang die Pause ist.«
»Letztes Viertel? Ist das jetzt ein Werwolf oder was? Aber die schlagen doch nur bei Vollmond zu. Ein Werwolf, der Überstunden macht?« Tano versuchte witzig zu klingen.
»Wenn wir Palmieri glauben dürfen, folgt er einem eigenen Rhythmus, und sieh dir das erste Verbrechen an – es ist in der Nacht vom Sonntag passiert, wir haben Paulette am Montagmorgen gefunden. Das war die Nacht vor dem ersten Viertel, in der darauffolgenden Nacht ist Samira umgebracht worden. Die haben wir Dienstag gefunden. Dann eine Pause von ... eins, zwei, drei, vier, fünf, sechs Tagen«, zählte Nelly konzentriert. »Sieben, wenn wir den Tag, an dem wir Samira gefunden haben, dazuzählen. Dann sind wir bei Montagnacht – die Nacht vor dem Vollmond –, und Malina wird ermordet. Drittes Verbrechen. Gleich darauf, in der Vollmondnacht, der Nacht vom Dienstag, viertes Verbrechen, die arme Lena.«
Mit gerunzelter Stirn und skeptisch gekräuselten Lippen hörte Tano zu. Sie redete weiter, ohne davon Notiz zu nehmen.
»Mittwoch, Donnerstag, Freitag, Samstag, Sonntag. Heute ist Freitag. Sonntag ist der fünfte Tag nach dem letzten Leichenfund. Montag ist das letzte Viertel. Es kommt darauf an, ob für ihn die Mondphase oder die Pause entscheidend ist oder ob die Pause von der Mondphase abhängt, was weiß ich, aber sie könnten ins Schwarze getroffen haben.«
»Sie? Wer denn noch außer Palmieri? Der hat außerdem gar nicht von Mondphasen gesprochen, sondern nur von der Pause.«
Verdattert suchte Nelly nach Worten. Nein, sie konnte Tano nicht von Claire und schon gar nicht von ihrem Traum, oder was zum Teufel es sonst gewesen sein mochte, erzählen, ohne sich in seinen Augen vollkommen lächerlich zu machen. Es blieb ihr nichts anderes übrig, als zu behaupten, dass die Beobachtung auf ihrem Mist gewachsen sei.
»Entschuldige, ich hab im Plural gesprochen. Palmieri könnte recht haben, meinte ich, weil mir aufgefallen ist, dass zwischen den Morden und den Mondphasen ein Zusammenhang besteht. Ich hab nicht viel drauf gegeben und es deshalb für mich behalten, aber wenn unser Experte meint, der Mörder könnte dieses Wochenende wieder zuschlagen, ist die Idee vielleicht doch gar nicht so abwegig. Nur, was nützt uns das?«, schloss sie, stemmte die Ellenbogen auf das Tischchen, stützte das Kinn in die Hand und sah Tano resigniert an. »Wenn es wirklich so wäre, würden wir annähernd wissen, wann er das nächste Mal tötet, allerdings weder wo noch wen. Es bleibt uns nichts anderes übrig, als auf die traurige Bestätigung zu warten und uns in den Arsch zu beißen.«
Tano riss ihr den Kalender aus der Hand, ließ den Finger über die Tage und Zahlen gleiten, trommelte auf das Tischchen, grunzte, klappte ihn zu und gab ihn zurück.
»Aber Nelly, um Gottes willen, natürlich ist deine Idee alles andere als blöd, vorausgesetzt, es handelt sich eben nicht um eine Abrechnung unter Zuhältern, sondern tatsächlich um einen verdammten Serienmörder, der vorhat, uns den ganzen Sommer auf Trab zu halten. Und ja, ich fürchte, dieses Dreckschwein wird uns die Bestätigung für unsere Annahme liefern. Was können wir tun? Allen Prostituierten in und um Genua verbieten, am Wochenende vor die Tür zu gehen? Sie übers Fernsehen warnen? Kannst du dir die Panik vorstellen? Und würde das was nützen? Palmieri hat auch vorausgesagt, er könnte einen ›Qualitätssprung‹ machen und zu Hausfrauen oder Bankangestellten übergehen. Halb Ligurien unter Ausgangssperre? Was für ein Desaster! Ein Desaster!«
»Hat er das wirklich gesagt? Er könnte sein Beuteschema ändern? Könnte er auf Männer umschwenken?«
»Nein, das ist wohl eher unwahrscheinlich. Palmieri zufolge sind und bleiben es Frauen. Nur die Tatsache, dass es Prostituierte sind oder scheinen, ist nicht zwingend, sondern nebensächlich.«
»Und wieso, zum Henker?«
» Feeling, feeling . Eine Frage von Erfahrung und Instinkt. Nichts, was uns Normalsterblichen vergönnt wäre.«
»Na schön, jetzt hast du mich neugierig gemacht, lass uns den Guru in seinem Heiligtum, Verzeihung, in seinem trauten Heim besuchen. Es ist sowieso gleich so weit. Bist du mit dem Dienstwagen hier?«
»Ja, ich stehe in der Via Madre di Dio, da ist es schattig.«
»Genial wie immer. Mist, ich hab meinen Cappuccino ganz vergessen. Jetzt ist er kalt und schmeckt nicht mehr.«
»Ganz schön
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