Das Böse, das im Herzen schläft: Thriller (German Edition)
mir zusammen sein? Ich kann dich kaum anschauen ! Nach dem, was du meinen Schwestern angetan hast? Nie im Leben, Kerry. Halt den Mund und bleib vorläufig da, wo ich dich sehen kann. Ich werde meinem Dad und W ill helfen, diese … Scheiße … in Ordnung zu bringen, und wenn die Sonne aufgeht, kümmere ich mich um dich.«
Kerry folgte ihnen in den Garten. Der Nebel hatte sich ein wenig verzogen, und das weiche Licht eines verschleierten Halbmonds verbesserte die Sicht. Der Höhenkamm zwischen dem Ende des Gartens und dem angrenzenden Gelände war jetzt zu sehen, und das weiße Licht der Lampe schien über den verschwommenen Horizont.
» Wollen wir das wirklich tun?«, fragte Felix.
» Haben wir eine W ahl?«, sagte Rowan.
Sie ließen ihre Schaufeln bei den Gräben liegen und waren fast auf dem Höhenkamm, als eine brüchige Stimme sie zurückrief.
» Dad?« Taras Silhouette stand in der Küchentür.
Jake , dachte Rowan. Hatte er, als Tara unten war – wie hatten sie so dumm sein können? –, etwas Unbedachtes getan? W arum habe ich den Gürtel meines Bademantels nicht versteckt?, dachte Rowan. W arum habe ich das Bleichmittel nicht aus dem Bad geholt, warum haben wir nicht alle unsere Rasierklingen versteckt? Er rannte auf seine Tochter zu.
» Was ist los? Ist es wegen Jake?«
» Nein, dem geht’s gut. Ich meine, es geht ihm natürlich nicht gut, aber…« Sie war im Schlafanzug. In der einen Hand hielt sie eine schwarze Reisetasche, und unter dem anderen Arm klemmte ein Bündel Kleider. Rowan deutete mit dem Kopf darauf. » Was ist das alles?«
» Das sind Matts Sachen«, sagte sie und reichte ihm die Reisetasche. » Vielleicht wollt ihr noch ein Feuer machen.«
» O Gott. Stimmt. Gute Idee.«
» Und dann auch das, was ihr anhabt. Unsere Sachen sind da schon drin.« Das oberste Kleidungsstück, sah Rowan, war Jakes blutbeflecktes T-Shirt. Taras Augen loderten angstvoll, flehentlich, aber auch von einer schrecklichen, alles entblößenden Dankbarkeit. Sie anzusehen war, als schaute er in die Sonne. Er konnte nicht anders, er musste den Blick senken.
SECHSUNDFÜNFZIG
Kerry folgte den Männern auf dem kurzen W eg bis zum Cottage wie ein Schatten, und Rowan behielt seine abergläubische Überzeugung, Matt werde nicht mehr da sein, wenn sie ankämen, lieber für sich. Nicht dass er an Matts Tod gezweifelt hätte, aber in den letzten Stunden hatte sich so vieles verschoben, dass es ihn kaum noch überrascht hätte zu erfahren, dass Geister real waren. Doch da lag er, auf dem Rücken, wie sie ihn zurückgelassen hatten. Die Lampe verwandelte sein Haar in einen weißen Strahlenkranz. Aus diesem W inkel sah sein Gesicht intakt aus, sein Profil perfekt. Ich hätte dieses Gesicht erkennen müssen, dachte Rowan wieder. Ich hätte es erahnen müssen.
Er ging in die Hocke und rollte Matt wieder auf den Bauch, damit man sein zermalmtes Gesicht nicht mehr sehen konnte. Er tat es vorsichtig, fast so, wie man ein schlafendes Kind umdreht, wenn man es nicht wecken will. Der Leichnam kam hin und her schaukelnd wieder zur Ruhe, und Rowan überkam plötzlich das dringende Bedürfnis, die leblose Gestalt wie einen Fußball durch den Garten und den Hang hinunter zu treten. Er widerstand diesem Impuls; unter so grotesken Umständen war es wichtiger denn je, den jüngeren Männern ein V orbild zu sein.
» Okay.« Felix wischte sich die Hände an seiner Jeans ab und rieb dann die Handflächen aneinander. » Bringen wir’s hinter uns. W er nimmt das Kopfende?«
» Wir könnten ihn auch nur bei den Füßen packen und sehen, ob das geht«, schlug W ill vor. » Rowan, vielleicht bringst du die anderen Sachen mit?«
Rowan fasste den verschmierten Kricketschläger mit spitzen Fingern am Griff. Den abgekühlten Gasbrenner schob er in die Jackentasche.
Felix und W ill packten jeder einen Stiefel und schleiften die Leiche mit dem Gesicht nach unten durch das Heidekraut am Boden.
Rowan hob die Lampe auf und beleuchtete den W eg, aber die beiden anderen mussten sich sichtbar anstrengen, und immer wenn Matts Kopf über eine Baumwurzel oder einen Stein rutschte, holperte er. Ein V orgeschmack von Galle drang in Rowans Mund. » So geht das nicht«, sagte er und zuckte die Achseln– was machte es schon, wenn noch mehr Blut an seine Jacke kam? Also klemmte er sich den Schläger unter den Arm, und zu dritt bildeten sie eine Schubkarre: Felix und Rowan packten den Toten unter den Achseln, und W ill nahm einen Fuß in jede Hand. V
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